D
Darbinin
Gast
Guten Abend zusammen,
ich bin weiblich, 50 Jahre alt und arbeite im Pflegebereich. Ich mag meinen Job, nur an den rauen Umgangston konnte ich mich lange nicht gewöhnen. Nach nun fast 10 Jahren in dem Job komme ich damit klar, genauso mit dem Zeitdruck. Ich sehe viele Pflegekräfte kommen und gehen. Manche drohen an dem teilweise doch unmenschlichen System zu zerbrechen.
Seit Juli haben wir eine neue Kollegin, eine Frau, die aus Litauen stammt. Sie hat einen starken Akzent, aber im Allgemeinen kann man sie gut verstehen. Anfangs beeindruckte sie jeden mit ihrem extrem schnellen Arbeitstempo. Sie hat vorher im Einzelhandel gearbeitet und erzählte uns, daß sie teilweise mehr als 10 Stunden durchgearbeitet hat. Die Kollegin sagte, daß sie ADHS hat und deswegen den ganzen Tag unter Strom steht und gar nicht anders kann, als sich dermaßen auszupowern.
Leider machte sie sich dann unbeliebt, weil sie immer wieder betonte wie gut sie bei den alten Herren ankommt. So viele haben schon gesagt, daß sie nur noch von ihr versorgt werden möchten und gefragt, ob man sich mal zu einem Date verabreden könnte. Sie nahm es mit viel Humor, während die Kolleginnen und auch ich das irgendwie befremdlich fanden. Einmal kam ich in die Cafeteria, wo sie sich gerade mit einer Bewohnerin unterhielt. Dabei zog sie ihr Oberteil hoch, um ihren flachen Bauch zu zeigen. Ich sagte ihr nicht, wie unmöglich ich das fand. Ich dachte mir, sie ist noch halbwegs jung und findet sich wohl sexy.
Störend ist auch, daß sie bei der Dokumentation keinen Satz fehlerfrei hinbekommt.
Es gab dann noch Ärger, weil sie im ersten Monat zweimal für ein paar Tage krankgeschrieben war. Sie musste bei der Pflegedienstleitung antanzen, worüber sie sich sehr ärgerte. Einmal war sie schließlich wegen Fieber nach Hause geschickt worden und beim zweiten Mal hätte sie wegen einer Blasenentzündung wirklich nicht zur Arbeit kommen können. Sie fand es unverschämt, daß man sie gefragt hat, ob sie überhaupt arbeiten will.
Eine Kollegin und ich haben sie dabei unterstützt, sich in allem besser zurechtzufinden und ihr auch bei der Dokumentation geholfen. Sie bedankte sich dafür mit einer Schachtel Pralinen. Für mich war das selbstverständlich, denn ich weiß selbst, wie hilflos man am Anfang dasteht.
Vor einigen Tagen waren wir allein im Pausenraum und sie vertraute mir an, daß sie sich nicht wohlfühlt im Team. Einige Kolleginnen haben ihr gesagt, daß sie unfähig wäre. Ich habe ihr gesagt, daß sie sich bloß nicht einschüchtern lassen soll. Ihre Antwort war, niemals, so ein Mensch wäre sie nicht. Sie wäre in einem Heim in Litauen großgeworden und wisse schließlich, wie hart das Leben sein kann. Ihre Eltern hätten sie als Kind entsorgt wie Müll. Auch ich hatte keine schöne Kindheit, aber so etwas Schreckliches habe ich nun nicht erlebt. Ich bekam den Eindruck, daß sie wenig Selbstwertgefühl hat und sich deswegen so benimmt. Sie sucht sicher die Bestätigung anderer, indem sie mit ihrer Power prahlt und wie gut sie bei den alten Herren ankommt. In dem Moment fing sie an, mir leid zu tun.
Vor kurzem haben wir unsere Handynummern ausgetauscht und dabei hat sie vorgeschlagen, daß wir uns doch mal auf einen Kaffee treffen können. Sie wäre ja Single genauso wie ich. Ich habe geantwortet, daß wir das mal machen können, wusste aber in dem Moment nicht, ob ich das wirklich möchte. Wir sind doch zwei sehr verschiedene Persönlichkeiten und sie ist wesentlich jünger als ich. Sie wird jetzt 40.
Am Donnerstag hat sie sich für 2 Tage krankgemeldet. Eine Kollegin war total sauer auf sie, weil sie an ihrem freien Tag deswegen einspringen musste.
Also schrieb ich sie heute an und fragte nach, ob es ihr besser geht. Sie schrieb gleich zurück, daß es ihr nach ihrer Corona-Impfung am Mittwoch sehr schlecht gegangen ist. Sie hatte auch Fieber. Als Beweis schickte sie ein Foto mit einem Fieberthermometer mit der Anzeige "39,2 Grad". Sie schrieb, daß sie geweint und gezittert hat, als sie sich bei der Pflegedienstleiterin krankgemeldet hat. Daraufhin habe ich mir Sorgen gemacht und gefragt, ob sie jemanden hat, der nach ihr sieht, wenn es ihr schlecht geht. Sie schrieb, daß sie eine Freundin hat, aber die wohnt ca. 100 km entfernt. Die könnte auch zu ihrem Geburtstag am Montag nicht kommen. Sie machte den Vorschlag, daß wir nächste Woche vielleicht ein bisschen feiern können. Sie würde mich auch einladen. Ich war gerührt und schrieb, daß wir ja einen Kaffee zusammen trinken können.
Sie macht auf mich den Eindruck, daß sie einsam und verzweifelt ist. Beim Schreiben nannte sie mich einige Male "meine Süße", was ich schon wieder etwas befremdlich fand, weil wir nicht vertraut miteinander sind.
Ich kann nur sagen, daß sie mir sehr leid tut und ich sie nicht einfach hängen lassen möchte. Ich wünsche ihr auch, daß sie den Job behalten kann, denn im Moment hat sie keine guten Karten, wo sie sich schon wieder krankgemeldet hat.
Meint ihr, daß daraus eine Freundschaft werden kann?
Vielleicht klammert sie sich nur aus Verzweiflung an mich?
Viele Grüße,
Darbinin
ich bin weiblich, 50 Jahre alt und arbeite im Pflegebereich. Ich mag meinen Job, nur an den rauen Umgangston konnte ich mich lange nicht gewöhnen. Nach nun fast 10 Jahren in dem Job komme ich damit klar, genauso mit dem Zeitdruck. Ich sehe viele Pflegekräfte kommen und gehen. Manche drohen an dem teilweise doch unmenschlichen System zu zerbrechen.
Seit Juli haben wir eine neue Kollegin, eine Frau, die aus Litauen stammt. Sie hat einen starken Akzent, aber im Allgemeinen kann man sie gut verstehen. Anfangs beeindruckte sie jeden mit ihrem extrem schnellen Arbeitstempo. Sie hat vorher im Einzelhandel gearbeitet und erzählte uns, daß sie teilweise mehr als 10 Stunden durchgearbeitet hat. Die Kollegin sagte, daß sie ADHS hat und deswegen den ganzen Tag unter Strom steht und gar nicht anders kann, als sich dermaßen auszupowern.
Leider machte sie sich dann unbeliebt, weil sie immer wieder betonte wie gut sie bei den alten Herren ankommt. So viele haben schon gesagt, daß sie nur noch von ihr versorgt werden möchten und gefragt, ob man sich mal zu einem Date verabreden könnte. Sie nahm es mit viel Humor, während die Kolleginnen und auch ich das irgendwie befremdlich fanden. Einmal kam ich in die Cafeteria, wo sie sich gerade mit einer Bewohnerin unterhielt. Dabei zog sie ihr Oberteil hoch, um ihren flachen Bauch zu zeigen. Ich sagte ihr nicht, wie unmöglich ich das fand. Ich dachte mir, sie ist noch halbwegs jung und findet sich wohl sexy.
Störend ist auch, daß sie bei der Dokumentation keinen Satz fehlerfrei hinbekommt.
Es gab dann noch Ärger, weil sie im ersten Monat zweimal für ein paar Tage krankgeschrieben war. Sie musste bei der Pflegedienstleitung antanzen, worüber sie sich sehr ärgerte. Einmal war sie schließlich wegen Fieber nach Hause geschickt worden und beim zweiten Mal hätte sie wegen einer Blasenentzündung wirklich nicht zur Arbeit kommen können. Sie fand es unverschämt, daß man sie gefragt hat, ob sie überhaupt arbeiten will.
Eine Kollegin und ich haben sie dabei unterstützt, sich in allem besser zurechtzufinden und ihr auch bei der Dokumentation geholfen. Sie bedankte sich dafür mit einer Schachtel Pralinen. Für mich war das selbstverständlich, denn ich weiß selbst, wie hilflos man am Anfang dasteht.
Vor einigen Tagen waren wir allein im Pausenraum und sie vertraute mir an, daß sie sich nicht wohlfühlt im Team. Einige Kolleginnen haben ihr gesagt, daß sie unfähig wäre. Ich habe ihr gesagt, daß sie sich bloß nicht einschüchtern lassen soll. Ihre Antwort war, niemals, so ein Mensch wäre sie nicht. Sie wäre in einem Heim in Litauen großgeworden und wisse schließlich, wie hart das Leben sein kann. Ihre Eltern hätten sie als Kind entsorgt wie Müll. Auch ich hatte keine schöne Kindheit, aber so etwas Schreckliches habe ich nun nicht erlebt. Ich bekam den Eindruck, daß sie wenig Selbstwertgefühl hat und sich deswegen so benimmt. Sie sucht sicher die Bestätigung anderer, indem sie mit ihrer Power prahlt und wie gut sie bei den alten Herren ankommt. In dem Moment fing sie an, mir leid zu tun.
Vor kurzem haben wir unsere Handynummern ausgetauscht und dabei hat sie vorgeschlagen, daß wir uns doch mal auf einen Kaffee treffen können. Sie wäre ja Single genauso wie ich. Ich habe geantwortet, daß wir das mal machen können, wusste aber in dem Moment nicht, ob ich das wirklich möchte. Wir sind doch zwei sehr verschiedene Persönlichkeiten und sie ist wesentlich jünger als ich. Sie wird jetzt 40.
Am Donnerstag hat sie sich für 2 Tage krankgemeldet. Eine Kollegin war total sauer auf sie, weil sie an ihrem freien Tag deswegen einspringen musste.
Also schrieb ich sie heute an und fragte nach, ob es ihr besser geht. Sie schrieb gleich zurück, daß es ihr nach ihrer Corona-Impfung am Mittwoch sehr schlecht gegangen ist. Sie hatte auch Fieber. Als Beweis schickte sie ein Foto mit einem Fieberthermometer mit der Anzeige "39,2 Grad". Sie schrieb, daß sie geweint und gezittert hat, als sie sich bei der Pflegedienstleiterin krankgemeldet hat. Daraufhin habe ich mir Sorgen gemacht und gefragt, ob sie jemanden hat, der nach ihr sieht, wenn es ihr schlecht geht. Sie schrieb, daß sie eine Freundin hat, aber die wohnt ca. 100 km entfernt. Die könnte auch zu ihrem Geburtstag am Montag nicht kommen. Sie machte den Vorschlag, daß wir nächste Woche vielleicht ein bisschen feiern können. Sie würde mich auch einladen. Ich war gerührt und schrieb, daß wir ja einen Kaffee zusammen trinken können.
Sie macht auf mich den Eindruck, daß sie einsam und verzweifelt ist. Beim Schreiben nannte sie mich einige Male "meine Süße", was ich schon wieder etwas befremdlich fand, weil wir nicht vertraut miteinander sind.
Ich kann nur sagen, daß sie mir sehr leid tut und ich sie nicht einfach hängen lassen möchte. Ich wünsche ihr auch, daß sie den Job behalten kann, denn im Moment hat sie keine guten Karten, wo sie sich schon wieder krankgemeldet hat.
Meint ihr, daß daraus eine Freundschaft werden kann?
Vielleicht klammert sie sich nur aus Verzweiflung an mich?
Viele Grüße,
Darbinin