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Nie genug

A

Ausreichend

Gast
Ich habe das Problem, dass ich mich nie genug fühle. Das mag im Privatleben vielleicht noch Firlefanz sein, aber in Studium und Beruf ist das sehr belastend.

Ich denk mal, dass das zu einem Teil an meiner Erziehung liegt, zum anderen Teil hatte ich Pech. Meine Eltern haben mich absolut niemals nicht gelobt. Wenn ich eine gute Note Heim gebracht habe, wurde ich auf alle Noten verwiesen, die nicht genauso gut waren (auch befriedigend war schon schlimm genug). Wenn ich etwas gut gemacht habe, egal was, wurde das nicht wertgeschätzt und ich wurde dauernd auf meine Defizite aufmerksam gemacht (zu dick, zu schüchtern, zu kindisch..)

Ich hatte also von Haus aus kein gutes Selbstwertgefühl. Wenn mich jetzt jemand in der Schule, im Praktikum oder in der Ausbildung kritisiert hat, dann habe ich mich danach zerstört gefühlt. Ich kann keine Arbeit mit Freude verrichten. Wann immer ich an etwas arbeite, habe ich das Gefühl, dass es schlecht ist. Dadurch versuche ich viel zu lange zu perfektionieren und schäme mich dann für das, was ich gemacht habe, obwohl es objektiv ok ist.

Im Studium hat das dazu geführt, dass ich Abgaben und Prüfungen geschoben habe, weil ich mich gefühlt habe, als wäre ich zu schlecht um das zu schaffen oder dass meine Hausarbeiten zum schämen sind.

Leider habe ich mehrere Jobs, Bewerbungen, Vorstellungsgespräche usw gehabt, wo man richtig kritisch mit mir war. Ich bin zum Beispiel mal in einem Vorstellungsgespräch gewesen, da hat die Alte (sorry), die mich interviewt hat, erst mal zu mir gemeint, dass ich ihr eigentlich sowieso nicht qualifiziert genug bin und das was ich da kann, das wäre ja sowieso nicht so toll blabla, aber sie wollte mal wissen, wer da hinter der Bewerbung steckt. Solche Erlebnisse hatte ich mehr als einmal und ich halte sowas nicht aus. Nach sowas fühle ich mich wie Scheisse, wie so ein Zirkusäffchen, dass man zur Belustigung angeguckt hat. Warum machen Menschen sowas?

Ich muss da raus kommen. Arbeit ist für mich so eine unerträgliche Belastung geworden. Ich bin immer mit einem Kloß im Hals unterwegs, stehe unter Druck, fühle mich minderwertig.
 
Hallo Ausreichend,

schau mal hier: Nie genug. Hier findest du was du suchst.

Sarnade

Aktives Mitglied
Da die Ursachen für dein mangelndes Selbstwertgefühl in deiner Kindheit liegen und da dich dies im Alltag und im Berufsleben stark behindert, würde ich zu einer Psychotherapie raten.

Meine Mutter lobte auch kaum. Nicht, dass sie meine guten Leistungen in der Schule überhaupt nicht anerkannt hätte, aber zu sonstigen Eigenschaften, die meine Persönlichkeit ausmachten, wusste sie nichts zu sagen. So als ob ich bestenfalls aus Ehrgeiz und guten Noten bestanden hätte. Aufgrund ihrer eigenen tragischen Lebensgeschichte (mit knapp 12 Jahren schon Vollwaise, erster Freund im Krieg verschollen, Ehe mit meinem Vater nicht glücklich, chronisch krank) war sie auch launisch. Besonders verwirrend war für mich immer, dass sie Banalitäten bei zweien ihrer Nichten eher lobend erwähnen konnte, als dass sie - außerhalb von guten schulischen Leistungen - über mich mal etwas Positives gesagt hätte. Da wurde eher tief gestapelt und teilweise auch wegen Nichtigkeiten gemeckert und herabgesetzt sowie handgreiflich bestraft. Manche Begabungen (Musikalität z.B., die ich eher von meinem Vater geerbt habe) wurden auch einfach ignoriert, oder sie kannte Leute, die dies natürlich noch viel besser konnten. :rolleyes: Ihre Schwestern durften dagegen jede Kleinigkeit bei ihren Töchtern loben und für meinen Geschmack aufbauschen. Aber keine meiner Cousinen hat beruflich auch nur ansatzweise so viel erreicht wie ich. Dass die alle auch nur mit Wasser kochen, weiß ich schon lange. ;)

Auch meiner jüngeren, früher extravertierter und weniger ängstlich wirkenden Schwester wurde mehr zugetraut als mir ("Um die brauche ich mir keine Sorgen zu machen, die macht schon ihren Weg"). Meine Schwester ist aber inzwischen psychisch schwer krank, hat ihr Studium nicht abgeschlossen, nie gearbeitet und lebt in einer Sozialwohnung von Sozialhilfe. Da sieht man, was man von der Einschätzung von Eltern halten kann. Ich dagegen habe all die Jahre im Stillen an mir gearbeitet, um zumindest die größte Schüchternheit und Zurückhaltung zu überwinden. Zeitweise habe ich mir auch professionelle Hilfe geholt.

Man sollte Kinder nicht durch übertriebenes Lob verwöhnen; sonst bekommen sie auch kein realistisches Bild von sich selbst. Aber wenn man nur selten in der Lage ist, die eigene Tochter zu loben oder deren positive Eigenschaften zu spiegeln, während man die Töchter anderer Frauen wegen Kleinigkeiten in den Himmel hebt, finde ich das schon merkwürdig. Meist liegt es an Defiziten in der eigenen Lebensgeschichte der Eltern. Damit muss man sich als Tochter irgendwann auch abfinden können.

Bei einer gravierenden Beschädigung des Selbstwertgefühls durch solche und ähnliche Verhaltensweisen muss man zeitlebens an sich arbeiten, um dies zu überwinden und einigermaßen klarzukommen. Es gibt heute gute Lebenshilfeliteratur dazu. Wenn man sehr darunter leidet, sollte man sich eine Therapie bei einem darauf spezialisierten, erfahrenen Psychotherapeuten gönnen. Dann macht man aufgrund der professionellen Begleitung einfach schnellere Fortschritte. Das muss nicht unbedingt über Jahre gehen - wenn man z.B. über ein bis 1 1/2 Jahre regelmäßig (alle paar Wochen) eine Lebensberatungsstelle aufsucht, können diese Gespräche auch schon hilfreich sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöscht 114478

Gast
Ich denke, dass man Kinder - vor allem je nach Alter - nicht genug loben kann. Ich habe noch kein kleines Kind erlebt, das deswegen "übergeschnappt" wäre....
Auch mein Unterricht später war vorrangig auf Lob aufgebaut. Die negative Kritik wurde beiläufig eingeflochten.
Denn was bringt es, ein Kind fertig zu machen und damit nach Hause gehen zu lassen?
 
G

Goast

Gast
Ich habe das Problem, dass ich mich nie genug fühle. Das mag im Privatleben vielleicht noch Firlefanz sein, aber in Studium und Beruf ist das sehr belastend.
Ich denk mal, dass das zu einem Teil an meiner Erziehung liegt, zum anderen Teil hatte ich Pech.
Erst hat man kein Glück und dann kommt auch noch Pech dazu.
Aber nicht nur bei dir allein.
Was hat man nach einem Fall zu tun?
Was die Kinder auch tun, wieder aufstehen und weitermachen.
Wenn du richtig scheitern willst:
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Ich denke, dass man Kinder - vor allem je nach Alter - nicht genug loben kann. Ich habe noch kein kleines Kind erlebt, das deswegen "übergeschnappt" wäre....
Vom Loben für Selbstverständlichkeiten halte ich nichts. Ein Kind muss auch ein realistisches Selbstwertgefühl vermittelt bekommen und nicht meinen, es sei allen anderen Kindern haushoch überlegen. Sonst kommt eines Tages das böse Erwachen umso härter.

Ich habe ein Problem mit Müttern, die ihr Kind wegen jeder bestenfalls durchschnittlichen Leistung oder Fähigkeit gleich für "hochbegabt" halten und das auch noch überall herumerzählen. :rolleyes: Meist sind eher diejenigen Kinder hochbegabt, deren Eltern gar nicht so viel Aufhebens um sie machen.

Allerdings bin ich auch davon überzeugt, dass jedes Kind so viele Dinge gut oder überdurchschnittlich gut kann und so viele gute Eigenschaften hat, dass es hinreichend Anlass gibt, häufig lobende und anerkennende Worte zu sagen, auch ohne dabei übertreiben zu müssen.
 

cafard

Sehr aktives Mitglied
Ich denke, wenn Eltern ihren Kindern nicht angemessen den Rücken stärken, liegt das wohl in der Regel in ihren eigenen Lebensgeschichten begründet und hat nichts mit dem Kind selber zu tun. Das sollte sich der oder die TE primär klarmachen. Das Verhalten der Eltern muss von der eigenen Person als solche getrennt betrachtet werden, das ist der erste, wesentliche Schritt.
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöscht 88259

Gast
Ich hatte also von Haus aus kein gutes Selbstwertgefühl. Wenn mich jetzt jemand in der Schule, im Praktikum oder in der Ausbildung kritisiert hat, dann habe ich mich danach zerstört gefühlt.
Ich kenne dieses Gefühl. Vor allem, wenn man nicht so richtig in eine Schublade passen möchte und die Leute in deiner Umgebung darauf nicht klarkommen.

Ich glaube, das beste Mittel dagegen ist, sich zu wehren. Menschen, die viel kritisieren, haben Angst, selbst kritisiert zu werden. Da einfach anpacken und ausholen, kontern.

Im Studium hat das dazu geführt, dass ich Abgaben und Prüfungen geschoben habe, weil ich mich gefühlt habe, als wäre ich zu schlecht um das zu schaffen oder dass meine Hausarbeiten zum schämen sind.
Hm, ok... das deckt sich jetzt aber irgendwie nicht mehr so mit dem oberen. Ein Perfektionist schiebt keine Klausuren. Oder wir müssen vielleicht klären, was du unter Perfektionismus verstehst.

Leider habe ich mehrere Jobs, Bewerbungen, Vorstellungsgespräche usw gehabt, wo man richtig kritisch mit mir war. Ich bin zum Beispiel mal in einem Vorstellungsgespräch gewesen, da hat die Alte (sorry), die mich interviewt hat, erst mal zu mir gemeint, dass ich ihr eigentlich sowieso nicht qualifiziert genug bin und das was ich da kann, das wäre ja sowieso nicht so toll blabla, aber sie wollte mal wissen, wer da hinter der Bewerbung steckt. Solche Erlebnisse hatte ich mehr als einmal und ich halte sowas nicht aus. Nach sowas fühle ich mich wie Scheisse, wie so ein Zirkusäffchen, dass man zur Belustigung angeguckt hat. Warum machen Menschen sowas?
Kritik gibt's überall. Davor kann man sich nicht schützen. Du kannst auch für nichts kritisiert werden. Gerade von Menschen, die über dir stehen.

Zu dem Vorstellungsgespräch: es gibt immer solche Gespräche, die in einer richtigen Katastrophe enden, wo irgendwelche Leute aus Lust und Laune mit einem umspringen wie sie wollen, die nicht so auf ihre Verhalten achten. Da wäre das Gespräch für mich erledigt gewesen.
Ich hätte dann daraufhin gesagt: Hören Sie sich eigentlich selbst zu? Sie laden mich ein, obwohl sie denken, dass ich die nötige Qualifikation nicht habe? Sie scheinen ja nicht gerade sehr ausgelastet im Job zu sein, dass sie aus Langweile Bewerber einladen, die nicht ins Profil passen.

Personaler und Chefs sind nicht an Kritik gewöhnt, die können damit gaaanz schwer umgehen - deswegen kontern! Du musst dir das nicht gefallen lassen.

Ich muss da raus kommen. Arbeit ist für mich so eine unerträgliche Belastung geworden. Ich bin immer mit einem Kloß im Hals unterwegs, stehe unter Druck, fühle mich minderwertig.
Schlechte Nachricht: du kommst da nicht raus.
Gute Nachricht: du kannst aber daran arbeiten, damit umzugehen.

Das unter Druck stehen kenne ich, aber da musst du was dagegen machen. Mehr Selbstbewusstsein sammeln, zu dir stehen, dir nicht alles gefallen lassen.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Ich denke, wenn Eltern ihren Kindern nicht angemessen den Rücken stärken, liegt das wohl in der Regel in ihren eigenen Lebensgeschichten begründet und hat nichts mit dem Kind selber zu tun. Das sollte sich der oder die TE primär klarmachen. Das Verhalten der Eltern muss der eigenen Person als solche getrennt betrachtet werden, das ist der erste, wesentliche Schritt.
Das sehe ich auch so. Darüber hinaus muss man die dadurch verursachten Schäden versuchen, in Grenzen zu halten. Das geschieht nicht, indem man den Eltern, die vielleicht längst tot oder alt, dement bzw. schwer krank sind, nicht verzeiht, sondern am besten, indem man an sich arbeitet und sich zur Unterstützung professionelle Hilfe sucht.
 

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