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Meine essgestörte Schwester nervt!

G

Gast

Gast
Das geht schon seit unserer Jugend so. Erst war sie magersüchtig und dominierte unsere gesamten Mahlzeiten. Sagten die Eltern, sie soll was essen, regte sie sich ausführlich auf, das Fleisch sei ja pures Fett und die Nudeln hätten keine Vitamine - und gab sie dem Druck nach und aß, dann nur Gemüse und davon fast alles. Dann fing sie an mit Binge Eating, futterte meinen Eltern ständig den Kühlschrank leer, und weil sie es nie zugab, wurden wir dann beide bestraft. Mich wollte sie auch immer zum Essen animieren, und wenn ich ablehnte, hänselte sie mich, ich hätte ja nur Angst zuzunehmen (was sie vermutlich wollte, denn ich war schlank und sie sagte immer ich sei dürr wie ein Biafrakind). Sogar ihre Süßigkeiten bot sie mir an, was sie früher nie getan hatte, und wehe, ich sagte nein. Ich war oft gezwungen, zum Beispiel vom Kuchen zu essen und mich ordentlich vollzustopfen, auch wenn ich noch gar keinen Hunger hatte. Weil ich sonst gar nichts mehr abgekriegt hätte. Und wenn wir uns gemeinsam was kochten, packte sie ihren Teller gleich zu Anfang so voll, dass ein richtiger Berg drauf war, unabhängig davon, ob es für mich noch reichte.

Als Erwachsene hat sie dann erst mal ganz toll abgenommen, aber mittlerweile ist sie so dürr, dass ich glaube, sie ist wieder magersüchtig. Werde dazu aber nichts sagen, sonst heißt es nur, ich sei neidisch, denn ich hab mit den Jahren etwas zugenommen. So kenne ich sie.

Mein Problem: Sie nervt. Sie meidet Kohlenhydrate und Fett wie das Weihwasser (probiert z. B. von Knoblauchbutter im wahrsten Sinne des Wortes eine Messerspitze), aber wehe, es stehen auch Eiweißbrötchen oder frisches Fleisch / Käse auf dem Frühstückstisch. Dann schlägt sie sich ganz unfein den Magen voll und wird schon nervös, wenn jemand anders den Brennesselkäse auch nur anguckt. Wenn ich sie zur Bolognese einladen will, sagt sie: "Aber nur mit Tatar statt Hack". Salat mit Thunfisch? Da muss schon eine ganze 200-Gramm-Dose extra für sie rein und dann halt noch das für die anderen, die mitessen. Wenn wir zum Essen mit der Familie ausgehen, fragt sie nach der Portionsgröße, die der Kellner mit den Händen zeigen muss, weil sei Angst hat, von ihrem fett- und kohlenhydratfreien Essen nicht satt zu werden. Sind wir mit Bekannten im Auto unterwegs und der Fahrer hat nur normale Cola im Auto, müssen wir unbedingt am Rastplatz oder der Tanke halten, damit sie ihre Cola light bekommt. An eine klassische Imbissbude kann man mit ihr gar nicht gehen, weil sie da nur ein Gesicht zieht, weil sie nichts findet, da Bratwurst und Pommes ihr zu fett sind. Pizza essen gehen? Dann fragt sie, wer sich eine kleine mit ihr teilt, sie nähme dann noch nen Salat, aber heute sei ihr nach Kohlenhydraten.

Ganz ehrlich, ich sehe sie zwar jetzt nicht jeden Tag, aber ihr Eßverhalten geht mir total auf den Geist. Wenn sie bei mir zu Besuch kommt, gehe ich schon mit ihr gemeinsam einkaufen, weil ich befürchten muss, mein Essen sei zu fett oder zu ungesund für sie; und dann macht sie ein Riesenfass auf, um möglichst viel für möglichst wenig Kalorien zu bekommen. Und bei Familienfesten mit ihr ins Restaurant, da krieg ich grad schon mal die Krise.

Wie kann ich damit umgehen, dass mich das nicht mehr so stört? Mit einem einfachen Ignorieren ist es nicht mehr getan, und unsere Oma wird demnächst 80, dann gehts wieder zum Essen.
 

Findefuchs

Sehr aktives Mitglied
Hallo Gast,

als frühere Magersüchtige kann ich beide Seiten verstehen und kenne sie auch. Ich stamme aus einer überwiegend essgestörten Familie, bis auf meine Eltern. Ich habe auch mal zu den ganz schlimmen Magersüchtigen gehört, später hat es mich unglaublich aufgeregt, wie das Hungern und krankhafte Abnehmen in meiner Verwandtschaft ausgelebt und gefeiert wurde.

Hat deine Schwester denn jemals eine Therapie wegen ihrer Essstörung gemacht? Hat sie sich jemals bewusst mit ihrer Magersucht außeinandergesetzt und woher sie kommt?

Manchmal oder phasenweise verlagert sich das nur. Deine Schwester wäre nicht die erste essgestörte, die sich in eine extreme Ernährungsform flüchtet.

Bei Essstörungen geht es auch um Kontrolle, Angst vor Kontrollverlust und das Fehlen von Gefühlen oder die Unfähigkeit, diese auszudrücken und ein anderes Ventil außer das Hungern oder extreme Essen dafür zu finden.

Es ist wirklich schwierig: richtest du dich nicht nach den "Regeln" deiner Schwester, verletzt du sie mitunter oder bringst ihre Sicherheiten ins Wanken, aber richtest du dich eben ständig nach den Regeln, kann deine Schwester sich ausleben, wie sie möchte und auch mitunter andere einschränken oder kränken, erfährt aber wenig bis keine Konsequenzen dafür.

Oft sieht man als Außenstehender nur die ständige "Extrawurst", aber nicht den Zwang, der eigentlich dahinter steht: es ist ein Unterschied, ob deine Schwester sich so ernährt, weil sie es selbst mag, sich aber auch mal wirklich etwas gönnen kann, oder ob sie es MUSS, weil es ihr Zwang ihr so diktiert und sie Angst vor jedem Gramm Fett und jedes Gramm Zunahme hat und jede Abweichung davon ein riesen Bruch bedeutet.

Wie ist denn das Verhältnis ansonsten zu deiner Schwester? Innig, vertraut, ist sie ansonsten ein wichtiger und geliebter Mensch für dich, oder ist sie mit den Jahren eher fremd für dich geworden? Habt ihr, wenn ihr euch mal trefft, auch nette Stunden miteinander, in denen ihr miteinander lachen und über alles mögliche quatschen könnt, oder ist alles überwiegend anstrengend und zwanghaft?

Ich fände es schon wichtig, dass ihr euch mal auf Augenhöhe ehrlich aussprecht. Und du ihr auch sagst, wie sehr dich ihr Verhalten belastet. Essgestörten ist das oft nicht so klar, wie sie andere Außenstehende mit reinreißen können und ihre Zwänge auch nicht ungesehen bleiben. Vielleicht ist es auch wichtig, dass du so ehrlich bist, damit sie erkennt, dass sie noch Probleme hat. Oder andere mit ihrem Verhalten kränkt und einschränkt, während sie das zumindest aus deiner Sicht weniger muss.

Vielleicht erzählt sie dir aber auch, dass sie sich aus ihrer Sicht sehr einschränkt und sie versucht so gut es geht gegen ihr Diktat im Kopf zu leben, damit sie überhaupt soziale Kontakte hat. Man weiß nie, was bei solchen ehrlichen Gesprächen rauskommen kann.

Es kann auch sein, dass das einfach ein Mechanismus geworden ist mit den Jahren: wenn es um das Essen geht und ihre Belange, dann bekommt sie ihren Willen. Weil die anderen Angst davor haben, etwas falsch zu machen oder in ihr auszulösen, was nicht gut ist. Sie hat das also mit den Jahren so gelernt. Schlimmstenfalls bezieht sie Anerkennung und Selbstwertgefühl aus diesem Mechanismus oder gerade weil überspitzt gesagt so sehr nach ihrer Pfeife getanzt wird was das Essen angeht, werden ihre Essstörung oder ihre Zwänge unterstützt und bestätigt.

Was passiert denn, wenn man sagen würde "Pass auf, es ist jetzt nur normale Cola da - wenn wir angekommen sind, kannst du dir ja was eigenes zu Trinken bestellen oder kaufen. Und wenn dein Durst so groß ist, kannst du ja das trinken, was vorerst da ist."

Du berschreibst sie für mich etwas zickig und ichbezogen - vielleicht ist das auch nur das Resultat ihrer Unsicherheit und dass sie ihre Probleme immer noch nicht im Griff hat.

Du wirkst auch gekränkt - was bei eurem früheren Konkurrenzdenken, das überwiegend von deiner Schwester ausging, kein Wunder ist. Ich denke aber, dass es wichtig für dich sein könnte zu begreifen, wann die Magersucht aus deiner Schwester gesprochen hat und wann nicht. Und wann jetzt eventuelle Zwänge sie beherrschen und dass sie - wenn es so ist - das nicht mit Absicht macht, um dich zu kränken oder zu nerven.

Ich glaube, so richtig schön wird es zwischen euch erst wieder, wenn ihr eure Fronten geklärt und die alten Verletzungen überwunden habt.
 
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G

Gast

Gast
Das Problem an einer Esstörung ist, dass es zwei Dinge auf einmal sind: eine wirklich tiefgreifende Persönlichkeitsstörung mit teilweise hartem Realitätsverlust und extrem schwer zu überwindenden Zwängen und es ist eine Sucht... und leider eine, bei der es keine Option ist, das Suchtmittel wegzulassen und "clean" zu werden, sondern die essgestörte Person muss lernen, mit ihrem Suchtmittel und ihren inneren Dämonen klarzukommen und ein normales Verhältnis dazu zu finden.

Und du bist genervt. Kann ich verstehen. Reiß Dich trotzdem mal ein wenig zusammen und hilf ihr.
Sie hat es da deutlich schwerer als Du und es sollte immer das Prinzip gelten "wer leidet mehr" und ich denke, das ist sie.
Was für Euch UND sie gut wäre, wäre eine Abmachung, dass sie ihren Tanz um ihr Goldenes Kalb mal drastisch reduziert, wenn sie mit Euch zusammen ist. Essen sollte kein Dauerthema sei, weder von eurer noch von ihrer Seite. Ihr Aussehen und Gewicht ist NIE Thema, ebenso hat sie nicht Euer Gewicht und Essverhalten zu kommentieren oder zu kritisieren.
Ich an Eurer Stelle würde schon ein wenig Rücksicht auf ihre Präferenzen nehmen, aber nur Kohlenhydrate und Fett etwas reduzieren, nicht krass meiden. Und Tellergerichte in gesunder Zusammenstellung servieren und keine Selbstbedienung am Tisch praktizieren.
Für Ausflüge würde ich sie bitten, sich ihre Verpflegung vorher selbst zusammenzustellen, wenn sie Sonderwünsche hat... wobei ich jetzt ich nicht wirklich verstehe, welcher Zacken Euch aus der Krone bricht, wenn ihr kurz an einer Tankstelle anhaltet.
 
G

Gast

Gast
Ich als magersüchtige in Therapie kann euch beide verstehen.

Ich würde ihr an deiner Stelle sagen dass sie ihr eigenes Essen kochen soll oder sich ihr essen mitbringt oder halt nichts isst.

So hab ich es gemacht da ich das Essen innerhalb der Familie nicht esse und essen außerhalb wie z.bsp. Restaurant ist für mich nicht vorstellbar ich würde da nichts essen.


Ihre Sichtweise ist aufgrund ihrer Sucht verzerrt daran kann nur sie was ändern wenn sie eine Therapie anfängt und diese auch durchzieht.

Es ist auch bei dem meisten Essgestörten so dass sie hin und her wanken nennt man Symptomverlagerung/Verschiebung.

Dass du genervt von deiner Schwester bist kann ich nachvollziehen aber in deinen Beitrag fehlt mir die Emotionalität gegenüber deiner Schwester bist du nicht annähernd darum besorgt dass sie irgendwann mal an den Folgen stirbt ?
 
G

Gast

Gast
Danke fuer eure sehr hilfreichen antworten. Nein, ich habe keine Angst dass sie stirbt, da sie sich dafür selbst viel zu lieb hat.
Was daran schlimm ist, an der tanke anzuhalten, ist eher ihre zickigkeit: ach Nee.. nur normale Cola? Keine Cola Light, da müssen wir aber...
Neulich war sie nachts mit unseren Eltern in einer autobahnraststaette. Sie suchte sich was aus, aber als sie erfuhr, dass das Gericht aus war, machte sie so einen aufstand dass meine Mutter sich richtig geschaemt hat.
Ich habe lange genug unter ihrer Essstörung gelitten, und ich habe es satt, das immer geduldig zu ertragen. Wie oft müsste ich die Kueche aufräumen, nachdem sie sich vollgestopft hat, weil uns sonst die Eltern um Mitternacht mit hurra aus dem bett gejagt hatten? Wie oft wurde ich angeschrien, weil die schokoriegel fehlten? Und mir das essen abzählen lassen, damit ich nicht eine wurstscheibe mehr als sie im eintopf hatte? Ehrlich, es reicht.
 

Findefuchs

Sehr aktives Mitglied
Gast, wie alt seid ihr eigentlich?

Entweder seid ihr beide noch sehr jung, oder du hängst der Vergangenheit sehr nach. Phasenweise lesen sich deine Beiträge so, als würdet ihr beide noch bei euren Eltern leben und als wärt ihr keine Erwachsenen, wo man ganz anders Abstand und Distanz reinbringen kann.

Ich glaube, es wäre auch bei deinen Eltern wichtig, dass die es schaffen, die Handlungen deiner Schwester von deinen zu trennen - wenn sie sich vollstopft mit Essen und ein Chaos hinterlässt, dann sollte sie den Stress bekommen, nicht du. Und du solltest auch nicht für sie aufräumen.

Ich habe das Gefühl, dass gerade deine Eltern und auch andere aus Angst vor ihrer Essstörung nach ihrer Pfeife tanzen. Und sie deshalb auch immer irgendwo eine Sonderstellung eingenommen hat. Das scheint sie gelernt oder begriffen zu haben.

Bei einer Essstörung geht es NICHT darum, dass man die Essstörung in den Alltag, im Familienleben oder in Freundschaften mit eingliedert. Und ganz besonders nicht, dass man sich ihr anpasst.

Das fängt für mich schon dabei an, dass man dem/der Essgestörten extra Gerichte zusätzlich kocht oder kauft, oder dass der/die Essgestörte das eigene Essen mitbringen darf.

Davon hat jemand, der essgestört ist, wirklich nichts und sowas häufig gut gemeintes unterstützt eine Essstörung. Eine Magersucht ist eine Sucht. Wer drinsteckt hat oft kaum bis gar nicht die Fähigkeit, zu differenzieren und es fällt sehr schwer, ist bis gar nicht machbar, gegenzusteuern für Betroffene. Wie bei jeder anderen Sucht.

Es geht für den/die Essgestörten darum, wieder normales und gesundes Essen zu erlernen. Ein normales Leben zu führen, soweit das geht. Das Thema Essen nicht mehr zum Mittelpunkt von allem zu machen.

Deine Schwester kann das aber nie lernen oder erfahren, wenn man ständig nach ihrer Pfeife tanzt oder sich ihren essgestörten Bedürfnissen anpasst.

Ich wäre auch vorsichtig mit dieser Aussage:
Nein, ich habe keine Angst dass sie stirbt, da sie sich dafür selbst viel zu lieb hat.
Wenn deine Schwester noch wirklich in der Sucht drinsteckt, hat sie keine wirkliche Kontrolle. Da geht es dann eher darum, die Sucht auszuleben oder alles zu tun, damit sie so dünn wie möglich ist. Und das kann sehr schnell schief gehen, wenn das über allem steht.

Ich denke ebenfalls, dass es für dich heilsam sein könnte, wenn du dir ins Bewusstsein rufst, dass deine Schwester oft so handelt, wie sie handelt, weil sie essgestört ist. Eine Magersucht hat. Sie süchtig und krank ist.

Ich fände es auch interessant, wenn du auf meine Fragen von meinem vorherigen Beitrag eingehen könntest.
 

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