Gerade am heutigen Gedenktag (75. Jahrestag
der Befreiung von Auschwitz) sollte man sogar
sehr an diese Zeit und ihre Grausamkeiten
denken!
Wir wurden zum Glück schon in der Schule inten-
siv mit dem Nationalsozialismus konfrontiert, so
dass niemand sich herausreden konnte von wegen,
er habe davon noch nichts gehört.
Was mir heute oft durch den Kopf geht ist, dass
die Gefahr besteht, die Ereignisse von damals in
einem zu beengten Kontext zu sehen: Also so, als
wären nur bestimmte Menschen ("Nazis", "Deut-
sche") zur Grausamkeit fähig und andere nicht.
Aber wahrer ist doch, dass jeder Mensch die
Fähigkeit zum absolut Bösen in sich trägt und
dass auch jeder zum Opfer dieses Bösen werden
kann – zufällig oder durch mangelnde Vorsicht.
Ich finde es kritisch, die Täter- und Opferrollen
mit einer bestimmten Nationalität oder Religions-
zugehörigkeit zu verbinden, weil dadurch das
Menschliche an dem verlorenzugehen droht, was
uns die Geschichte der Shoa lehren kann: welche
Abgründe in uns Menschen lauern und auch, zu
was für Heldentaten wir fähig sind.
Gegenüber dem Satz von Anne Frank "Ich glaube
an das Gute im Menschen", den sie in ihr Tagebuch
schrieb, während sie sich verstecken musste,
sollten wir auch sagen: "Ich weiß um das Böse im
Menschen – auch in mir selbst". Beides gehört zu
uns, Gutes und Böses (und Neutrales) ...
Aber ich denke, es gilt auch:
"Man kann nicht alles Gute tun,
aber man kann alles Böse lassen."