Asozialarbeiter
Aktives Mitglied
ich war beim neurologen. er hat mir ein medikament verschrieben. eines, das nicht auf ritalin basis wirkt, sondern etwas schwächer ist und weniger nebenwirkungen hat. kann es bei der apotheke um 13 uhr abholen.
ich fühl mich erschöpft. nicht nur wegen dem termin.
ich muss heute noch zum babysitten. hab richtig schiss davor. zum ersten mal zwei tage durchgehen. von heute nachmittag bis sonntag früh. und ich hatte mit dem älteren der zwei brüder letzte woche schon einen etwas härteren.. zusammenstoß.
er hat mit einem schlachtermesser geworfen. mit einem 20 cm schlachtermesser. ich hab auch schon mehrfach drüber geschrieben, das wurde am ende aber so wirr.. und habs irgendwie nicht abgespeichert. und jetzt ist es futsch. ich werd mir das alles nochmal selbst als fallbericht runterschreiben, damit ich nichts vergesse.. aber ich merk, es überfordert mich immer mehr.
ich werd das dem jungen auch sagen und zeigen. das sich etwas geändert hat. und ich werde dabei ruhig und gelassen bleiben. nicht auf seine provokationen eingehen. mich selbst und seinen bruder schützen. das wochenende durchziehen mit dem minimal-programm. meine switch bleibt zu hause. gezockt wird minimal und wenn dann lass ich ihn halt zocken bis seine augen eckig sind.
...
egal.. ich werd dazu erstmal nichts mehr schreiben..
...
der konflikt mit dem jungen und der etwas ernüchternde besuch beim neurologen zieht mich jetzt etwas runter.
irgendwie hab ich.. mehr erwartet. aber keine ahnung, was genau. vom jungen. vom neurologen. von der welt.
...
aber eine gute sache ist passiert: ich hab realisiert, dass ich keine suizidfantasien mehr habe, seitdem ich weiss, dass ich adhs habe. viele innere monologe und narrative haben sich verändert.
"das hast du alles nicht geschafft, weil du einfach ein loser, ein versager, ein opfer bist."
wurde zu:
"das hast du alles nicht geschafft, weil du ADHS hattest und es nicht wusstest und dein leben lang keinerlei hilfe bekommen hast, mit diesem zustand umzugehen."
"ich hab kein bock mehr aufs leben, weil es eh keinen sinn hat."
wurde zu:
"ich habe ADHS und zum ersten mal im leben die chance, meinen zustand zu begreifen und damit umzugehen."
...
"ich habe zum ersten mal überhaupt die chance auf heilung."
eine chance. ein wenig hoffnung. das spüre ich.
...
gleichzeitig merke ich immer wieder, wie ich mich in mein "altes leben" zurückflüchten möchte. mich selbst manipuliere. mich selbst sabotiere.
und das ich immernoch so krass wenig energie habe. besonders für soziale kontakte und interaktionen mit anderen menschen.
dieser konflikt mit dem jungen hat mich sehr ausgelaugt. ich habe versucht es von mir zu halten.. heute merke ich aber, wie sehr ich gedanklich an dem jungen verzweifelt bin.
ich dachte der macht sowas nicht.. mehr. mit messern um sich schmeißen. eine gefahr für seine mitmenschen sein.
ich hatte so viel hoffnung mit dem jungen. zwei jahre lang.. und das ist einfach weg.. diese hoffnung, die ich für ihn hatte. und ich krieg das auch nicht wieder hin. das vertrauen ist hin. auf essentieller ebene. auch die identifikation.
ich habe angst um den jungen. angst um den kleinen bruder. angst um den pflegevater..
ich denke zum ersten mal ernsthaft drüber nach, die sache mit den jungs abzubrechen.. dem vater zu raten, den kleinen zu behalten un den großen bruder gehen zu lassen. weil es für alle das beste wäre, außer für den großen. und das es nicht sein kann, dass alle menschen um diesen jungen leiden, nur weil wir ihn fördern und unterstützen möchten.
und ich schäme mich so sehr dafür. sehe alle seine positiven fortschritte.. und wie er die alle vor meinen augen kaputt gemacht hat.. mit diesem scheiß fleischermesser.. und ich kann es ihm auch nicht verzeihen. nicht, dass er sich dafür entschuldgt hätte..
...
ich muss gleich duschen. sachen packen. vorbereiten. losgehen.. auf dem weg noch meine medikamente von der apotheke abholen.
ich habe mir vorgenommen, jeden tag im ersten monat der medikation schriftlich zu dokumentieren. wies mir geht. was sich verändert.
...
in letzter zeit muss ich immer wieder an diese szene aus meiner kindheit denken, die sich durch videos auf irgendwelchen alten vhs kassetten in mein gehirn gebrannt hat.
ich liege im strampler heulend auf dem boden des gartens der ferienwohnung meiner großeltern in türkei.. in dikili. im grün bewachsenen garten dieses zweistöckigen häuschens.. liege ich so da, wie so ein kleiner käfer.. und schreie meine oma anklagend an. vor mir liegt ein noch kleinerer, echter käfer, tot, auf dem rücken, alle beine in die luft gestreckt. vieleicht zuckte er noch.
und ich war wutentbrand. meine oma hatte den käfer getötet! wie konnte sie so etwas tun! ich weinte um den käfer. ich war entsetzt. fuchsteufelswild. und konnte nicht mal richtig sprechen. nicht mal richtig laufen..
...
manchmal frag ich mich, ob nicht immer noch dieser kleine junge bin.
manchmal frag ich mich, ob unser charakter sich schon so früh in unserer kindheit manifestiert und sich dann auch fast gar nicht mehr verändert.. und das wir seitdem einfach nur noch zugucken, was diesem charakter, der unserer seele, unserem bewusstsein, unser gehirn inne wohnt, so alles passiert..
und dass das bei diesem jungen vieleicht auch der fall ist.. dass dieser junge etwas in sich trägt, dass ihn eine gefahr für seine mitmenschen werden lässt.. und er das auch einfach nicht loswird.
manchmal denke ich ja auch, dass ich eine gefahr für meine mitmenschen bin.. für meine umwelt. aber dann denke ich immer an dieses video von mir als kleinen jungen.. wie ich da liege und einfach nur um diesen käfer weine. und die übeltäter anklage.. egal wie lieb ich sie auch habe.. und dass ich letztendlich immer dieser junge sein werde. oder versuche, diesem jungen treu zu bleiben..
und mich zurückziehe.
und weine.
um all die zertreten käfer dieser welt.
und ich zeige auf die menschen und schreie sie an:
"warum tut ihr das?"
mehr mach ich aber nicht. weil ich auch nicht mehr tun kann. weil ich es nicht anders gelernt habe. zum glück.
weil ich immer noch dieser junge bin. oder sein will.
dann zieh ich mich halt zurück. wie so'n eremit
vieleicht lasse ichs irgendwann mit dem "anklagen". das klappt irgendwie eh nie. es ändert ja eh nichts.
...
so.. genug geheult. unter die dusche. sachen packen. und ab zum schlachtermesser-werfenden, afrikanischen flüchtlingskind.
ich fühl mich erschöpft. nicht nur wegen dem termin.
ich muss heute noch zum babysitten. hab richtig schiss davor. zum ersten mal zwei tage durchgehen. von heute nachmittag bis sonntag früh. und ich hatte mit dem älteren der zwei brüder letzte woche schon einen etwas härteren.. zusammenstoß.
er hat mit einem schlachtermesser geworfen. mit einem 20 cm schlachtermesser. ich hab auch schon mehrfach drüber geschrieben, das wurde am ende aber so wirr.. und habs irgendwie nicht abgespeichert. und jetzt ist es futsch. ich werd mir das alles nochmal selbst als fallbericht runterschreiben, damit ich nichts vergesse.. aber ich merk, es überfordert mich immer mehr.
ich werd das dem jungen auch sagen und zeigen. das sich etwas geändert hat. und ich werde dabei ruhig und gelassen bleiben. nicht auf seine provokationen eingehen. mich selbst und seinen bruder schützen. das wochenende durchziehen mit dem minimal-programm. meine switch bleibt zu hause. gezockt wird minimal und wenn dann lass ich ihn halt zocken bis seine augen eckig sind.
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egal.. ich werd dazu erstmal nichts mehr schreiben..
...
der konflikt mit dem jungen und der etwas ernüchternde besuch beim neurologen zieht mich jetzt etwas runter.
irgendwie hab ich.. mehr erwartet. aber keine ahnung, was genau. vom jungen. vom neurologen. von der welt.
...
aber eine gute sache ist passiert: ich hab realisiert, dass ich keine suizidfantasien mehr habe, seitdem ich weiss, dass ich adhs habe. viele innere monologe und narrative haben sich verändert.
"das hast du alles nicht geschafft, weil du einfach ein loser, ein versager, ein opfer bist."
wurde zu:
"das hast du alles nicht geschafft, weil du ADHS hattest und es nicht wusstest und dein leben lang keinerlei hilfe bekommen hast, mit diesem zustand umzugehen."
"ich hab kein bock mehr aufs leben, weil es eh keinen sinn hat."
wurde zu:
"ich habe ADHS und zum ersten mal im leben die chance, meinen zustand zu begreifen und damit umzugehen."
...
"ich habe zum ersten mal überhaupt die chance auf heilung."
eine chance. ein wenig hoffnung. das spüre ich.
...
gleichzeitig merke ich immer wieder, wie ich mich in mein "altes leben" zurückflüchten möchte. mich selbst manipuliere. mich selbst sabotiere.
und das ich immernoch so krass wenig energie habe. besonders für soziale kontakte und interaktionen mit anderen menschen.
dieser konflikt mit dem jungen hat mich sehr ausgelaugt. ich habe versucht es von mir zu halten.. heute merke ich aber, wie sehr ich gedanklich an dem jungen verzweifelt bin.
ich dachte der macht sowas nicht.. mehr. mit messern um sich schmeißen. eine gefahr für seine mitmenschen sein.
ich hatte so viel hoffnung mit dem jungen. zwei jahre lang.. und das ist einfach weg.. diese hoffnung, die ich für ihn hatte. und ich krieg das auch nicht wieder hin. das vertrauen ist hin. auf essentieller ebene. auch die identifikation.
ich habe angst um den jungen. angst um den kleinen bruder. angst um den pflegevater..
ich denke zum ersten mal ernsthaft drüber nach, die sache mit den jungs abzubrechen.. dem vater zu raten, den kleinen zu behalten un den großen bruder gehen zu lassen. weil es für alle das beste wäre, außer für den großen. und das es nicht sein kann, dass alle menschen um diesen jungen leiden, nur weil wir ihn fördern und unterstützen möchten.
und ich schäme mich so sehr dafür. sehe alle seine positiven fortschritte.. und wie er die alle vor meinen augen kaputt gemacht hat.. mit diesem scheiß fleischermesser.. und ich kann es ihm auch nicht verzeihen. nicht, dass er sich dafür entschuldgt hätte..
...
ich muss gleich duschen. sachen packen. vorbereiten. losgehen.. auf dem weg noch meine medikamente von der apotheke abholen.
ich habe mir vorgenommen, jeden tag im ersten monat der medikation schriftlich zu dokumentieren. wies mir geht. was sich verändert.
...
in letzter zeit muss ich immer wieder an diese szene aus meiner kindheit denken, die sich durch videos auf irgendwelchen alten vhs kassetten in mein gehirn gebrannt hat.
ich liege im strampler heulend auf dem boden des gartens der ferienwohnung meiner großeltern in türkei.. in dikili. im grün bewachsenen garten dieses zweistöckigen häuschens.. liege ich so da, wie so ein kleiner käfer.. und schreie meine oma anklagend an. vor mir liegt ein noch kleinerer, echter käfer, tot, auf dem rücken, alle beine in die luft gestreckt. vieleicht zuckte er noch.
und ich war wutentbrand. meine oma hatte den käfer getötet! wie konnte sie so etwas tun! ich weinte um den käfer. ich war entsetzt. fuchsteufelswild. und konnte nicht mal richtig sprechen. nicht mal richtig laufen..
...
manchmal frag ich mich, ob nicht immer noch dieser kleine junge bin.
manchmal frag ich mich, ob unser charakter sich schon so früh in unserer kindheit manifestiert und sich dann auch fast gar nicht mehr verändert.. und das wir seitdem einfach nur noch zugucken, was diesem charakter, der unserer seele, unserem bewusstsein, unser gehirn inne wohnt, so alles passiert..
und dass das bei diesem jungen vieleicht auch der fall ist.. dass dieser junge etwas in sich trägt, dass ihn eine gefahr für seine mitmenschen werden lässt.. und er das auch einfach nicht loswird.
manchmal denke ich ja auch, dass ich eine gefahr für meine mitmenschen bin.. für meine umwelt. aber dann denke ich immer an dieses video von mir als kleinen jungen.. wie ich da liege und einfach nur um diesen käfer weine. und die übeltäter anklage.. egal wie lieb ich sie auch habe.. und dass ich letztendlich immer dieser junge sein werde. oder versuche, diesem jungen treu zu bleiben..
und mich zurückziehe.
und weine.
um all die zertreten käfer dieser welt.
und ich zeige auf die menschen und schreie sie an:
"warum tut ihr das?"
mehr mach ich aber nicht. weil ich auch nicht mehr tun kann. weil ich es nicht anders gelernt habe. zum glück.
weil ich immer noch dieser junge bin. oder sein will.
dann zieh ich mich halt zurück. wie so'n eremit
vieleicht lasse ichs irgendwann mit dem "anklagen". das klappt irgendwie eh nie. es ändert ja eh nichts.
...
so.. genug geheult. unter die dusche. sachen packen. und ab zum schlachtermesser-werfenden, afrikanischen flüchtlingskind.