Hallo, ich bin 16 Jahre alt, weiblich und mir geht es schon seit einiger Zeit nicht mehr gut und deshalb wollte ich euch einmal nach Rat fragen. Ich dachte ich versuche euch einmal mein Leben zu beschreiben, indem ich es in verschiedene Phasen einteile und in Form von Smilys angebe wie es mir in dieser Zeit ging.
Phase 1: Geburt bis Ende der Grundschulzeit: J Als Kind ging es mir ziemlich gut. In Kindergarten und Grundschule hatte ich viele Freunde und eigentlich gab es niemanden der mich nicht mochte. Ich war ein ziemlich normales Kind, hatte jedoch ein paar komische positive und negative „Eigenschaften“, die sich später als „autistisch“ herausstellten: Z.B. hatte ich eine starke Ablehnung gegen Jungs, wollte nicht mit ihnen spielen und habe sie teils ignoriert. Dazu gehörte auch mein Vater und mein Bruder (was für diese natürlich nicht so toll war). Warum das so war, weiß ich nicht, mittlerweile hat es sich verbessert. Ich muss sagen, dass ich meinen Vater und meinen Bruder nicht so liebe, wie es die meisten Töchter und Schwestern tun, und ich meide z.B. immer noch Körperkontakt mit ihnen, aber ich kann wieder normal mit ihnen reden und bin nicht mehr so abweisend. Meine Eltern sagen außerdem, dass ich wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, es immer durchgezogen habe, z.B. habe ich mir innerhalb weniger als einer Woche Einradfahren beigebracht, und mein Mathebuch war immer schon in der ersten Woche nach den Ferien komplett fertiggearbeitet. Die Grundschule habe ich geliebt und war immer traurig als Ferien waren.
Phase 2: 5.-6. Klasse: :/ Der Schulwechsel war der Zeitpunkt von dem an es mir anfing schlechter zu gehen. Ich bin auf ein katholisches Mädchengymnasium gegangen, weil meine damals beste Freundin dort hingegangen ist.
Der erste Schock war für mich, dass ich direkt in der ersten Englischarbeit die Note 4 bekommen habe (in der Grundschule hatte ich immer nur 1 und 2). Daraufhin war für mich klar, dass ich mehr lernen musste. Zuerst lernte ich nur für ein paar Stunden die Woche, aber es steigerte sich immer weiter, irgendwann war ich dann fast nur noch am Lernen, auch das ganze Wochenende lang. In der Grundschule hatte ich aus Spaß gelernt, jetzt machte ich es eher aus Zwang.
Außerdem fing meine beste Freundin, an der ich wirklich sehr hing, an sich von mir abzuwenden und sich neue Freunde zu suchen, was natürlich völlig normal ist, wenn man auf eine neue Schule kommt, aber trotzdem fühlte ich mich von ihr vernachlässigt.
Selbst fand ich keine Freunde, es hatte (zu anfang) niemand etwas gegen mich, aber trotzdem entstanden keine Freundschaften und ich wurde immer mehr zum Einzelgänger.
Irgendwie fing ich dann an meine Persönlichkeit zu ändern, in der Grundschule war ich immer sehr brav, nun fing ich an „frech“ zu werden, in den Unterricht reinzurufen, usw.. Zudem war ich überzeugte Vegetarierin und machte den anderen Kindern Vorwürfe, wenn sie Fleisch essen (bis hin zu: „Du bist ein Mörder, wenn du das isst“). Natürlich fingen meine Mitschülerinnen dann an sich von mir abzuwenden, bzw. sich über mich lustig zu machen. Einmal wurde ich mir einer Salamischeibe beworfen (aber natürlich bin ich daran selbst Schuld!)
Ich entschied mich zu einem Schulwechsel, vor allem wegen dem hohen Leistungsdruck, ich hoffte, dass es an der Gesamtschule (wo ich auch eigentlich von Anfang an hinwollte, wäre nicht meine beste Freundin auf die Mädchenschule gegangen) weniger erwartet würde. Meine Noten waren übrigens wieder sehr gut, aber eben nur durch das viele Lernen, was mir alle Freizeit nahm.
Phase 3: Klasse 7: LIn den Sommerferien vor dem Schulwechsel fasste ich den Beschluss, etwas an meinem Leben ändern zu müssen, da ich so wie ich war, nicht gut war. Ich wollte mich mehr anpassen und nicht mehr so frech sein.
In der neuen Schule isolierte ich mich dann erstmal von den anderen, weil sie so unterschiedliche Interessen hatten wie ich (Jungs, Schminke,…). Nur zwei Mädchen sind mir quasi hinterhergelaufen und haben mit mir Kontakt aufgenommen und mir geholfen mich zurechtzufinden. Eine richtige Freundschaft entstand daraus jedoch nicht, denn außerhalb der Schule haben wir uns nie getroffen.
Der Leistungsdruck, sagte ich, wurde besser, aber in Wirklichkeit lernte ich immer noch genauso viel, nur meine Noten wurden noch besser.
Ich fing an mich zu verstecken, ich sagte meine Meinung nicht mehr, sondern versuchte nur noch das zu sagen, was von mir erwartet wurde. Z.B. wurde ich zu der Zeit Veganerin (aus Tierliebe) und versuchte es zu verheimlichen.
Zudem erinnere ich mich noch genau daran, wie ich vor dem Spiegel stand, und das erste Mal bemerkt habe, dass ich dick aussehe (war ich nicht, im Gegenteil). Vorher war mir Aussehen immer egal, ich bin mit dreckigen zerlöcherten Hosen und zerzausten Haaren herumgelaufen, aber das war auch ein Grund, weshalb ich ausgegrenzt wurde, und deshalb musste ich da etwas ändern. Ich fing an auf Süßigkeiten zu verzichten, dann fing ich an insgesamt weniger zu essen und dann entdeckte ich irgendwann die Kalorienangabe, die sich ja so praktisch zählen lässt. Es ging alles ganz einfach, innerhalb weniger Monate war ich auf 23 Kilogramm, was auch bei meiner Zwergengröße lebensbedrohliches Untergewicht war. Es ging alles ganz schnell, ich kam ins Krankenhaus, dann in die Klinik und galt plötzlich als magersüchtig. Mein Veganismus wurde als Teil dieser Krankheit betrachtet und man wollte mich zwingen, wieder Tierprodukte zu essen. Dies war für mich ziemlich schlimm, denn ich bin nicht Veganerin geworden um abzunehmen, sondern aus reiner Tierliebe. Ich hielt mich zwar immer noch für dick, aber das war mir egal, denn offensichtlich erwartete man von mir, dass ich zunehme, also stopfte ich am Tag um die 5000 Kalorien in meinen kleinen Magen und nahm innerhalb 4 Wochen alles Gewicht in Rekordzeit wieder zu. Ich versuchte allen zu beweisen, dass ich nicht magersüchtig bin.
Phase 4: 8.-9.Klasse: LNach dem Klinikaufenthalt fühlte ich mich sehr hilflos, es war als hätte man mich aus dem Leben herausgerissen und plötzlich wieder alleine ausgesetzt. Es waren Ferien und ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich machen sollte. Ich fing an mich gesund zu ernähren, vorallem wegen meiner Haare, die mir vermehrt ausgefallen sind (zumindest kam es mir so vor). Allerdings steigerte ich das Ganze dann, irgendwann aß ich nur noch Rohkost, gekeimtes Getreide und „Superfoods“. Ich wollte gar nicht wieder abnehmen und hielt mich auch nicht mehr für dick, aber irgendwie mochte ich es zu Hungern und zu sehen wie ich immer weniger werde und so kam ich wieder in die Klinik. Diesmal dauerte der Klinikaufenthalt mehrere Monate, denn ich wollte nicht wieder denselben Fehler machen wie vorher und nur alles in mich reinstopfen. Ich wurde früher entlassen, weil meine Eltern sich sehr dafür eingesetzt haben und wir einen Plan gemacht haben, sodass ich zuhause weiterzunehme.
Phase 4: 9.-11.Klasse: L L Zuerst ging es mir wieder etwas besser, denn ich war nach langer Zeit wieder zuhause bei meiner Familie, und das ist der einzigste Ort, wo ich noch einigermaßen zurechtkomme. Aber es kamen dann immer mehr die Gedanken, wie schlecht ich bin und das ich gar nichts kann und immer nur allen alles kaputt mache. Es reichte nicht mehr gute Noten zu schreiben und diszipliniert zu essen, ich brauchte etwas neues, wodurch ich mir beweisen konnte, dass ich noch irgendetwas kann. Also fing ich an Sport zu machen, zuerst 3x30min pro Woche Eigengewichtsübungen in meinem Zimmer, nun sind es schon insgesamt 15 Stunden pro Woche mit Gewichten. Mein ganzes Leben hat sich nach diesem krankhaften Sport gerichtet, wenn ich mein Programm nicht durchziehe an einem festen Zeitpunkt (ich stehe immer morgens um 55 Uhr auf), dann kann ich den ganzen Tag nur heulen. Und ich habe immer noch das Gefühl nicht genug zu geben, ein Schwächling zu sein. Den Rest der Zeit lerne ich für die Schule.
Ich spüre ständig einen Druck in mir und könnte fast immer losheulen. Jeden Tag habe ich aufs neue Angst, den Tag nicht durchzustehen. Egal was ich tue, immer ist da diese Stimme, die mir sagt, wie schlecht ich bin, dass ich nichts kann und mehr tun muss. Am liebsten würde ich mich auf den Boden legen, immer weiter weinen und schreien. Manchmal, häufig nachts, wenn ich nicht einschlafen kann, oder während dem Sport, wenn ich das Gefühl habe nicht genug zu geben, passiert es mir auch, dass ich es nicht aushalten kann und einfach anfange zu weinen und zu schreien und nicht mehr aufhören kann.
Wenn ihr euch fragt, ob ich nicht irgendwelche Unterstützung bekommen habe: Ich habe sehr viel bekommen, nur habe ich sie nie angenommen.
Das erste Mal hat mich meine Mama in der sechsten Klasse (wegen dem Leistungsdruck in der Schule) zu einer Psychologin geschickt. Die Psychologin kam mir extrem komisch vor, ich hatte immer das Gefühl sie will mir nicht helfen, sondern mein komplettes Leben ändern.
Das erste Mal, als ich in der Klinik war, war es mir wiegesagt wichtig, zu beweisen, dass ich nicht magersüchtig bin, deshalb habe ich die Ärzte angelogen und gesagt, mir ist mein Gewicht komplett egal und ich hätte nie eine Körperwahrnehmungsstörung gehabt. (Ich hatte eine Körperwahrnehmungsstörung, trotzdem denke ich immer noch, dass ich nicht „typisch magersüchtig“ war/bin, ich weiß auch nicht, aber wenn ich mich mit den anderen Mädchen in der Klinik verglichen habe, war ich doch ganz schön anders…)
Das zweite Mal in der Klinik habe ich gar nicht mehr mit den Ärzten und Psychologen geredet. Bei meinen Terminen habe ich die ganze Zeit geschwiegen, in dem Protokoll des Psychologen steht ich habe immer nur „beschämt gelächelt und die Schultern gezuckt“. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, zumindest irgendetwas zu sagen, nur irgendwie konnte ich es nicht.
Danach bin ich dann zu einer Psycho-Therapeutin gegangen, die auf Autismus spezialisiert ist. Aber auch mit ihr konnte ich nicht reden. Das ist total komisch, nur ich kann einfach nicht mehr über mich selbst reden, wenn ich es versuche, dann erzähle ich meist nur totalen Mist oder Lügen.
Nur meinen Eltern habe ich in letzter Zeit ein bisschen erzählt, warum ich so viel weine und schreie. Meine Eltern wissen selbst nicht mehr wie sie mir helfen sollen. Sie tuen aber echt viel für mich, trotzdem wünsche ich mir manchmal, dass meine Mama mich in den Arm nimmt wenn ich weine und mir sagt, dass alles gut wird und ich gut so bin, wie ich bin. Aber das tut sie nicht, ich weiß aber auch nicht, ob ich das in meinem Alter noch erwarten kann, ich bin ja 16 und kein kleines Kind mehr. Irgendwann muss ich ganz wegziehen von meinen Eltern. Und wenn ich mir keine Freunde suche, dann bin ich dann ganz allein.
Und ich weiß manchmal selbst nicht warum es mir so schlecht geht, mein Tagesplan ist zwar hart, aber machbar; es gibt Kinder, die den ganzen Tag Kinderarbeit machen und trotzdem nicht so rumschreien und ihr Umfeld belasten. Ich hatte alles war ein Kind braucht, ich muss kein Sport machen, ich muss nicht nur 1sen schreiben, ich würde Hilfe bekommen. Aber wenn ich jetzt einfach damit aufhören würde, dann wäre fast mein gesamtes bisheriges Leben, alle Anstrengungen, umsonst gewesen. Ich würde noch schwächer werden, wenn ich mit dem Gewichte hoch- und runterdrücken aufhöre, ich würde in der Schule plötzlich mega schlecht werden…der Sport und die guten Noten sind einfach das Einzige, was mein Leben noch „sinnvoll“ macht, auch wenn ich weiß, dass es eigentlich total sinnlos ist, aber es gibt halt nichts anderes. Ich will etwas ändern, nur ich weiß nicht wie und habe solch eine Angst davor. Ich fühle mich jetzt schonwieder schuldig, weil ich solange an diesem Text geschieben habe, anstatt zu für die Schule zu lernen.
Ich hoffe ihr konntet durch meinen Text einigermaßen durchblicken, habt ihr Tipps für mich?
Phase 1: Geburt bis Ende der Grundschulzeit: J Als Kind ging es mir ziemlich gut. In Kindergarten und Grundschule hatte ich viele Freunde und eigentlich gab es niemanden der mich nicht mochte. Ich war ein ziemlich normales Kind, hatte jedoch ein paar komische positive und negative „Eigenschaften“, die sich später als „autistisch“ herausstellten: Z.B. hatte ich eine starke Ablehnung gegen Jungs, wollte nicht mit ihnen spielen und habe sie teils ignoriert. Dazu gehörte auch mein Vater und mein Bruder (was für diese natürlich nicht so toll war). Warum das so war, weiß ich nicht, mittlerweile hat es sich verbessert. Ich muss sagen, dass ich meinen Vater und meinen Bruder nicht so liebe, wie es die meisten Töchter und Schwestern tun, und ich meide z.B. immer noch Körperkontakt mit ihnen, aber ich kann wieder normal mit ihnen reden und bin nicht mehr so abweisend. Meine Eltern sagen außerdem, dass ich wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, es immer durchgezogen habe, z.B. habe ich mir innerhalb weniger als einer Woche Einradfahren beigebracht, und mein Mathebuch war immer schon in der ersten Woche nach den Ferien komplett fertiggearbeitet. Die Grundschule habe ich geliebt und war immer traurig als Ferien waren.
Phase 2: 5.-6. Klasse: :/ Der Schulwechsel war der Zeitpunkt von dem an es mir anfing schlechter zu gehen. Ich bin auf ein katholisches Mädchengymnasium gegangen, weil meine damals beste Freundin dort hingegangen ist.
Der erste Schock war für mich, dass ich direkt in der ersten Englischarbeit die Note 4 bekommen habe (in der Grundschule hatte ich immer nur 1 und 2). Daraufhin war für mich klar, dass ich mehr lernen musste. Zuerst lernte ich nur für ein paar Stunden die Woche, aber es steigerte sich immer weiter, irgendwann war ich dann fast nur noch am Lernen, auch das ganze Wochenende lang. In der Grundschule hatte ich aus Spaß gelernt, jetzt machte ich es eher aus Zwang.
Außerdem fing meine beste Freundin, an der ich wirklich sehr hing, an sich von mir abzuwenden und sich neue Freunde zu suchen, was natürlich völlig normal ist, wenn man auf eine neue Schule kommt, aber trotzdem fühlte ich mich von ihr vernachlässigt.
Selbst fand ich keine Freunde, es hatte (zu anfang) niemand etwas gegen mich, aber trotzdem entstanden keine Freundschaften und ich wurde immer mehr zum Einzelgänger.
Irgendwie fing ich dann an meine Persönlichkeit zu ändern, in der Grundschule war ich immer sehr brav, nun fing ich an „frech“ zu werden, in den Unterricht reinzurufen, usw.. Zudem war ich überzeugte Vegetarierin und machte den anderen Kindern Vorwürfe, wenn sie Fleisch essen (bis hin zu: „Du bist ein Mörder, wenn du das isst“). Natürlich fingen meine Mitschülerinnen dann an sich von mir abzuwenden, bzw. sich über mich lustig zu machen. Einmal wurde ich mir einer Salamischeibe beworfen (aber natürlich bin ich daran selbst Schuld!)
Ich entschied mich zu einem Schulwechsel, vor allem wegen dem hohen Leistungsdruck, ich hoffte, dass es an der Gesamtschule (wo ich auch eigentlich von Anfang an hinwollte, wäre nicht meine beste Freundin auf die Mädchenschule gegangen) weniger erwartet würde. Meine Noten waren übrigens wieder sehr gut, aber eben nur durch das viele Lernen, was mir alle Freizeit nahm.
Phase 3: Klasse 7: LIn den Sommerferien vor dem Schulwechsel fasste ich den Beschluss, etwas an meinem Leben ändern zu müssen, da ich so wie ich war, nicht gut war. Ich wollte mich mehr anpassen und nicht mehr so frech sein.
In der neuen Schule isolierte ich mich dann erstmal von den anderen, weil sie so unterschiedliche Interessen hatten wie ich (Jungs, Schminke,…). Nur zwei Mädchen sind mir quasi hinterhergelaufen und haben mit mir Kontakt aufgenommen und mir geholfen mich zurechtzufinden. Eine richtige Freundschaft entstand daraus jedoch nicht, denn außerhalb der Schule haben wir uns nie getroffen.
Der Leistungsdruck, sagte ich, wurde besser, aber in Wirklichkeit lernte ich immer noch genauso viel, nur meine Noten wurden noch besser.
Ich fing an mich zu verstecken, ich sagte meine Meinung nicht mehr, sondern versuchte nur noch das zu sagen, was von mir erwartet wurde. Z.B. wurde ich zu der Zeit Veganerin (aus Tierliebe) und versuchte es zu verheimlichen.
Zudem erinnere ich mich noch genau daran, wie ich vor dem Spiegel stand, und das erste Mal bemerkt habe, dass ich dick aussehe (war ich nicht, im Gegenteil). Vorher war mir Aussehen immer egal, ich bin mit dreckigen zerlöcherten Hosen und zerzausten Haaren herumgelaufen, aber das war auch ein Grund, weshalb ich ausgegrenzt wurde, und deshalb musste ich da etwas ändern. Ich fing an auf Süßigkeiten zu verzichten, dann fing ich an insgesamt weniger zu essen und dann entdeckte ich irgendwann die Kalorienangabe, die sich ja so praktisch zählen lässt. Es ging alles ganz einfach, innerhalb weniger Monate war ich auf 23 Kilogramm, was auch bei meiner Zwergengröße lebensbedrohliches Untergewicht war. Es ging alles ganz schnell, ich kam ins Krankenhaus, dann in die Klinik und galt plötzlich als magersüchtig. Mein Veganismus wurde als Teil dieser Krankheit betrachtet und man wollte mich zwingen, wieder Tierprodukte zu essen. Dies war für mich ziemlich schlimm, denn ich bin nicht Veganerin geworden um abzunehmen, sondern aus reiner Tierliebe. Ich hielt mich zwar immer noch für dick, aber das war mir egal, denn offensichtlich erwartete man von mir, dass ich zunehme, also stopfte ich am Tag um die 5000 Kalorien in meinen kleinen Magen und nahm innerhalb 4 Wochen alles Gewicht in Rekordzeit wieder zu. Ich versuchte allen zu beweisen, dass ich nicht magersüchtig bin.
Phase 4: 8.-9.Klasse: LNach dem Klinikaufenthalt fühlte ich mich sehr hilflos, es war als hätte man mich aus dem Leben herausgerissen und plötzlich wieder alleine ausgesetzt. Es waren Ferien und ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich machen sollte. Ich fing an mich gesund zu ernähren, vorallem wegen meiner Haare, die mir vermehrt ausgefallen sind (zumindest kam es mir so vor). Allerdings steigerte ich das Ganze dann, irgendwann aß ich nur noch Rohkost, gekeimtes Getreide und „Superfoods“. Ich wollte gar nicht wieder abnehmen und hielt mich auch nicht mehr für dick, aber irgendwie mochte ich es zu Hungern und zu sehen wie ich immer weniger werde und so kam ich wieder in die Klinik. Diesmal dauerte der Klinikaufenthalt mehrere Monate, denn ich wollte nicht wieder denselben Fehler machen wie vorher und nur alles in mich reinstopfen. Ich wurde früher entlassen, weil meine Eltern sich sehr dafür eingesetzt haben und wir einen Plan gemacht haben, sodass ich zuhause weiterzunehme.
Phase 4: 9.-11.Klasse: L L Zuerst ging es mir wieder etwas besser, denn ich war nach langer Zeit wieder zuhause bei meiner Familie, und das ist der einzigste Ort, wo ich noch einigermaßen zurechtkomme. Aber es kamen dann immer mehr die Gedanken, wie schlecht ich bin und das ich gar nichts kann und immer nur allen alles kaputt mache. Es reichte nicht mehr gute Noten zu schreiben und diszipliniert zu essen, ich brauchte etwas neues, wodurch ich mir beweisen konnte, dass ich noch irgendetwas kann. Also fing ich an Sport zu machen, zuerst 3x30min pro Woche Eigengewichtsübungen in meinem Zimmer, nun sind es schon insgesamt 15 Stunden pro Woche mit Gewichten. Mein ganzes Leben hat sich nach diesem krankhaften Sport gerichtet, wenn ich mein Programm nicht durchziehe an einem festen Zeitpunkt (ich stehe immer morgens um 55 Uhr auf), dann kann ich den ganzen Tag nur heulen. Und ich habe immer noch das Gefühl nicht genug zu geben, ein Schwächling zu sein. Den Rest der Zeit lerne ich für die Schule.
Ich spüre ständig einen Druck in mir und könnte fast immer losheulen. Jeden Tag habe ich aufs neue Angst, den Tag nicht durchzustehen. Egal was ich tue, immer ist da diese Stimme, die mir sagt, wie schlecht ich bin, dass ich nichts kann und mehr tun muss. Am liebsten würde ich mich auf den Boden legen, immer weiter weinen und schreien. Manchmal, häufig nachts, wenn ich nicht einschlafen kann, oder während dem Sport, wenn ich das Gefühl habe nicht genug zu geben, passiert es mir auch, dass ich es nicht aushalten kann und einfach anfange zu weinen und zu schreien und nicht mehr aufhören kann.
Wenn ihr euch fragt, ob ich nicht irgendwelche Unterstützung bekommen habe: Ich habe sehr viel bekommen, nur habe ich sie nie angenommen.
Das erste Mal hat mich meine Mama in der sechsten Klasse (wegen dem Leistungsdruck in der Schule) zu einer Psychologin geschickt. Die Psychologin kam mir extrem komisch vor, ich hatte immer das Gefühl sie will mir nicht helfen, sondern mein komplettes Leben ändern.
Das erste Mal, als ich in der Klinik war, war es mir wiegesagt wichtig, zu beweisen, dass ich nicht magersüchtig bin, deshalb habe ich die Ärzte angelogen und gesagt, mir ist mein Gewicht komplett egal und ich hätte nie eine Körperwahrnehmungsstörung gehabt. (Ich hatte eine Körperwahrnehmungsstörung, trotzdem denke ich immer noch, dass ich nicht „typisch magersüchtig“ war/bin, ich weiß auch nicht, aber wenn ich mich mit den anderen Mädchen in der Klinik verglichen habe, war ich doch ganz schön anders…)
Das zweite Mal in der Klinik habe ich gar nicht mehr mit den Ärzten und Psychologen geredet. Bei meinen Terminen habe ich die ganze Zeit geschwiegen, in dem Protokoll des Psychologen steht ich habe immer nur „beschämt gelächelt und die Schultern gezuckt“. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, zumindest irgendetwas zu sagen, nur irgendwie konnte ich es nicht.
Danach bin ich dann zu einer Psycho-Therapeutin gegangen, die auf Autismus spezialisiert ist. Aber auch mit ihr konnte ich nicht reden. Das ist total komisch, nur ich kann einfach nicht mehr über mich selbst reden, wenn ich es versuche, dann erzähle ich meist nur totalen Mist oder Lügen.
Nur meinen Eltern habe ich in letzter Zeit ein bisschen erzählt, warum ich so viel weine und schreie. Meine Eltern wissen selbst nicht mehr wie sie mir helfen sollen. Sie tuen aber echt viel für mich, trotzdem wünsche ich mir manchmal, dass meine Mama mich in den Arm nimmt wenn ich weine und mir sagt, dass alles gut wird und ich gut so bin, wie ich bin. Aber das tut sie nicht, ich weiß aber auch nicht, ob ich das in meinem Alter noch erwarten kann, ich bin ja 16 und kein kleines Kind mehr. Irgendwann muss ich ganz wegziehen von meinen Eltern. Und wenn ich mir keine Freunde suche, dann bin ich dann ganz allein.
Und ich weiß manchmal selbst nicht warum es mir so schlecht geht, mein Tagesplan ist zwar hart, aber machbar; es gibt Kinder, die den ganzen Tag Kinderarbeit machen und trotzdem nicht so rumschreien und ihr Umfeld belasten. Ich hatte alles war ein Kind braucht, ich muss kein Sport machen, ich muss nicht nur 1sen schreiben, ich würde Hilfe bekommen. Aber wenn ich jetzt einfach damit aufhören würde, dann wäre fast mein gesamtes bisheriges Leben, alle Anstrengungen, umsonst gewesen. Ich würde noch schwächer werden, wenn ich mit dem Gewichte hoch- und runterdrücken aufhöre, ich würde in der Schule plötzlich mega schlecht werden…der Sport und die guten Noten sind einfach das Einzige, was mein Leben noch „sinnvoll“ macht, auch wenn ich weiß, dass es eigentlich total sinnlos ist, aber es gibt halt nichts anderes. Ich will etwas ändern, nur ich weiß nicht wie und habe solch eine Angst davor. Ich fühle mich jetzt schonwieder schuldig, weil ich solange an diesem Text geschieben habe, anstatt zu für die Schule zu lernen.
Ich hoffe ihr konntet durch meinen Text einigermaßen durchblicken, habt ihr Tipps für mich?