Hallo Gast,
manchmal scheint es kurzfristig leichter, sich die Liebe aus dem Herzen zu reißen, um den Schmerz nicht mehr fühlen zu müssen. Aber diese "Abkürzung" ist Dir als Vater verwehrt, wenn Du Dich weiter Ihr Vater nennen willst. Genau in diesem Momenten zeigt sich, ob Deine Tochter Dir wichtiger ist, als Du es Dir selbst bist. Du musst für Deine Tochter den Platz in Deinem Herzen offen halten, ohne wenn und aber. Das ist Deine (manchmal verdammt schwere) Aufgabe. Damit zwingst Du sie zu nichts und ein Trauma erzeugst Du hoffentlich auch nicht, solange ... jede scherzhafte Bemerkung scheint mir da gerade nicht angebracht.
Als Vater musst Du fühlbar, erreichbar und spürbar sein und das bedeutet auch, dass Du verwundbar wirst. Ich schwöre Dir, dass Du immer wieder Situationen ausgesetzt sein wirst, in denen Du Dein Vatersein verdammst und vergessen möchtest, weil es einfach nur noch entsetzlich weh tut und Dich an Dir selbst und der Welt verzweifeln läßt. Aber das ist der Job, das ist es, was Dich Dein Recht auf Vaterschaft kostet, das ist der Preis, den Du bezahlst. Es geht nicht mehr nur um Dich, sondern darum, was Du für Deine Tochter tun und sein kannst. Und das bedeutet manchmal, einen Schritt zurück zu machen und sie vielleicht zu ihrer Mutter zu bringen.
Du hast nicht "versagt" und zu kleine Seifenblasen geblasen. Manchmal ist "genug" auch "genug". Sie ist erst drei Jahre alt und kennt Dich noch nicht so richtig, Du bist vielleicht noch keine "Heimat" für sie. Aber das kannst Du werden. Die Versuchung für uns Väter ist sehr groß, zu "tun" und zu "machen", den Spaß zu organisieren. Aber je mehr Du das Gute willst, um so größer ist die Gefahr, dass Du die schönen Momente des Alltages, der Selbstverständlichkeit verpasst und nur noch anstrengend für Deine Tochter wirst. Für diese Grenze hast Du vielleicht am Anfang noch kein Gespür, sei also auch mit Dir selbst nachsichtig. Vater zu sein ist ein harter Lehrberuf.
Folgende Tipps haben mir geholfen:
"Nach müd kommt blöd"
Kinder sind manchmal einfach nur müde und da hilft nichts mehr, als Fuß vom Gas und ein sicheres Umfeld. Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.
"Solange Du Deine Füße unter meinen Tisch streckst ..."
Sei sehr achtsam mit Deinem "Erziehungskonzept". Viel zu oft wiederholen wir unbewußt und mitleidlos die Fehler unserer Eltern, um uns auf Kosten unserer Kinder von dem uns zugefügten Leid zu befreien. Du wirst es nicht vermeiden können, aber Du kannst es besser machen. Und diese Chance stellt sich Dir leider jeden Tag wieder und wieder und wieder.
"Sei mit mir und für mich"
Setz Dich einfach in ihr Kinderzimmer (Ich finde es ganz toll, dass sie ein Zimmer bei Dir hat, das ist sehr wichtig!). Am Anfang sag nichts, frag nichts, sei nicht der "Spaß-August", sei einfach nur da und öffne Dein Herz. Deine Tochter wird auf Dich zukommen, sie wird Dir ihre Welt öffnen und Dich einladen, wenn Du den Mut und das Vertrauen in Deine Tochter hast. Sei neugierig auf ihr "Anders-Sein", schieb Deine Erwartungen und Hoffnungen zur Seite und ich weiß, dass das am Anfang fast unmöglich ist. Du wirst es lernen.
"Maul sei still, ich geb Dir eine Mutschel"
Ein nerviger Spruch meiner Oma. Mit "Mutschel" ist ein Brötchen gemeint. Durch das Kauen kannst/musst Du die Klappe halten und hast Zeit zum Überlegen. Deine Ex wird oder hat vielleicht schon einen "Neuen" und Du wirst zum Störfaktor in diesem Familien-Ding. Wenn Dich Deine Tochter zum ersten Mal mit den Namen des "Neuen" anspricht, wird Dir das Herz auf den Boden fallen. Wenn Sie Dir erzählt, wie toll der letzte Ausflug war, an dem Du nicht dabei warst, wirst Du womöglich neidisch, verletzt und totunglücklich sein und Du darfst es nur bedingt zeigen. Sie wird Dir fehlen und Du kannst nichts dagegen tun. In solchen Stunden wirst Du auf eine verdammt harte Probe gestellt und so oft ist es einfach das Beste, die Klappe zu halten und den liebevollen Raum in Dir für Deine Tochter mit aller Kraft offen zu halten. Denn mehr kannst Du manchmal einfach nicht tun und das ist scheusslich. Aber Deine Tochter ist es wert.
Solange Du an Dir zweifelst und Dich immer wieder hinterfragst, ist alles gut und solange es weh tut, auch. Finde Deinen Weg. Lasse Dir selbst das Recht, Fehler zu machen, denn Perfektion ist ein totes Ding im Umgang mit Menschen.
Manchmal ist ein neuer Tag das einzig Tröstliche, aber eben auch das ganz Wunderbare und Hoffnungsvolle. Ich kenne nichts Anspruchsvolleres, um ein Mann zu werden. Vater zu sein gehört zum Besten, was Dir passieren kann. Aber Du wirst jeden Tag mit Deiner Seele dafür einstehen müssen.
Alles Gute und viele Stunden voller Lachen und Weinen, denn so ist das Leben.