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Kleiner Bruder kommt mit seinem Leben nicht in Gange

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Hallo zusammen,

ich suche hier ähnliche Erfahrungen aber auch gerne gut gemeinten Rat zu meiner Angelegenheit:

Mein kleiner Bruder, mittlerweile 25 Jahre, kommt mit seinem Leben nicht wirklich in Fahrt.
Er war früher schon ein so genanntes "Problemkind". Hat viel Mist gebaut, geklaut, sich geprügelt.. und das hat sich zunehmend in kriminelle Energie entwickelt, wodurch er auch immer öfter Kontakt mit unseren Freunden und Helfern in blau hatte.

Kurz zu unserer familiären Situation:
Unsere Eltern ließen sich scheiden, als ich 12 und mein Bruder 10 war. Damit kamen wir nie wirklich zurecht, er allerdings noch viel weniger als ich. Wir blieben bei unserer Mutter, unser Vater zog aus und bezog eine eigene Wohnung. Er war vorher schon immer beruflich unterwegs, somit auch nur am Wochenende zu Hause.
Unsere Mutter zog uns so gesagt im Alleingang auf und sorgte für alles, was uns betraf.
In der Zwischenzeit heiratete sie einen Mann aus dem Ausland.. weniger der Liebe wegen, mehr wegen der finanziellen Absicherung. Es war nun mal schwierig alles auf einmal zu stemmen.
Als unsere Mutter dann vor 3 Jahren an Krebs verstarb, brach in meinem Bruder, so schätze ich, alles zusammen. Auch wenn er ihr viel Kummer und Leid brachte, so liebte unsere Mutter ihn und uns über alles.
Ihr neuer Ehemann flüchtete wortlos zurück in sein Heimatland.

Das verkraftete er bis heute nicht. So richtig verarbeitet man den Tod seiner eigenen Mutter doch nie, denke ich zumindest. Auch ich habe lange Zeit daran genagt aber dann doch irgendwann festgestellt, dass das Leben weitergehen muss.

Mein Bruder hat nie einen richtigen Schulabschluss gemacht. Ging von der Grundschule auf eine Waldorfschule und die beendete er auch nie so wirklich. Er hat dementsprechend schwierige Voraussetzungen, um irgendeinen Ausbildungsplatz, geschweige denn, Arbeitsplatz zu bekommen. Die Wohnungssuche ist auch erfolglos. Er wohnt aktuell zwar bei seiner Freundin, möchte aber unabhängig sein. Das Ganze ist wie ein Teufelskreis, weil er durch einen fehlenden Arbeitsplatz an keine Wohnung kommt, ungeachtet der schwierigen Wohnlage in ganz Deutschland.
Durch das Jobcenter wird ihm auch keine Wohnung gestellt.
Ich muss noch erwähnen, dass er einige Zeit lang über Zeitarbeitsfirmen an Jobs gekommen ist, welche sich aber mehr als Ausbeute entpuppten.

Diese ganzen Umstände machen ihm wirklich zu schaffen und ich versuche ihn, wo es nur geht, zu unterstützen. Ich helfe ihm beim Schreiben von Bewerbungen, bei der Suche nach Arbeit und nach Wohnungen, doch der eigene Impuls kommt nie so wirklich, weil ihn die Erfolglosigkeit frustet. Er sagt ständig, er kriege eh keine Arbeit, eh keine Wohnung und es wird eh alles so bleiben, wie es ist. Er fühlte sich oft auch von allen in der Familie vernachlässigt.

In ganz schlechten Momenten machte er sich selbst dafür verantwortlich, dass unsere Mutter verstorben ist. Ich versuchte ihm dann immer klar zu machen, dass eine schlimme Krankheit der Grund für ihren Tod war.
Jedoch beharrte er stets darauf, dass der von ihm ausgelöste Stress der Grund gewesen sein sollte, weshalb unsere Mutter erst an Krebs erkrankte.

Nun hoffe ich auf eure Meinungen und möchte euch hierzu noch einige Fragen stellen:
  • Wie kann ich meinem Bruder weiterhin behilflich sein, um aus dieser Misere rauszukommen? Sollte ich ihn weiter unterstützen oder sollte er selbst dort rausfinden?
  • Wie kommt mein Bruder mit den oben genannten Voraussetzungen an eine vernünftige Arbeit oder gar eine Ausbildung?
  • Könnte er vielleicht doch über staatliche Hilfen an eine Wohnung kommen, zumindest übergangsweise, bis er imstande ist sie selbst zu finanzieren?
  • Sollte ich ihm raten psychotherapeutische Hilfe zu beanspruchen?

Ich danke euch hiermit für's Lesen und hoffentlich auch für kommende Antworten und Meinungen.

Viele Grüße!
 
G

Gelöscht 114494

Gast
Du solltest ihn auf jeden Fall dabei unterstützen, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Deinen sonstigen Einsatz solltest du, nach meiner Einschätzung, zurückfahren. Deine Unterstützung ist sicher lieb gemeint, doch es wird ihn dabei behindern Selbstständigkeit zu erlernen. Ich würde das mal ein ganzes Stück zurückfahren und ihn stattdessen emotional ermutigen, sein Leben anzupacken. Mal abgesehen davon hat er eine Freundin, die wird ihm wohl ebenfalls zur Seite steht.

Deine Sorge verstehe ich natürlich. Aber du merkst ja selbst, dass er mit seinen inzwischen 25 Jahren trotz deiner Hilfe nicht in die Gänge kommt. Ändere die Strategie.
 

mariamariaaa

Neues Mitglied
Dein Bruder braucht definitiv wieder positive Energie, Vorfreude auf etwas oder einfach nur einen vielleicht für andere ganz banalen Sinn im Leben, den scheint er nämlich verloren zu haben. Hat er irgendwelche Hobbys oder Talente? Falls ja sollten diese auf jeden Fall gefördert werden. In einer Sache gut zu sein und vielleicht sogar dahingehend gelobt zu werden wird ihm sicher neue Motivation schenken und ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Ohne Frage sollte er aber auch professionelle Unterstützung erhalten und nicht nur die seiner Schwester. Wir können ja immer nur unser bestmögliches tun und sind keine Profis auf dem Gebiet. Staatliche Hilfe an eine Wohnung zu kommen sollte er sicher erhalten. Allerdings schätze ich, dass es nicht förderlich wäre für ihn zu wissen, dass er sich auf Kosten des Staats ausruhen kann. Besser wäre ihn zu motivieren, eine Wohnung selbst zu finanzieren. Ohne Abschluss ist es natürlich schwer, aber kein Ding der Unmöglichkeit an einen Job zu kommen. Vielleicht kann er ja bei Bekannten oder Freunden übergangsweise anfangen? Ansonsten würde ich mal bei der Agentur für Arbeit nach Unterstützung fragen. In jedem Fall solltest du deinen Bruder nicht aufgeben und ihm eine Stütze bleiben, aber natürlich mit Freiraum, sich selbst zu entfalten und seinen eigenen Weg zu gehen. Viel Erfolg und alles Gute für euch beide!
 

Eva

Aktives Mitglied
Hallo,

ihr habt beide eine schwere Kindheit gehabt, und viel zu früh eure Mutter verloren. Ihr geht beide sehr unterschiedlich mit der Situation um, aber das ist nun mal so, weil die Menschen verschieden sind.

Wenn er für eine Therapie bereit ist, wäre es gut, dass er mal unbefangen über alles reden kann. Aber es gibt auch diverse "Beratungsstellen", falls er nicht zu einem Psychotherapeuten möchte.

Ich persönlich finde es super, dass du deinen Bruder so gut unterstützt. Ich denke, wenn du das zurück schraubst, lässt er sich ganz gehen. Aber wir kennen ihn nicht, dass müsstest du versuchen ein zu schätzen.

Das Jobcenter sollte ihn eigentlich bei der Jobsuche unterstützen. Bewerbungstraining wäre das Erste. Dann Jobsuche. Aber da muss man einfach Glück haben, dass der Sachbearbeiter einen nicht nur als Nummer sieht.

Ungelernt wird es leider immer schwieriger, aber nicht unmöglich. Zeitungen, Internetjobbörsen und die Jobbörse der Arbeitsagentur können weiter helfen.

Achte auch auf dich!

Wünsche euch alles Gute.
 
Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Antworten.
Ich bin froh erstmal neue Erkenntnisse gewonnen zu haben, wie ich weiter verfahren könnte.
Dann ist mir auch aufgefallen, dass ihr erwähnt, ich solle meine Bemühung um ihn etwas zurückfahren. Leider weiß ich, dass er dann genauso zurückfährt. Ob das Bequemlichkeit ist, weil das ja jemand für ihn erledigt oder er diese Unterstützung einfach benötigt, das kann ich leider bis heute nicht einschätzen. Dazu müsste ich in seinen Kopf schauen. Und ihm ersteres einfach direkt zumuten, wäre denke ich nicht richtig.

Über das Jobcenter wurde er leider an besagte Zeitarbeitsfirmen verwiesen oder gar in eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme stecken, obwohl er direkt in eine Ausbildung starten wollte. Eine solche BvB dauert ja bis zu 10 Monate. Wie sinnig das Ganze ist, kann ich auch nicht wirklich einschätzen.

Wie sieht eine psychotherapeutische Beratung kostentechnisch aus? Übernimmt sowas die Kk oder zahlt man das selbst?

Von seiner Freundin wird er nur sporadisch unterstützt. Sie ist aufgrund ähnlicher Vorkommnisse psychisch leider selber nicht die stabilste. Sie liebt ihn zwar, ist aber im gleichen Zug gefrustet, dass er sie kaum unterstützen kann mit der Wohnung und allem anderen.

Danke euch nochmal und ein schönes restliches Wochenende!
 

Eva

Aktives Mitglied
Meines Wissens nach wird eine Psychotherapie von der Krankenkasse bezahlt, wenn der Hausarzt das befürwortet. Aber da warte mal auf weitere Antworten. Bei uns gibt es auch diverse Beratungsstellen. Die sind kostenlos. Müsstest vielleicht mal für eure Gegend googeln.

Du kennst deinen Bruder am besten. Ich persönlich fand es ja auch nicht so gut, zurück zu fahren.

Da dein Bruder keine Ausbildung hat, fände ich eine berufsvorbeitende Maßnahme gar nicht so schlecht. Wenn er direkt mit einer Ausbildung beginnen würde, weiß ich nicht, ob er das durch hält. Aber das ist ja alles nur eine Vermutung. Wir geben dir ja nur Denkanstöße. :)
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Ich persönlich finde es super, dass du deinen Bruder so gut unterstützt. Ich denke, wenn du das zurück schraubst, lässt er sich ganz gehen.
Vorsicht! Bis zu einem gewissen Grad kann man das machen. Aber wenn man nicht zum richtigen Zeitpunkt den Absprung findet, geht man selbst daran kaputt.

Meine Schwester ist höchstwahrscheinlich schizophren. Vor 20 Jahren habe ich das erkannt und war entsprechend geschockt. Ich wurde aber selbst von einer professionellen Beraterin unter Druck gesetzt, mich um sie zu kümmern, weil ich die einzige in der Familie war, die noch funktionierte. Die Beraterin ist dann selbst an meiner Schwester gescheitert. Meine damalige Beziehung ist nicht zuletzt wegen meiner ständigen schwesterbedingten Angespanntheit in die Brüche gegangen. Ich habe mich noch zwölf weitere Jahre für nichts und wieder nichts verkämpft, immer wieder mit Ärzten und Sozialarbeitern, u.a. beim Sozialpsychiatrischen Dienst, mit Mitarbeitern des Ordnungsamts und der Polizei gesprochen, auch mit einer Bekannten, mit der ich eine Zeitlang musiziert habe und die selber pensionierte Psychiaterin ist. Ich habe mich an jeden Strohhalm geklammert, um meiner Schwester zu helfen, und alles Menschenmögliche versucht. Zum Dank habe ich nur ihren Hass geerntet, jede Menge Nerven gelassen und außerdem viel Geld verloren. In Therapie ist sie bis heute nicht, aber mit ihrem gesamten Umfeld verkracht. Tagsüber schäft sie, nachts geistert sie herum. Lebensmittel kauft sie kurz vor Ladenschluss. Einen Nachbarn hat sie in ihrem Wahn bezichtigt, sie mit einer Mordwaffe bedroht zu haben. Sie reichte 17 handgeschriebene Seiten bei der Kripo gegen ihn ein, und als die Staatsanwaltschaft das Verfahren mangels Tatverdachts einstellte, betrieb sie noch ein fruchtloses Klageerzwingungsverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft bzw. beim Oberlandesgericht. Sämtliche Verfahrenskosten musste sie natürlich übernehmen. Sie hat ihr Studium nicht abgeschlossen, auch keine andere Berufsausbildung gemacht, war bis heute (sie wird bald 55) nicht einen einzigen Tag in ihrem Leben erwerbstätig, lebt von ihrem Erlös aus der Teilungsversteigerung unseres gemeinsam ererbten Elternhauses (das nur wegen ihrer paranoid bedingten Uneinsichtigkeit nicht auf dem freien Markt verkauft werden konnte) und wird früher oder später von der Sozialhilfe leben. Ich habe den Kontakt vor sieben Jahren beendet und sie ihrem Schicksal überlassen, sonst hätte ich mir selbst nur noch die Kugel geben können. Ich war erschöpft von ihrem Psychoterror, ihrem extremen Rededrang, ihrer Aggressivität, ihren ständigen Anrufen und Vorhaltungen, war jahrelang nicht mehr in der Lage, den Klingelton meines Telefons eingeschaltet zu lassen. Nachts schon gar nicht, aber nicht mal mehr tagsüber. Es hat lange gedauert, bis sich das gelegt hat.

Versuche, deinen Bruder davon zu überzeugen, dass er eine Psychotherapie macht. Aber wenn er sich weigert oder diese abbricht oder intellektuell damit überfordert ist, kannst du nichts mehr tun. Wenn jemand sich nicht helfen lassen will und uneinsichtig ist, muss man die Reißleine ziehen. Denn demjenigen ist nicht zu helfen und selbst schadet man sich obendrein noch. Manchen Leuten kann man nicht helfen. Das muss man akzeptieren können.
 
Zuletzt bearbeitet:

Ombera

Aktives Mitglied
Meine autistische Tochter hat gerade Abitur gemacht und wird jetzt auch eine berufvorbereitendes Maßnahme machen. Sie ist noch sehr unselbständig, soll erst noch Praktika machen, bevor es an eine Ausbildung geht. Ich würd es an seiner Stelle auch so machen.
 
G

Gelöscht 114494

Gast
Dann ist mir auch aufgefallen, dass ihr erwähnt, ich solle meine Bemühung um ihn etwas zurückfahren. Leider weiß ich, dass er dann genauso zurückfährt. Ob das Bequemlichkeit ist, weil das ja jemand für ihn erledigt oder er diese Unterstützung einfach benötigt, das kann ich leider bis heute nicht einschätzen. Dazu müsste ich in seinen Kopf schauen. Und ihm ersteres einfach direkt zumuten, wäre denke ich nicht richtig.
Du traust es ihm nicht zu.

Natürlich wird er erst einmal stolpern, vielleicht fällt er sogar. Ich kann dir nur raten, ihm die Chance zu geben, zu erlernen, wie man selbst wieder aufsteht. Du kannst ihn jederzeit ermutigen und ihm zur Seite stehen, wenn er Fragen hat. Aber umsetzen muss er es alleine. Wenn er mit 25 Jahren nicht einmal eine Bewerbung selbst hin bekommt, wie soll er denn dann tagtäglich einer geregelten Arbeit nachgehen?
 

Eva

Aktives Mitglied
@Sarnade Ich habe ja geschrieben "Ich denke", nicht "Ich weiß". ;)
Ich kenne den Bruder nicht, und jeder Fall ist anders. Was du erlebt hast, tut mir leid. Ich habe vor vielen, vielen Jahren anderes erlebt. Hilfe verweigert, weil ich nicht mehr konnte, und von einer Fachfrau unter Druck gesetzt wurde, weitere Hilfe zu verweigern. Es folgte ein schwerer Suizidversuch dieser Person. Die Person lag mehrere Wochen im Koma. Das Leben am seidenen Faden. Nach erwachen noch Monate im Krankenhaus. Hätte die Person nicht überlebt, wäre ich niemals wieder froh geworden. Ich werde zu mindestens im engen Umfeld keine Hilfe mehr verweigern.
 
Status
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