Liebe Leute!
Ich sehe zwar, der Thread ist schon älter. Da sich merkwürdigerweise in meinem Privatleben immer wieder knifflige Erbrechtsfälle ergeben (zuletzt durch den plötzlichen Tod meines Lebensgefährten vor einem Monat) und ich außerdem Volljuristin bin, möchte ich im Nachhinein auch noch meinen Senf dazu geben. Vielleicht hilft es der TE nicht mehr, aber anderen.
Denn was ich hier in den anderen Beiträgen an laienhaften Informationen gelesen habe, ist überwiegend unzutreffend oder nur teilweise richtig. Es werden falsche Begriffe verwendet (z.B. "Gütergemeinschaft" da, wo in Wirklichkeit der gesetzliche Güterstand der "Zugewinngemeinschaft" gemeint ist - Gütergemeinschaft ist juristisch etwas ganz anderes und kann nur vertraglich vereinbart werden!!!) und es wird übersehen, dass es neben dem Erbrecht der Kinder auch ein gesetzliches Ehegattenerbrecht gibt.
Grundsätzlich rate ich dazu, sich in solchen Fällen, sofern es voraussichtlich wirklich einiges zu erben gibt und nicht mit einer Überschuldung des Nachlasses zu rechnen ist, an eine
Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Erbrecht bzw. eine Notarin/einen Notar zu wenden, auch wenn es - abhängig von der Höhe des Nachlasswertes - Geld kostet. Dieses Geld ist bei einem nicht nur bescheidenen Erbe gut investiert. Nur diese Leute kennen sich in der Sache wirklich gut aus und sind auf dem aktuellen Wissensstand. Von juristischen Laien, auch wenn sie an Rechtsfragen interessiert sind, erfährt man allenfalls gefährliches Halbwissen, was dann zu erheblichen finanziellen Verlusten führen kann. Selbst Juristinnen und Juristen, die nicht auf Erbrecht spezialisiert sind, können etwas übersehen. Sie haben zwar im Studium Grundkenntnisse im Erbrecht erworben, kennen aber die aktuelle Rechtsprechung und mögliche Gesetzesänderungen nicht genau. Auch Nachlassgerichte haben keine Beratungspflicht gegenüber potentiellen Erben. An das Nachlassgericht kann man sich wenden, wenn man eine Erbschaft ausschlagen will oder wenn man zu den Gläubigern des Verstorbenen gehört und seine Ansprüche gegenüber den Erben sichern will, aber unklar ist, wer überhaupt Erbe geworden ist. In den Fällen ist das Nachlassgericht verpflichtet, weiterzuhelfen. Es ist aber keine erbrechtliche Beratungsinstanz, die den Gang zum Anwalt oder Notar und die damit verbundenen Kosten erspart.
Hier dennoch einiges Grundsätzliche:
Wenn im vorliegenden Fall der Ehemann zum Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft noch lebte, steht ihm sein Erbanteil auch zu. Er gehört dann mit zu seinem Vermögen. Wenn nun der Mann vor Auszahlung seines Erbanteils selber verstorben ist, erben seine Erben seinen Nachlass, somit auch den ihm zu Lebzeiten zugefallenen Erbanteil.
Wer Erbe des Mannes ist, richtet sich wiederum danach, ob er ein Testament gemacht hatte oder nicht:
Hatte er ein Testament gemacht, erben ausschließlich die darin bestimmten Personen.
Hatte er kein Testament gemacht, tritt gesetzliche Erbfolge ein. Bei gesetzlicher Erbfolge erben vorrangig - sofern vorhanden und noch lebend - die leiblichen Kinder und der Ehegatte/die Ehegattin.
Kinder gehören zu den sog. Erben 1. Ordnung (§ 1924 Abs. 1 BGB) und erben zu gleichen Teilen (§ 1924 Abs. 4 BGB). Zu welchem Anteil der überlebende Ehegatte neben den Kindern erbt, hängt davon ab, ob die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben (nicht zu verwechseln mit der Gütergemeinschaft, das ist juristisch etwas anderes!) oder ob per Ehevertrag etwas anderes (z.B. Gütertrennung oder Gütergemeinschaft) vereinbart war. Neben Kindern (oder falls sie bereits tot sind, deren Nachkommen) ist der überlebende Ehegatte des Erblassers zu einem Viertel der Erbschaft gesetzlicher Erbe (§ 1931 Abs. 1 BGB). Dieses Viertel erhöht sich für den Ehegatten um ein weiteres Viertel, wenn die Eheleute
im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben (§ 1371 Abs. 1 BGB), einfacher ausgedrückt
: keinen Ehevertrag hatten.
Im vorliegenden Fall würde bei gesetzlicher Zugewinngemeinschaft also die Ehefrau Erbin zu 1/2, und die beiden leiblichen Kinder ihres verstorbenen Mannes würden die andere Hälfte zu gleichen Teilen, also zu je 1/4, erben. Es entsteht eine Erbengemeinschaft.
Bestand dagegen beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen, sprich bei zwei leiblichen Kindern sind die Ehefrau und die Kinder Erben zu je 1/3 (§ 1931 Abs. 4 BGB). Auch hier entsteht eine Erbengemeinschaft.
Da die meisten Eheleute keinen Ehevertrag haben, dürfte im Regelfall der in Fettdruck hervorgehobene Satz gelten.
Mit Kindern sind dabei immer nur die
leiblichen Kinder des Erblassers gemeint, egal ob ehelich oder nichtehelich.
Im vorliegenden Fall kann ich nur hoffen, dass die überlebende Ehefrau eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Erbrecht mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber den Personen beauftragt hat, die gemeinsam mit ihrem Mann eine Miterbengemeinschaft gebildet haben. Wenn diese Personen auch auf ein anwaltliches Schreiben hin den Erbanteil des verstorbenen Ehemannes nicht an dessen Erben (höchstwahrscheinlich die Ehefrau und die beiden leiblichen Kinder des Mannes) herausrücken, hilft nur eine Klage vor Gericht. So traurig es ist.
Noch ein allgemeiner Hinweis von mir:
Die Leute wollen immer Anwalts- und Gerichtskosten sparen und meinen dann, irgendwelche Laien in einem Forum wie diesem könnten ihnen helfen. Da ich selbst Juristin bin (auch wenn ich das gegenüber dem Forum leider nicht beweisen kann), sehe ich das mit großer Sorge. Es können durch laienhafte und fehlerhafte Einschätzungen der Rechtslage gravierende Vermögensschäden entstehen. Bei ernsthaften gesundheitlichen Beschwerden käme auch niemand auf die Idee, allein auf den Rat medizinischer Laien zu vertrauen, nur um sich den Arztbesuch zu ersparen. Aber der belastet halt nicht unmittelbar das eigene Portemonnaie, da man krankenversichert ist.
Lasst euch bei Erbfällen bitte von darauf spezialisierten Fachleuten seriös beraten, jedenfalls dann, wenn es voraussichtlich relativ viel zu erben gibt. Habt ihr dagegen Anhaltspunkte dafür, dass das Erbe überschuldet ist, macht schnell einen Termin beim Nachlassgericht oder bei eurem nächstgelegenen Amtsgericht und schlagt die Erbschaft aus. Sonst haftet ihr nämlich für die ganzen Verbindlichkeiten des Erblassers (= des Verstorbenen). Für die Erbausschlagung habt ihr sechs Wochen Zeit. Die Frist beginnt ab Kenntnis vom Erbfall und dem Grund eurer Berufung als Erben. Ihr müsst dazu
persönlich entweder beim Nachlassgericht (Amtsgericht beim letzten Wohnsitz des Verstorbenen) oder bei dem Amtsgericht eures Wohnsitzes (dort Abteilung für Nachlasssachen) erscheinen. Andere Alternative wäre nur, sich innerhalb der Frist zum Notar zu begeben. Aber das wird im Zweifel noch teurer als eine Erbausschlagung beim Gericht und lohnt sich nur, wenn ihr über den Umfang des Nachlasses im Unklaren seid und vor der Frage, ob ihr ausschlagen solltet oder nicht, eine Beratung benötigt.