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Jahrelange Freundin hat mich enttäuscht

Sarnade

Aktives Mitglied
Meine Mutter stellte sehr hohe Ansprüche daran, wie hilfsbereit und selbstlos man sich als gute Freundin zu verhalten hat, und gab diese Einstellung an mich weiter. Ich habe diese Erwartungen dann selber in Frauenfreundschaften zu erfüllen versucht, aber auch meinerseits entsprechende Erwartungen gehabt. Schon das war falsch und hat nur zu Enttäuschungen geführt.

Selber war meine Mutter überempfindlich, schnell beleidigt und nachtragend. Sie war mal rund 20 Jahre (!) lang aus völlig nichtigem Anlass mit einer Freundin verkracht. Nämlich nur, weil deren Mann sich bei einer zufälligen Begegnung an einer Tankstelle meinen Eltern gegenüber darüber beklagt hatte, dass sie nicht zu deren Silberhochzeit erschienen waren (meine Eltern hatten aber von dem befreundeten Ehepaar keine ausdrückliche Einladung erhalten und waren deshalb nicht einfach so vorbeigekommen). Die Freundin meiner Mutter war bei dieser Begegnung an der Tankstelle gar nicht dabei gewesen. Ein halbes Jahr später schrieb sie meiner Mutter sogar zum Geburtstag, sie könne sich die Funkstille nicht erklären, sie hätten doch früher als gute Arbeitskolleginnen selbst als junge Mädchen im 2. Weltkrieg in Freud und Leid immer zusammengehalten. Sie wollte also einlenken und ließ deutlich erkennen, dass ihr an der Freundschaft etwas lag. Aber meine Mutter war so dickköpfig und so wenig konfliktfähig, dass sie nicht bereit war, der Freundin zu antworten und ihr zu erklären, warum sie sich über eine Bemerkung von deren Ehemann geärgert hatte. Im Grunde war es doch nur eine Lappalie. Erst fast 20 Jahre später, als die Freundin sie zum 65. Geburtstag einfach wieder angerufen hat, kam wieder ein Kontakt zustande. Völlig übertrieben. Eigentlich hätte mein Verstand mir damals schon sagen müssen, dass eine Frau, die so reagiert, mich nicht im Geringsten zum Thema Freundschaften, Erwartungen und Grenzen beraten kann.

Heute weiß ich, dass man Freundschaften nicht mit Erwartungen überfrachten darf und dass das Verhältnis in den allerseltensten Fällen so innig ist wie etwa bei Geschwistern, die sich supergut verstehen. Man kann und sollte sich Freundschaften auch nicht durch besonderes Wohlverhalten und besondere Bemühungen und Gefälligkeiten verdienen wollen, sonst wird man nur enttäuscht. Die Menschen sind auch immer weniger freundschaftsfähig und verstehen unter "Freundschaft" heute nur noch Networking, am besten zum überwiegenden eigenen Vorteil oder zum Prahlen und zur Statuserhöhung, wenn es einflussreiche "Freunde" sind. Wer in der Hinsicht zu wenig zu bieten hat, fällt von vornherein durch's Raster.

Meine Eltern waren ihren Mitmenschen gegenüber zu gutmütig und zu hilfsbereit und wurden letztlich nur ausgenutzt. Mein Vater war als kaufmännischer Angestellter einige Jahre bei einer Firma beschäftigt, die Elektrogeräte vertrieb. Er bekam dadurch viele Geräte mit Ermäßigung. Gutmütig wie er war, hat er auch den Eltern meiner o.g. Freundin, die vier Kinder hatten, mal eine Spülmaschine sehr preiswert besorgt. Als diese Eltern sich mal an einem Feiertag mit Bekannten getroffen und auf der Wanderung ihren Autoschlüssel verloren hatten, brachte er ihnen mit seinem Wagen ihren Ersatzschlüssel immerhin 30 km nach (zu der Zeit studierten meine ehemalige Schulfreundin und ich bereits). Sicher hat er es gut gemeint, wollte mir damit Türen öffnen und hat gedacht, dass diese Leute mir gegenüber dann auch etwas gefälliger wären. Waren sie aber nicht. Wenn sie (in allen Schulferien) in Urlaub in ihr Ferienappartement fuhren, musste ich jeden Morgen die Zeitungen aus ihrem Briefkasten holen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich auch nur ein einziges Mal eine kleine Anerkennung von ihnen dafür bekommen hätte, nicht mal eine Tafel Schokolade. Das hätte meinen Eltern doch auch auffallen müssen. Wenn diese Schulfreundin mit ihrer Schwester in den Ferien Auslandsaufenthalte in Gastfamilien in England oder Frankreich absolvierte, erfuhr ich das erst am Tag zuvor - so als ob ihre Eltern Sorge gehabt hätten, ich hätte mich auch dazu angemeldet und ihrer Tochter, die in Fremdsprachen wesentlich schlechter war als ich, die Schau gestohlen.

In den ersten Jahren der Studienzeit (ich pendelte zur nächstgelegenen Uni und studierte dort Jura, sie studierte Medizin, natürlich auswärts) hatte der Vater der Freundin mal gemeint, ich könne doch auch mal ein paar Tage mit seiner Tochter in dem Ferienappartement der Familie in Süddeutschland verbringen. Es war sogar schon ein Termin ausgemacht. Der Vater hatte beruflich in dem Zeitraum ohnehin in Süddeutschland zu tun und wollte mich mit dem Auto mitnehmen und dort absetzen. Meine Freundin studierte zu der Zeit im Saarland und wäre von dort aus separat angereist. Dann rief ca. zwei Wochen vor dem geplanten Termin ihre Mutter bei mir an und sagte ab, weil es momentan ganz ungünstig sei und meine Freundin schon ein oder zwei Studienkolleginnen zugesagt habe, mit ihnen dorthin zu fahren. Es wäre dann zu wenig Platz in dem Appartement. Es war auch danach nie mehr davon die Rede, und wenig später war sowieso erst mal 15 Jahre lang komplette Funkstille zwischen uns, weil die Freundin sich einfach nicht mehr gemeldet hat und es mir dann auch zu blöd war, ihr noch nachzulaufen; ich hatte mit meiner Examensvorbereitung genug zu tun. Ich habe das besagte kleine Ferienappartement bis heute nicht zu sehen bekommen, war wohl nicht gut genug dafür. Klar, Abitur war vorbei, ich war abgemeldet, nun waren andere Kontakte wichtiger. So läuft so etwas.

Als die besagte ehemalige Schulfreundin 50 Jahre alt wurde, bestand wieder ein loser Kontakt. Ich war zum Kaffeetrinken eingeladen und lernte bei dieser Gelegenheit auch zwei ihrer ehemaligen Studienfreundinnen kennen. Eine stammte aus Süddeutschland, Vater war immerhin Leiter eines Gymnasiums gewesen, Eltern besaßen eigenes Ferien"häusle" am Bodensee etc. pp. (das erwähnen Leute aus gehobenen Kreisen ja immer gern "beiläufig", damit man gleich weiß, mit wem man es zu tun hat :rolleyes:). Auf der Feier erfuhr ich dann, dass sie mit dieser Studienfreundin aus besserem Hause während des Studiums allerlei Bildungskurzreisen gemacht hatte, u.a. nach Wien. Mit einer Gruppe anderer Studenten hatten sie auch eine Radtour durch die Toskana gemacht. Dafür war dann komischerweise auch genügend Geld da. Klar, da war ich als Freundin natürlich nicht mehr interessant. Meine Eltern hatten ja auch nur nur Volksschulbildung, waren kleine Angestellte und hatten mühsam ihr Ende der 1950er Jahre erbautes, freistehendes Siedlungshäuschen mit Garten abbezahlt. Ein Ferien"häusle" oder -appartement, Skiurlaube, ein auswärtiges Studium und längere Auslandsaufenthalte waren bei uns finanziell nicht drin. Meine Verwandten waren bestenfalls Handwerker oder ebenfalls kleine Angestellte. Ich war in der ganzen Verwandtschaft weit und breit die erste Abiturientin und Studentin. Das ganze Milieu war der Familie meiner Freundin wohl zu "kleinbürgerlich", auch wenn ich selber eine wesentlich bessere Schülerin war als sie und zu den besten Abiturienten meiner Jahrgangsstufe gehörte.

Hätte ich Kinder gehabt, so hätte ich darauf geachtet, dass sie in Freundschaften nicht mehr investieren, als sie auch zurückbekommen, und ihnen mehr Gefühl für ihren eigenen Wert vermittelt. Diese Zeitungsabholgeschichte hätte ich als Mutter unter den gegebenen Umständen auch nicht mitgemacht. Mir wäre es nämlich umgekehrt niemals eingefallen, solche Gefälligkeiten über mehrere Jahre in allen Schulferien von einer Schulfreundin meiner Tochter in Anspruch zu nehmen, ohne der betreffenden Jugendlichen die geringste kleine Anerkennung dafür zukommen zu lassen, die über ein bloßes "Danke" hinausgeht. Irgendein kleines Mitbringsel aus dem Urlaub (muss nichts Übertriebenes sein) oder ein kleines Taschengeld würde ich da schon für angebracht halten. Aber meine Eltern, vor allem meine Mutter, haben mich leider zu übertriebener Bescheidenheit erzogen. Damals wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, dass man mir dafür eine kleine Anerkennung hätte geben können. Erst heute, als Erwachsene im fortgeschrittenen Alter, erkenne ich, dass ich teilweise ganz schön ausgenutzt worden bin.

Das ist nun eine ganz andere Geschichte als die der TE, die aber hoffentlich dennoch hilfreich für sie und andre User/innen ist. Wenn man - warum auch immer - in zwei verschiedenen Welten lebt, muss man schon aus Achtung vor sich selbst rechtzeitig die Konsequenzen ziehen und den Kontakt beenden. Sonst tut man sich selbst nur umso nachhaltiger weh.
 
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