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Mein Partner hat sich durch seine Behinderung sehr verändert

Elisabeth

Mitglied
Du bist deinem Mann auf allen Ebenen überlegen. Immateriell hast du im Leben viel mehr Liebe und Geborgenheit gehabt als er und materiell verdienst du auch mehr als er. Dieses Ungleichgewicht hat möglicherweise zu seiner Krankheit bzw. dem Krebs beigetragen. Durch die Amputation des Beines hat sich dieses Ungleichgewicht massiv vergrößert, wodurch sein innerer Schmerz weiter angestiegen ist.
So riesig ist das Ungleichgewicht zwischen uns nicht - was die Kindheit und Jugend angeht, ist es nicht so, dass ich da die Goldmarie gewesen wäre, es sind nur teils andere Umstände und Themen.

Das Materielle war ihm für sich selbst einfach nie wichtig. Er hätte viel mehr aus sich machen können, wenn er gewollt hätte und könnte das auch jetzt noch, aber er möchte lieber sein Ding als viel Geld machen. Da haben er und ich teils verschiedene Auffassungen, aber jeder muss den anderen da so annehmen wie er ist und einen Konsens finden.

Was du zu deinem Mann sagen kannst:
Schatz, entweder du kommst mit mir zur Therapie oder ich lasse mir auch mein Beim amputieren, damit ich dich besser verstehen kann. Außerdem werde ich noch meinen Job kündigen und mir einen anderen Job suchen, wo ich weniger verdienen werde als du.
Ist das ernst gemeint? Sicher ist es gut gemeint und ich bin wirklich offen für alle Sichtweisen, also verstehe mich nicht falsch, aber ich glaube, wenn ich ihm das sagen würde, würde er selbst im seinem momentanen Zustand noch fragen, ob ich den Überblick jetzt ganz verloren habe.
 

Elisabeth

Mitglied
Sorry fürs OT, aber:
Deine Krebstheorie stammt aus der Antroposophie-Ecke.
Die glauben auch dass geistige Behinderung ("leerer Geist") eine Strafe dafür ist, wenn man im Vorleben zu oft gelogen hat.
Und dass man auf dem Weg zur Erleuchtung und zum "weisen Schauen" ist, wenn man als Weißer wiedergeboren wird, weil die Weißen die "Geistrasse" sind.
Wenn irgendwo (meist versteckt) Rudolf Steiner draufsteht, gehe ich immer erstmal davon aus, dass es wirres menschenfeindliches Eso-Geschwurbel ist, bis mir jemand das Gegenteil beweist.
Ja, mit Steiner, Blavatsky, Neugeistbewegung usw. kenne ich mich auch gut aus. Zu gut. Und bin immer wieder erstaunt, wie das überall so seinen Einfluss gefunden hat.
 

Elisabeth

Mitglied
Ich kenne mich mit diesen Theorien nicht aus. Ich glaube einfach nur, dass innerer Stress, der z. B. durch gefühlte Bedeutungslosigkeit verursacht wird, das Immunsystem schwächt und somit den Körper anfälliger für Krankheiten macht.
Ich glaube durchaus, dass die Psyche und das innere Wohlbefinden einen Einfluss auf das Immunsystem und die Gesundheit haben, aber nicht nur. Im Endeffekt hat mein Mann seinen Krebs gekriegt, als es ihm nach eigenen Aussagen so gut wie nie ging.
 

Elisabeth

Mitglied
Es stimmt, eine Therapie bringt nicht sein Bein zurück. Eine Therapie macht vergangenes auch nicht ungeschehen. Das geht nicht. Aber darum geht es in einer Therapie auch nicht. Ein Therapeut ist eine Stütze, Vergangenes und Probleme zu verarbeiten. Ein Therapeut kann helfen, Gedanken und Gefühle des Patienten zu ordnen. Ein Therapeut geht auch auf Ängste ein und kann Tipps geben, wie man angstauslösene Situationen bewältigt.
Wichtig ist auch die Zukunftsplanung. Wie lebt man nach einem einschneidenden Erlebnis oder Trauma weiter? Welche Träume und Wünsche hat der Patient? Wie kann er sich diese erfüllen?
Klar, das Leben ist z.B. nach einem Trauma nicht mehr das, was es mal war. Es ist anders und eventuell mit Einschränkungen verbunden. Nur, es ist auch wichtig zu lernen, den IST-Zustand zu akzeptieren.


Das muss man ihm echt hoch anrechnen, dass er so offen zu dir war. Das ist, finde ich, schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Man merkt hier auch sehr deutlich, dass du ihm durchaus sehr wichtig bist. Ich war mir erst nicht ganz sicher, aber er scheint dich wirklich sehr zu lieben. Nur konnte er es durch sein eigenes Gefühlschaos nicht richtig zeigen und hat dich wohl unbewusst verletzt.


Ich finde es gut, dass er einen Schritt auf dich zugeht. Ich würde dir aber empfehlen, deinen Therapeuten vorher zu informieren, dass dein Mann bei der nächsten Sitzung dabei sein möchte. Oder hast du vorher noch mal einen Termin? Es wäre wahrscheinlich ganz gut, wenn du noch mit dem Therapeuten besprichst, wie er vorgehen würde und über was ihr reden wollt, wenn dein Mann dabei ist. Dein Mann ist zurzeit sehr sensibel - ein falsches Wort und er wird sich endgültig gegen eine Therapie sperren. Der Therapeut sollte da wirklich extrem behutsam vorgehen.


Nimms mir nicht übel, aber ich habe mich schon bei eurem letzten Gespräch gefragt, warum ihr nicht einfach die Kinder für die Zeit in die Obhut von Verwandten oder Freunden gegeben habt. Die Kinder sollten von euren Gesprächen echt nichts mitbekommen! Das stresst sie nur unnötig und ihr müsst euch ihnen gegenüber immer wieder erklären.
Unabhängig davon ist es aber auch wichtig mit den Kindern zu reden und für sie die Situation verständlich zu erklären. Allerdings kann ich dir in dem Punkt keinen Rat geben, wie das gehen soll. Das wäre wahrscheinlich auch ein Thema für die Therapie.
Danke für deine ausführliche Antwort. Träume, ja, die würde ich mir für ihn auch wünschen, irgendetwas, auf das er sich positiv richten kann, für sich selbst. Ich musste ja auch einen Amnamnesebogen ausfüllen und habe dabei bemerkt, wie gut mir die Vorstellung tat, die die Frage "wie würde ihr Alltag aussehen, wenn es Ihnen besser ginge?" auslöste.

Ich habe meinen Therapeuten davon schon in Kenntnis gesetzt, dass es sein kann, dass mein Mann beim nächsten Mal mitkommt. Das Problem ist ja auch, dass ich den Therapeuten selbst noch nicht so gut kenne. Ich finde es generell immer schwierig, sich da ein Bild zu machen - ob es wirklich passt und die Therapieform ist, die am geeignetsten ist, merkt man oft ja auch erst, wenn man mittendrin steckt.

Ja, da stimme ich dir absolut zu. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten das Gespräch zu einem Zeitpunkt führen können, an dem die Kinder entweder nicht da sind oder schon schlafen. Sie saßen natürlich nicht dabei, finden aber immer einen Weg, an der Tür zu lauschen etc. Mein Mann drängte aber darauf, am frühen Abend kommen zu wollen, weil er früh ins Bett gehen wollte. Ich finde ja irgendwie immer, dass er das auch so will, dass die Kinder das mitkriegen. Also in dem Sinne, dass er dann wieder ein Argument hat, da zu bleiben und mir den schwarzen Peter zuzuschieben. Klingt jetzt vielleicht heftig, aber so agiert er leider seit einigen Monaten öfters.

Ich habe mir selbst jetzt mal eine Woche Urlaub genommen, da kann ich manches hoffentlich besser organisieren.

Die Kinder, besonders unser Sohn, haben eben schon vor zwei Jahren so vieles miterlebt, das sie auch aus der Normalität gerissen hat. Unser Sohn hat schon recht gut verstanden, dass sein Vater auch hätte sterben können, auch, wenn wir das so nie gesagt haben. Dafür aber die Mutter meines Mannes. Die wäre im Moment auch die einzige Option, wo die Kinder mal etwas unterkommen könnten, aber das halte ich aus diversen Gründen für nicht allzu glücklich... Alles ziemlich kompliziert im Moment.
 
Zuletzt bearbeitet:

Elisabeth

Mitglied
Oh Mann, was bin ich froh, daß er Anstalten macht, sich etwas zu öffnen.
Er muß ja die Monate seit der Diagnose bzw. Reha regelrecht erstickt sein.

Elisabeth, Dein Mann trauert.
Er trauert um sein Bein, er trauert um seine Gesundheit.
Er hätte damals im Mai schon mit Nachnamen Freud heißen müssen, wenn er beim Tod Deiner besten Freundin eine Hilfe für Dich sein hätte können. Es hat ihm bestimmt selbst eine donnernde Angst eingejagt, zwei- und dreifach sogar. Ich verwette ein Schnurrbarthaar.

Es ist gut, wenn er Dich zum Therapeuten begleiten will, das sehe ich vorteilhaft. Aber er darf nicht vergessen, daß er seine eigene Therapie machen muß, um seine eigene Bewältigungsstrategie zu finden. Doch es ist zumindest einmal ein Anfang und für ihn eine Hilfe, wenn er nicht alleine ist.

Weißt Du, wie er zum Besuch eines Psychoonkologen steht?
Die kennen auch in der Regel erfahrene niedergelassene Therapeuten.
P.S.: Du bist eine gute und loyale Partnerin. Ganz bestimmt.
Ja, das glaube ich leider auch. Irgendwie habe ich das alles, was gestern geredet wurde, noch gar nicht so richtig realisiert. Ich meine, ich habe mir einiges davon gedacht, das lag oft unausgesprochen im Raum, aber es ausgesprochen zu hören, ist auch nochmal sehr bitter.

Das stimmt, da muss so vieles in ihm hochgekommen sein, womit er für sich selbst noch nicht klar kommt. Ich hasse diese verdammte Krankheit einfach, die so vielen Menschen das Leben erschwert und kaputt macht.

Das weiß ich leider nicht wirklich. Während seiner Reha habe ich oft zu ihm gesagt, dass es dort doch bestimmt auch einen für seinen Fall spezialisierten Psychologen geben muss und ihn da schon ermuntert, vielleicht mal ein Gespräch zu suchen. Ich weiß aber nicht mal, ob er je mit einem geredet hat, da ist er mir immer ausgewichen. Während der Zeit war es auch so, dass er generell so wenig wie möglich über all diese Sachen reden wollte. Das konnte ich auch gut verstehen, wenn man den ganzen Tag das alles um sich hat, will man ja auch mal Ablenkung. Ich kann mich noch gut erinnern, wie er mir anfangs erzählte, wie ihn das mitnahm, dort in der Reha-Klinik mit Menschen zusammen zu sein, die noch wesentlich schlimmer dran waren als er. Das hatte ihn damals zwar motiviert, dankbar zu sein, dass er schon noch ein verhältnismäßig normales Leben würde führen können, aber was er da so alles gesehen hat, das hat ihn sehr berührt und bestimmt noch mehr traumatisiert.

Wir leben leider in einem ziemlich verschlafenen Gebiet mit allgemein dürftigem Angebot, so dass ich mich frage, ob es in der Nähe überhaupt einen Onkopsychologen hat. Mein Mann hat eine doppelte Abneigung gegen das hiesige Krankenhaus, weil er dort zuerst auch noch falsch diagnostiziert wurde.

Und danke, das ist sehr nett von dir zu sagen. Ich hoffe, dir geht es im Moment einigermaßen gut.
 
G

grauerKater

Gast
Ja, das glaube ich leider auch. Irgendwie habe ich das alles, was gestern geredet wurde, noch gar nicht so richtig realisiert. Ich meine, ich habe mir einiges davon gedacht, das lag oft unausgesprochen im Raum, aber es ausgesprochen zu hören, ist auch nochmal sehr bitter.
Das glaube ich Dir. Konntest Du Dich in der Zwischenzeit etwas sortieren?
Und...ganz wichtig...es geht hier nicht um Schuld. Weder Du noch er habt Schuld an der momentanen Situation.
Das stimmt, da muss so vieles in ihm hochgekommen sein, womit er für sich selbst noch nicht klar kommt.
Das ist richtig, das denke ich auch. Denn mir ging es ähnlich. Du hast ja geschrieben, Dein Mann war während der Behandlung verhältnismäßig gut drauf. Das war ich auch. Das waren recht bizarre Geschichten. Als jemand dann im näheren Bekanntenkreis auf einmal von kurativ auf palliativ umgestellt wurde, kam ich damit überhaupt nicht zurecht, aber so gar nicht. Man bemüht sich dann immer, das vor der Familie (und auch vor sich selbst, da sogar noch mehr) zu verstecken, das gelingt aber meistens so gar nicht.
Während der Zeit war es auch so, dass er generell so wenig wie möglich über all diese Sachen reden wollte. Das konnte ich auch gut verstehen, wenn man den ganzen Tag das alles um sich hat, will man ja auch mal Ablenkung.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß es Ablenkung war, die er gesucht. Es ist immer schwierig, mit Nichtbetroffenen zu reden, Elisabeth, mich hat mein Mann damals ab und zu an den Rand des Wahnsinns gebracht. Ich konnte mich oft aus diesen Situationen herausziehen - Dein Mann konnte das nicht: mit Frau, zwei kleinen Kindern und dann lebt die eigene Mutter auch noch und dreht am Rad.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie er mir anfangs erzählte, wie ihn das mitnahm, dort in der Reha-Klinik mit Menschen zusammen zu sein, die noch wesentlich schlimmer dran waren als er.
Hast Du das ernst genommen? Ich hoffe schon. Schlimmer geht immer. In welcher Reha-Einrichtung war er denn? Ging es da hauptsächlich um Amputationen oder geschah das im Rahmen der Post-Chemo-Sorge?
Ich glaube ihm das auch zu 100%, daß er Nachwirkungen von der Chemo hat (die angesichts des sehr aggressiven Krebses entsprechend ausgefallen sein dürfte). Ich hatte früher mal eine Chemo, die dagegen sehr mild dosiert war, aber trotzdem Neben- und Nachwirkungen zurückließ.
Dein Mann hat drei miteinander verwobene Baustellen:
1. der fiese Krebs, er kann zurückkommen. Muß nicht, aber kann.
2. die extreme Amputation...er kann nie mit seinen Kindern herumtoben, er kann mit Dir nicht mehr tanzen, er kann ja nicht einmal mehr gehen
3. die Nachwirkungen der Chemo...die hat er gar nicht so auf dem Schirm, nicht wahr?
und 4., daß er sich unzulänglich fühlt seiner Familie gegenüber.
Das hat nichts mit Opferhaltung zu tun. Er hat versucht, damit klar zu kommen, auf seine Weise...die aber nicht die ganz richtige ist.
Wir leben leider in einem ziemlich verschlafenen Gebiet mit allgemein dürftigem Angebot, so dass ich mich frage, ob es in der Nähe überhaupt einen Onkopsychologen hat. Mein Mann hat eine doppelte Abneigung gegen das hiesige Krankenhaus, weil er dort zuerst auch noch falsch diagnostiziert wurde.
Die Psychoonkologie, die in dem KH sitzt, in dem er behandelt und operiert wurde (*flüster* in unserem hiesigem KH würde ich mir nur Notfallsachen behandeln lassen *psst*).
Und danke, das ist sehr nett von dir zu sagen. Ich hoffe, dir geht es im Moment einigermaßen gut.
Bei mir ist alles roger in Kambodscha.
 
M

Mogi

Gast
Danke sehr!

Er ist oberschenkel-amputiert und gehört leider zu den "ultra kurzen", sein Stumpf hat nur 7 cm, was es schwierig macht, da noch eine Prothese anzupassen, mit der er guten Halt hat. Er kann seine aber auch nicht tragen, weil es zu sehr schmerzt und alles in allem findet er, dass sie ihn mehr behindert.

Trotzdem könnte die richtige Prothese natürlich eine große Entlastung sein, sein Rücken und seine Schultern hätten die wirklich nötig. Er hätte sich längst schon vorstellen sollen, um diverse Korrekturen durchführen zu lassen und eventuell könnte man mittels eines Implantats verlängern. Aber, dass er auf so ein langwieriges und unangenehmes Procedere nicht besonders scharf ist, kann ich ihm absolut nicht verdenken.
Mist, das ist wirklich eine hohe Amputation. Das macht einiges schwieriger, ABER.... nicht hoffnungslos! Im Gegensatz zu deinem Mann war ich jahrelang in Selbsthilfegruppen und habe da ganz unterschiedliche Verläufe gesehen. Ich kenne welche, die sogar mit Hüftexartikulation gut klar kommen. Das Positive ist, dass wir in einer Zeit leben, in der sich so vieles dank Hightech schnell weiter entwickelt. Er sollte nie den Mut verlieren und einfach alles ausprobieren, was sich ihm bietet. Falls er aber ohne Prothese besser klar kommt, ist das auch okay. Wichtig ist auch die Physio, da muss man in den ersten Jahren beharrlich dran bleiben. Seid ihr bei einem guten Orthopäden?

Falls du und dein Mann das wollt, kann ich euch vielleicht mit ein paar Adressen weiter helfen. Ich hoffe, dass es dir inzwischen etwas besser geht und sich die Dinge positiv weiter entwickelt haben.
 

Kommentar

Aktives Mitglied
Liebe FS,

erst einmal: Es tut mir wirklich leid für Euch, das ist eine sehr schwierige Phase, die Ihr gerade durchlebt. Und ich hoffe, dass Ihr auch irgendwann darauf als vergangene schwierige „Phase“ zurückschauen könnt.

Sein Gefühlsleben ist komplex und die eine Erklärung dafür wird es nicht geben. Eine große Rolle spielt sicherlich, dass man sich gerade als Mann ohne Bein nicht mehr stark und dadurch unmännlich fühlt. Man sieht sich nicht mehr in der Lage, die Familie zu beschützen. Kommt ein Einbrecher, ist er noch hilfloser als Ihr. Dann sieht es nicht gut aus, er ist im Alltag stark eingeschränkt usw. Das nagt am Selbstwert, am allgemeinen Wohlbefinden und es kommt die Angst auf, nicht mehr attraktiv zu sein und nicht mehr zu genügen. Umso größer ist dann das Bedürfnis, sich seiner eigenen Männlichkeit und Attraktivität zu versichern. Was eignet sich dazu besser als positivr Resonanz von anderen Frauen und v.a. Sex mit der Partnerin? Das ist die Bestätigung für den Mann, dass er „gewollt“ und „angenommen“ ist. Ich glaube, Männer ticken da häufig anders als Frauen und brauchen nicht viele schöne Worte, sondern direkte Bestätigung.

Zur Therapie: Ich finde es gut, dass er nun mitkommen will und vielleicht hilft ihm das auch. Ich möchte aber 2 Aspekte zu bedenken geben:

1. Menschen sind verschieden und verarbeiten Dinge unterschiedlich. Ich kann ihn da schon verstehen. Ich ticke da ähnlich und würde mir denken: „Was soll ein Therapeut mir Neues sagen, was ich nicht selbst schon weiß? Fakt ist: Das Bein ist weg, das Leben ist vergänglich und ich muss damit klarkommen. Was soll all das Blabla bringen, außer dass man sich selbst noch mehr reinsteigert und in Selbstmitleid suhlt und sich überlegt, wie man weiterleben könnte, anstatt zuhause damit zu beginnen? Ein Therapeut ist auch nur ein Mensch mit seinen eigenen Lebenseinstellungen und Wertungen, die genauso subjektiv sind wie meine und nicht richtiger. In der Zeit gehe ich lieber aus oder nehme ein heißes Bad, anstatt mein Leben durch nervige Termine noch unangenehmer zu machen.“ Ich sage nicht, dass diese Sichtweise allgemeingültig richtig ist. Aber ich halte es für ebenso verfehlt, eine Therapie als Patentrezept für jeden Menschen zu verkaufen. Manche Menschen verarbeiten, indem sie viel mit anderen Menschen reden und nachdenken. Andere verarbeiten, indem sie sich gerade nicht stundenlang im Unglück suhlen, sondern versuchen, das Leben „zu leben“. Nachdem meine langjährige Beziehung in die Brüche ging, wollte ich nicht ewig nachdenken und reden, sondern ich schob das Thema beiseite, machte schöne Dinge und auch ich bin nun darüber hinweg, einfach weil ich gesehen habe, dass das Leben weitergeht und trotzdem noch schön ist.
Da er aber ohnehin anscheinend nur in seiner Trauer versinkt, kann eine Therapie helfen, zurück zu einer positiveren Lebenseinstellung zu finden.

2. Das hängt mit obigen Ausführungen zusammen. Man sollte die Therapie und auch die Gespräche unter Euch nicht als alleine ausreichendes Heilmittel betrachten. Zentral ist doch, dass er zurück zu Lebensfreude finden muss. Er selbst ist depressiv. Du bist depressiv und machst Dir Gedanken über die Beziehung, die Stimmung ist angespannt, Du konfrontierst ihn. Dann geht Ihr ggf. noch zur Therapie, die auch nicht spaßig, sondern anstrengend wird. Dann weiterhin Gespräche, Gespräche, Gespräche über die Beziehung. Das mag Dir helfen. Menschen wie mich (und vielleicht auch ihn) stresst das nur noch mehr. Da frage ich mich: Wo bleiben denn die positiven Aspekte des Lebens? Im Endeffekt findet man doch nur über sie wieder zu Lebensfreude. Also vielleicht mal weniger Krisensitzungen, weniger Reflexion. Zusammen Cocktails machen und trinken (vielleicht auch alkoholfrei, falls er ein Alkoholproblem haben sollte). Gemeinsam ausgehen. Zu zweit laut Musik hören. Ein Bad nehmen. Massagen. Alte Fotos ansehen. Gute Bücher lesen, Filme ansehen...Was auch immer Euch Spaß macht. Woran hattet Ihr denn früher Freude? Wie stellt Ihr Euch ein erfülltes Leben vor? Gerade weil das Leben kurz ist, muss man es doch genießen. Eine angenehme Atmosphäre schaffen. Keine Vorwürfe, nicht immer der besorgte oder sogar mitleidige Blick. Ihn Mann sein lassen. Ihn um Hilfe bitten bei verschiedenen Aufgaben, die er noch machen kann. Er soll merken, dass er gebraucht wird und noch „etwas taugt“. Auch wert auf Paaraktivitäten legen, das kommt den Kindern im Endeffekt auch zugute. Als Trennungskind weiß ich, dass die schlechte Grundstimmung schlimmer ist als eine Abwesenheit der Eltern und sogar als die Trennung. Das Problem ist, dass anscheinend auch Du Päckchen mit Dir herum trägst, weswegen Du ihn nicht mit Deiner Lebensfreude anstecken kannst. Deshalb auch darauf konzentrieren, was Du dafür brauchst, abgesehen von der Beziehung. Hobbies? Freunde? Wenn es auch nur Glühwein bei Kerzenlicht ist. Das macht Dich glücklicher und nicht zuletzt auch interessanter für ihn. Dann sieht er vielleicht auch wieder die lebensfrohe Frau, in die er sich verliebt hat und nicht mehr nur Mutter, gebeutelte Frau und Therapeutin. Und wird vielleicht aufgeweckt und mitgerissen.

Das sind nur meine Gedanken dazu. Ein Patentrezept wird es nicht geben. Ich wünsche Euch beiden von Herzen alles Gute!
 

Elisabeth

Mitglied
Hallo! Ich wollte schon viel früher antworten, aber diese Woche war leider stressig.

Mein Mann ist seit Montag im Krankenhaus. Er hatte in der Nacht plötzlich extreme Schmerzen bekommen und der Freund, bei dem er ja nun wohnt, hat gleich den Krankenwagen gerufen. Dort im KH wurde dann eine Kolik wegen Nierensteinen festgestellt, und er hatte noch am selben Tag einen Eingriff deshalb.

Das war alles eine ziemliche Aufregung und hat unsere weiteren vagen Pläne für die Woche natürlich zu Nichte gemacht, also, was den Besuch beim Therapeuten angeht usw.

Das glaube ich Dir. Konntest Du Dich in der Zwischenzeit etwas sortieren?

Und...ganz wichtig...es geht hier nicht um Schuld. Weder Du noch er habt Schuld an der momentanen Situation.
Irgendwie habe ich es am Donnerstag nochmal zu meiner Therapie geschafft und obwohl ich nach der letzten Stunde irgendwie Zweifel hatte, ob es das Richtige ist, war es eine für mich sehr aufschlussreiche Stunde. Mein Therapeut hat eine Symbol-Arbeit mit mir gemacht und seitdem habe ich wieder über vieles nachdenken können.

Ich habe den Tod meiner Freundin noch gar nicht verarbeitet. Sie ist ja auch erst ein halbes Jahr fort, das kann wohl nicht anders sein. Aber ich habe auch gemerkt, wie ich das verdränge, gar nicht richtig zulasse, was auch irgendwie mit meinem Mann zu tun hat. Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll, aber mir war auch gleich klar, dass ihm das zusetzen würde. Ich wusste damals (ihre Diagnose kam im Februar) gar nicht, was ich tun sollte. Ich habe mit ihm nur darüber geredet, als die Diagnose, dass sie nur noch drei bis sechs Monate zu leben hatte, zum dritten Mal bestätigt wurde.

Ironischerweise war es meine Freundin, die uns durch die schweren Zeiten hindurch geholfen hat. Sie war älter als ich und hatte eine Menge Lebenserfahrung, gerade auch, was schwere Krankheiten, Psychologie und sogar Behinderungen anging. Gestern erinnerte ich mich wieder daran, wie sie noch in ihren letzten Tagen zu mir sagte, dass ich das alles schaffen und glücklich werden würde - mit meinem Mann. Sie kannte als einziger Mensch neben uns all unsere Sorgen und Probleme und hat trotzdem an uns geglaubt. Ich denke, das ist einer der Gründe, warum ich auch daran glauben will.

Es sah zuletzt so aus, als ob es mit ihr wieder bergauf ginge und doch noch ein Wunder passieren könnte. Zwei Tage später war sie ganz plötzlich tot, die Organe hatten einfach versagt.

Das hat mir irgendwie meinen Glauben genommen und da kann ich mir nicht ausmalen, was das dann mit meinem Mann gemacht haben muss. Und ich bemerke an mir selbst gerade, dass auch ich seitdem etwas in mir verschlossen habe, langsam aber sicher. Weil es einfach zu weh tut. Ihm geht es da bestimmt genauso, aus ähnlichen und wieder ganz anderen Gründen.

Die letzten zwei Wochen, die sie noch Zuhause war, habe ich auch allein bei ihr verbracht. Später meinte er dann mal, er wäre mitgekommen, wenn ich es ihm gesagt hätte.

Weißt du, das mag komisch klingen, aber es gab Momente, in denen ich mich schuldig gefühlt habe, dass meine zwei wichtigsten Menschen, die so viel für mich da waren in der Vergangenheit und die für mich immer die Starken waren, so krank waren, so viel durchmachen mussten, ihnen so viel kaputt gemacht wurde und ich stand nur dumm daneben, außer Worten, Geduld und Hoffnung haben konnte ich ja eigentlich nichts geben.

Ich kann mir nicht vorstellen, daß es Ablenkung war, die er gesucht. Es ist immer schwierig, mit Nichtbetroffenen zu reden, Elisabeth, mich hat mein Mann damals ab und zu an den Rand des Wahnsinns gebracht. Ich konnte mich oft aus diesen Situationen herausziehen
Ja, und das macht er von sich aus auch nie. Sich rausziehen, meine ich. Am Anfang im Krankenhaus, da hatte er wirklich hunderte SMS und zig Anrufe am Tag von allen möglichen Freunden und Bekannten. Er hatte nie Ruhe und hat sich die auch nie eingefordert. Das kam erst Monate nach der Reha, dass er sich nach und nach zurück gezogen und vor Leuten zugemacht hat.

Er konnte früher immer schlecht nein sagen, hat auch nie gezeigt, geschweige denn gesagt, wenn ihm etwas zu viel wurde oder er etwas nicht wollte.

Das war mir meiner Freundin "einfacher". Wir hatten vereinbart, dass, egal, was kommt, wir ehrlich miteinander sein würden und dann kam der Tag, an dem sie mir sagte "sei mir nicht böse, ich kann das ganze Gerede nicht mehr hören. Ich könnte jeden erschlagen und ich will nicht mehr wach werden". Ich habe das mehr als verstanden und sie daraufhin in Ruhe gelassen, bis sie wieder konnte/wollte.

Hast Du das ernst genommen? Ich hoffe schon. Schlimmer geht immer. In welcher Reha-Einrichtung war er denn? Ging es da hauptsächlich um Amputationen oder geschah das im Rahmen der Post-Chemo-Sorge?
Ja, das habe ich ernst genommen. Leider gab es noch am selben Tag Ärger wegen seiner Mutter und unser Gespräch wurde gestört. Als ich das am nächsten Tag nochmal ansprechen wollte und ihm versichern wollte, dass er bei mir gern diesbezüglich sein Herz ausschütten könne, war es kein Thema mehr, da hat er leider wieder zugemacht und wollte lieber über "Schöneres" reden.

Das war in einer Reha wegen der Amputation, ja. Da waren zum Teil viele schwer Verunfallte und ich weiß, dass ihn das noch lange sehr beschäftigt hat, sicher auch heute noch. Wie gesagt, mit einigen Leuten aus dieser Reha hatte er noch eine Weile zu tun, die hatten auch eine eigene WhatsApp-Gruppe, aber er meinte dann, dass die sich nur selbst bedauern würden.

Das hat nichts mit Opferhaltung zu tun. Er hat versucht, damit klar zu kommen, auf seine Weise...die aber nicht die ganz richtige ist.
Ja, Opferhaltung finde ich auch immer so ein Begriff. Man hört ihn oft und ich kann nicht verleugnen, dass ich manchmal auch dachte "man, jetzt ist mal gut, du lebst ja, nun mach auch wieder was draus", aber das ist selten. Eher denke ich oft, warum soll man sich eigentlich nicht als Opfer fühlen, wenn man es doch ist? Klar, es muss einen Weg da raus geben - so denn hoffentlich, wovor ich ja auch Angst habe, der Krebs nie mehr wieder kommt -, aber es war kein Schnupfen und es hat viele, viele eklatante Spuren in seinem Leben hinterlassen und es einfach verändert.

Ich glaube, er kriegt den Widerspruch selbst nicht hin, denn einerseits will er manchmal dann doch der alte Optimist sein, vielleicht eher noch für die Außenwelt als für sich? Aber dann kommen immer wieder Probleme, die ihn wieder runterziehen.

Die Sache jetzt ist für ihn auch wieder dramatisch gewesen. Er muss sich jetzt erstmal im Rollstuhl fortbewegen (er bleibt auch noch die nächste Woche im Krankenhaus) und das kotzt ihn an, es ist wieder ein Rückschritt, wenn auch nur für kurze Zeit, aber er fühlt sich wieder wie am Anfang.

Er hat übrigens, als der Krankenwagen kam, eine richtige Panikattacke bekommen und hat sich trotz seiner Beschwerden erstmal geweigert, da reinzugehen und mitzufahren. Einer der Sanitäter musste länger mit ihm reden und ihn überzeugen. Als er dann einige Minuten im Krankenwagen war, ging es wieder von vorn los und er wollte während der Fahrt wieder raus. Die haben das dann den Ärzten bei der Aufnahme auch mitgeteilt, so dass die meinem Mann später nahe legten, sich auch noch, sobald es ihm wieder gut geht, bei der Psychiatrie vorzustellen.

Was die Nebenwirkungen angeht. Ich wollte mich da immer mehr mit beschäftigen und habe mich auch schon informiert, wollte, dass er da mal mit einem Fachmann redet, aber von mir will er das nicht mehr hören.

Die Psychoonkologie, die in dem KH sitzt, in dem er behandelt und operiert wurde (*flüster* in unserem hiesigem KH würde ich mir nur Notfallsachen behandeln lassen *psst*).

Bei mir ist alles roger in Kambodscha.
Ja, das Beste wäre, wenn er sich da mit der uns nächsten Uni-Klinik in Verbindung setzen würde, mit der er ja eigentlich auch ganz zufrieden war. Ist leider auch viel Fahrerei, worauf er keine Lust mehr hatte. Aber das ist hier das einzige, was einem Krebszentrum nahe kommt.

Vielleicht kommt jetzt aber wiederum mehr in Gang, weil manche der Probleme und Themen jetzt auch durch den Krankenhausaufenthalt wieder aktueller sind und er sich wohl mit einem Arzt auch mal näher unterhalten hat.

Es freut mich sehr, dass bei dir alles okay ist soweit!
 

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