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Kontakt wider Willen

G

Gast

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Würde mich gerne mit Menschen in schwierigen Lebenslagen austauschen von denen auch erwartet wird sich pflichtbewusst
um unliebsame chronisch kranken Angehörige zu kümmern. Nach Jahrzehnten habe ich es endlich geschafft mich endlich von meiner Herkunftsfamilie zu distanzieren. Da ich nicht zuletzt wegen meines Kindes Kontakt gehalten habe,- mein Kind aber mittlerweile erwachsen (22J.) ist - möchte ich auch zu meiner Familie eine emotional möglichst authentische (Nicht-)Beziehung
pflegen. Da meine Mutter mittlerweile 70+, einsam und gehbehindert ist und nach wie vor in einer emotional, sozial und wirtschaftlich ungeklärten Situation lebt und mein Kind von der Großmutter, zu der es eine enge Bindung hat , seelisch belastet wird, fühle ich mich genötigt mein Kind zu Entlasten, indem ich den üblichen Tochterpflichten wieder nachkomme. Da mir das Kümmern kein inneres Bedürfnis ist, und ich mittlerweile auch nur wenig liebevolle Gedanken für meine Mutter hege, kostet mich
die Kontaktaufnahme einige Überwindung. Da die Zuwendung die ich meiner Mutter schenken werde also lediglich einem moralischen Sachzwang entspringt, frage ich mich ob diese überhaupt einen Wert bzw. positive Energie hat und ob es nicht vielleicht besser wäre hart, aber ehrlich weiterhin zum (nicht feindseligen!) Kontaktabbruch zu stehen.
 
Hallo,

für mich auch ein schwieriges Thema.
Ich hatte bis vor zwei Jahren den Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen, allerdings auch erst dann, als meine Kinder schon erwachsen waren. Da sich meine Kindheit und die meines Bruders als oft sehr schwierig erwiesen hat und er sich dann leider in den 80er Jahren das Leben genommen hat, war dieser Schritt irgendwann unungänglich für mich. Meine Kinder sollten aber nicht auf ihre Großeltern verzichten müssen, das war mir wichtig. Sie haben, ich sag mal, eine relativ gute Beziehung zu ihnen, die sich aber in Grenzen hält. Meine Eltern sind für ihr Alter noch recht rüstig.

Wie gesagt, den Kontakt habe ich dann vor zwei Jahren wieder aufgenommen, allerdings nur sporadisch und jetzt auch im Hinblick auf ihr voranschreitendes Alter. Emotional gesehen halte ich mich so weit zurück, wie es für mich gut und nicht enttäuschend ist, eher unverbindlich und allgemein, weshalb ich nicht in eine für mich kränkende Situation komme mit Erinnerungen und der Vergangenheit (Bruder), worüber ich mit meinen Eltern ohnehin nie reden konnte (Tabuthema meiner Eltern).

Ich kann verstehen, wie du dich jetzt wegen deiner Tochter und deren Kontakt zur Großmutter fühlen mußt, zumal deine Mutter wohl auch gesundheitlich bedingt den Kontakt zu ihr sucht und deine Tochter noch sehr jung ist. Vielleicht kannst du dir einen Kontakt zur Mutter vorstellen, der ebenso distanziert ist, deiner Tochter aber ermöglicht, ihr eigenes Leben führen zu können, ohne von der Oma zu sehr vereinnahmt zu werden.
Du könntest für dich selbst entscheiden, wann und in welcher Intensität du für deine Mutter da sein willst und es so einrichten, dass du die Oberhand behälst und der Kontakt für dich in Ordnung ist, ohne dich zu sehr verbiegen zu müssen. Und in erster Linie würdest du ja deiner Tochter damit helfen.
Das sind aber nur meine Gedanken dazu.

LG
 
Danke für Deine Antwort. Ich finde gut wie Du mit der Situation umgehst und würde mir wünschen , dass mir das in ähnlicher Weise auch gelingt.
 
Ich habe keine Lösung anzubieten, werde aber mit Spannung die Antwort verfolgen. Mein Mann hat ein sehr schwieriges Verhältnis zu seiner Mutter. Wir halten den Kontakt der Kinder wegen (2 und 4 Jahre, die die Oma sehr lieben und auch nur noch diese Oma haben). Unsere Haltung ist hier im Forum schon mal sehr auf Kritik gestossen, daher bin ich um so gespannter wie es hier weitergeht.
 
Hallo, Gast, Gäste, Phelia, Speechless,

Zu dieser Frage sehe ich keine für alle verbindliche Einheitslösung.

Der Normalfall sollte sein, dass man – egal ob mit Partner oder mit der Ursprungsfamilie – eine beidseitige Wohlfühlbeziehung hat. Wenn dem so ist, brauchen wir nicht weiter diskutieren.

Es gibt Familiensituationen, in denen Verhaltensweisen (z.B. der Eltern) jeder Harmonie und jedem Wohlfühlen entgegenstehen. Da stellt sich mir die Frage: Gibt es eine Chance, die Hindernisse einer Wohlfühlbeziehung aus dem Weg zu räumen? Dann arbeite ich daran. Und wenn es Jahre dauert.

Und wenn sich die Hindernisse nicht aus dem Weg räumen lassen, dann halte ich auch unangenehme Situationen aus. Das bedeutet, dass ich unter der Beziehung auch leide. Das Aushalten meines Leidens tue ich weniger aus Pflichtgefühl, sondern aus Liebe. Bei anderen Menschen mag das umgekehrt der Fall sein. Aber ich denke, dass Leiden zur sozialen Beziehung gehört. Das Gegenteil wäre, bei jeder noch so kleinen Belastung wegzulaufen.

Das Aushalten des Leidens hängt jedoch davon ab, wie groß mein Leidenswille und meine Leidensfähigkeit sind. Irgendwo sind Grenzen. Und an diesen Grenzen messe ich die Häufigkeit, Dauer und Intensität eines Beisammenseins sowie eine Distanz.

Eine zeitweilige Distanz kann Wunder wirken, eine Eltern-Kind-Beziehung elastischer machen, verbessern. Ein Dauerabbruch kommt für mich nur in Frage, wenn mein Leidenswille oder Leidensfähigkeit – oder meine Liebe/Pflichtgefühl dauerhaft bei Null sind.

Als ich eine schlechte Eltern-Kind-Beziehung hatte, mal als Kind, mal als Vater, haben Distanz und Zeit „Wunder“ bewirkt. Aber ich muß dazu sagen, dass im einen Fall meine ständig offene Herzenstüre und im anderen Fall mein ständiger Wille zu einer harmonischen Beziehung zu gelangen, Kompromisse zu finden, sehr wichtig und hilfreich waren. Ohne offenes Herz, ohne festen ständigen Willen wird es schwer. Leiden war vor und während der Distanz immer präsent, nur die Art des Leidens war verschieden. Ohne mein Leiden (auch unter bzw. in der Distanz) hätte ich auch kaum einen Grund gehabt, an der Verringerung bzw. Abschaffung des Leidens zu arbeiten.

LG, Nordrheiner
 
In der Bibel steht doch auch:" Ihr sollt Die Perlen nicht vor die Säue Werfen". Für mich heißt das, dass wenn ich weiß und auch jahrzehntelang erfahren habe, dass Verwandte mich quasi als "Blitzableiter", "Watschenmann" oder Projektionsfläche für ihre eigenen Defizite betrachten, obwohl sie wissen, dass ich mich darum Bemühe sie zu lieben und Ihnen gut zu sein, ich meine Herzenstüre schließen soll. M.E haben weder Leidenswille noch Leidensfähigkeit um ihrere selbst willen Sinn, sondern werden nur dann sinnvoll,wenn sie als Preis für eine Entwicklung und Bewegung zum Guten hin, in Kauf genommen werden. Leiden hat deshalb m.E nur Wert, wenn es ein alternativenloses Mittel zum "heil sein" oder zum Guten ist. Durch meine Lebenserfahrung habe ich die Logik der christlichen Leidensmystik als Vorbild im Umgang mit alltäglichen Konfliktsituationen als unbrauchbar erlebt. Zwar sind für mich Menschenrechte aufgrund ethischer Erwägungen sakrosankt, dennoch halte ich das Hinhalten der anderen Wange, ebenso wie Feindesliebe für pervers. Diese Grundsätze gelten für mich im Kleinen ebenso wie im Großen. Inwieweit gelebte Feindesliebe dem doch pathologischem Phänomen des "Stochholmsyndroms" geschuldet ist, sei dahingestellt.
Im Umgang mit meiner problematischen Familiensituation bzw. Mutter, habe ich eine klare Linie gefunden: Ich habe mich ehrlich als verbindliche Unterstützung bei alltäglichen Hilfsdiensten angeboten, und akzeptiere gleichzeitig, dass mein Handeln vorwiegend auf Pflichtgefühl basiert, und dass es wohl so ist, dass meine Mutter nie echte Mutterliebe für mich empfunden hat und die kindliche Liebe, die ich ihr entgegenbrachte in einem schwarzen Loch verschwunden ist. Minimale Zuwendung ihr gegnüber genügt deshalb m.E um meine moralsiche Verpflichtung ihr gegenüber einzulösen.
 
Hallo, ich glaube, dass du das auf die Dauer nicht durchhalten kannst. Ich habe ein einigermaßen gutes Verhältnis zu meiner Mutter und trotzdem fühle ich mich manchmal gezwungen mich um sie zu kümmern, was mich dann nervlich sehr belastet. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es wäre wenn wir kein gutes Verhältnis zu einander hätten. Ich wünsche dir das du einen guten Weg findest. Aber vergiss nicht, es muss nicht nur deiner Mutter gut gehen, sondern auch dir......
 
In der Bibel steht doch auch:" Ihr sollt Die Perlen nicht vor die Säue Werfen". Für mich heißt das, dass wenn ich weiß und auch jahrzehntelang erfahren habe, dass Verwandte mich quasi als "Blitzableiter", "Watschenmann" oder Projektionsfläche für ihre eigenen Defizite betrachten, obwohl sie wissen, dass ich mich darum Bemühe sie zu lieben und Ihnen gut zu sein, ich meine Herzenstüre schließen soll. M.E haben weder Leidenswille noch Leidensfähigkeit um ihrere selbst willen Sinn, sondern werden nur dann sinnvoll,wenn sie als Preis für eine Entwicklung und Bewegung zum Guten hin, in Kauf genommen werden. Leiden hat deshalb m.E nur Wert, wenn es ein alternativenloses Mittel zum "heil sein" oder zum Guten ist.
Durch meine Lebenserfahrung habe ich die Logik der christlichen Leidensmystik als Vorbild im Umgang mit alltäglichen Konfliktsituationen als unbrauchbar erlebt. Zwar sind für mich Menschenrechte aufgrund ethischer Erwägungen sakrosankt, dennoch halte ich das Hinhalten der anderen Wange, ebenso wie Feindesliebe für pervers. Diese Grundsätze gelten für mich im Kleinen ebenso wie im Großen. Inwieweit gelebte Feindesliebe dem doch pathologischem Phänomen des "Stochholmsyndroms" geschuldet ist, sei dahingestellt.
Im Umgang mit meiner problematischen Familiensituation bzw. Mutter, habe ich eine klare Linie gefunden: Ich habe mich ehrlich als verbindliche Unterstützung bei alltäglichen Hilfsdiensten angeboten, und akzeptiere gleichzeitig, dass mein Handeln vorwiegend auf Pflichtgefühl basiert, und dass es wohl so ist, dass meine Mutter nie echte Mutterliebe für mich empfunden hat und die kindliche Liebe, die ich ihr entgegenbrachte in einem schwarzen Loch verschwunden ist. Minimale Zuwendung ihr gegnüber genügt deshalb m.E um meine moralsiche Verpflichtung ihr gegenüber einzulösen.

Hallo, Gast,
Deine in fett Schwarz zitierten Sätze bejahe ich. Und darum geht es.
Feindesliebe, wie ich diesen biblischen Begriff verstehe, meint auf keinen Fall das Akzeptieren oder Tolerieren des Bösen. Ganz im Gegenteil.

Habe ich Feinde, so ist es üblich, dass die feindliche Situation in mir Hass, Angst und ggf. noch andere negative Gefühle verursacht. Diese Gefühle in mir sind dem Schaden hinzuzuaddieren, der sonst noch von meinen Feinden angerichtet wird. Feindesliebe meint das Abwehren, das nicht Akzeptieren, dass in meinem Herzen Hass und Angst einen Dauerwohnplatz bekommen. Liebe ist die höchste Form der Zu- und Anwendung des Guten und zum Guten. Der Hass und die Angst verdecken meine "inneren" Augen. Wenn ich liebe, dann bedeutet das nicht, dem Feind um den Hals zu fallen. Es bedeutet, dass ich meine "inneren" Auge öffne für das Gute und dem Hass sowie der Angst keinen Platz überlasse.

Liebe, auch Feindesliebe, bedeutet immer adäquate, qualitativ und quantitativ angemessene Maßnahmen und nicht Maßlosigkeit. Es stellt sich also in jeder Situation die Frage, mit welchen Maßnahmen ich das Böse bekämpfe. Will ich nur das Gute in mir oder für mich sehen und anstreben, so bleibt die Quelle des Bösen, im böswilligen oder bösartigen Menschen mir gegenüber immer noch bestehen und könnte morgen wieder Schaden verursachen. Feuer bekämpft man nicht mit Feuer. Und eine Überschwemmung im Badezimmer stoppe ich nicht, indem ich den Wasserhahn in der Küche aufdrehe.
Vielleicht wird der Begriff der Feindesliebe - wie ich ihn verstehe - jetzt deutlicher.

Die Situation mit Deiner Mutter tut mir sehr leid. Ich bedauere, dass sie für Dich nie Mutterliebe empfand.

LG; Nordrheiner
 

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