Hallo,
ich denke, das Beste, was du für dich im Moment tun kannst, ist hier weiter zu schreiben. Es ist eine Entlastung. Auch die Gespräche mit ihrer Mutter tun dir sicher gut.
Ich persönlich denke nicht, dass du so wenig wie möglich an sie denken solltest. Verdrängen hat noch niemandem gut getan. Letztendlich kommt es doch hoch. Und sorry, aber ich finde auch Bemerkungen wie "das Leben geht weiter" ausgesprochen unpassend.
Als meine Freundin starb, und die kannte ich erst ein, zwei Jahre, habe ich lange getrauert und mich sehr zurückgezogen. So eine Trauerbewältigung braucht ihre Zeit. Bei dir ist es gerade mal ein Jahr her und der erste Jahrestag steht vor der Tür. Da ist es völlig normal, dass alles hochkommt und du in ein tiefes Loch fällst. Und man sollte nicht denken, dass man nach all dem Schmerz und der Dunkelheit des vergangenen Jahrs noch tiefer fallen kann. Aber es geht.
Meine Freundin ist jetzt fünf Jahre tot und im letzten Jahr konnte ich zum ersten Mal den Jahrestag realtiv ruhig verbringen, ohne dass mir dieser Tag das Herz zerrissen hat.
Schreib deine Trauer und den Schmerz hier auf. Wenn du ihn nicht mit der Öffentlichkeit teilen willst, besteht die Möglichkeit zu einem privaten Tagebuch. Da helfen dir sicher gerne die Moderatoren weiter, wie das geht.
Überlege dir ein kleines Ritual für den Todestag deiner Freundin. Vielleicht bastelst du ein kleines Schiff mit einer Kerze drin und setzt es ins Wasser und schickst ihr so einen Gruß. Ich nehme an, du wirst zum Grab gehen. Es wäre schön, wenn du dich dort mit ihrer Mutter treffen könntest. Deinen Freund lässt du vielleicht besser zuhause, damit du dich nicht für ihn zusammen nehmen musst. Der Schmerz muss raus. Du brauchst den Raum für deine Tränen.
Alles, was du jetzt erlebst, ist ein ganz normaler Zustand. Es tut nun mal weh und man steckt in einem tiefen Loch. Irgendwann findet man die Kraft, sich vom Schmerz etwas zu distanzieren, aber er wird nie aufhören. Wie du sagst, nichts ist mehr, wie es einmal war. Immer wieder werden Tage kommen, an denen dich der Schmerz fast wahnsinnig macht. Es wäre schön, wenn es dir gelingen würde, für solche Zeiten einen Menschen zu finden, der dich reden lässt und dich in den Arm nimmt. Möglicherweise kann das die Mutter deiner Freundin, aber ich nehme an, sie ist viel zu sehr in ihren eigenen Schmerz verfangen. Du könntest so einen Menschen in einer Therapeutin finden oder aber in einer Trauergruppe.
Auch hier ist ein Ort, an dem die Erinnerung an deine Freundin ihren Raum haben können, wenn du das willst. Du kannst gerne über sie schreiben. Hier gibt es viele Menschen, die dir zuhören werden.
Der einzige Weg zu einem halbwegs passablen Leben ist durch den Schmerz durch.
Tuesday