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Ist so eine Frage im Bewerbungsgespräch angemessen oder wollte man mich demütigen?

G

Gast

Gast
Hallo liebe Forumsgemeinde,

ich bin männlich, 35 Jahre alt.
Ich habe eine Ausbildung zum Marketingkaufmann gemacht und nach der Prüfung noch 2 Jahre in dem Unternehmen gearbeitet wo ich die Ausbildung gemacht habe.
Danach wollte ich mich mal verändern und bewarb mich anderweitig, was auch schnell klappte. Ich fand einen neuen Job, der mir auch viel Spaß machte. Nach ein paar Jahren wurden aber Stellen abgebaut und ich als der jüngste und zuletzt dazugekommene musste leider gehen.
Nach längerer Arbeitslosigkeit fand ich einen neuen Job, den ich aber nicht sehr lange behielt, weil 2 Kollegen es auf mich abgesehen hatten und mich übelst mobbten. Ich bat den Vorgesetzten um Kündigung, um keine Sperre vom Arbeitsamt zu bekommen.

So, jetzt bin ich auch schon wieder seit 1,5 Jahren auf Stellensuche.
Ich habe mich gefreut, als ich die Annonce eines Unternehmens las und deren Anforderungsprofil mich sehr ansprach.
Noch mehr habe ich mich gefreut, als die Einladung zum Vorstellungsgespräch kam. Dieses fand heute Nachmittag statt.

Der Personalchef war nicht übermäßig freundlich. Er wirkte etwas zynisch auf mich.
Er fragte mich ganz direkt ob ich zur Zeit von Hartz IV lebe, da ich ja schon über ein Jahr arbeitslos bin. Das musste ich nun mal leider bejahen. Machte sicher keinen guten Eindruck denn Hartz IV hat bei vielen leider so einen blöden Beigeschmack.
Dann fragte er so ironisch, wie man sich das denn vorzustellen habe wenn jemand den ganzen Tag zu Hause sitzt. Was man denn den ganzen Tag so macht.
Ich fand diese Frage komisch und ärgerte mich auch darüber. Denn jeder Personaler kann sich denken, daß man nicht den ganzen Tag Bewerbungen schreibt. Ich sagte, daß die Zeit für mich schnell vergeht. Ich mich viel mit dem Computer beschäftige, ein bisschen Sport mache und meine Mutter viel unterstütze, die vor ein paar Monaten eine schwere Operation hatte.
Beeindruckt hat ihn das wohl nicht. Ich habe keine Ahnung, was ich sonst hätte antworten sollen. :-(

Er will sich im Laufe der nächsten Woche bei mir melden.
Ich weiß jetzt nicht, wie ich darüber denken soll.

Kann es sein daß er mir das angekreidet hat, mich aus der Arbeitslosigkeit heraus beworben zu haben?
 
G

Gelöscht 60940

Gast
Hm, schwierig. Es könnte viele Gründe dafür sein.

Zum einen ist der "Interviewer" auch ein Mensch, der Interesse zeigen kann, weil er etwas nicht kennt.
Er persönlich kennt das Leben als "Hartz-4ler" scheinbar nicht, vielleicht wollte er deswegen gerne wissen, wie der Alltag so aussieht. Das muss nicht grundsätzlich demütigend gewesen sein. Es kann aber auch schon sein, dass er Vorurteile dafür hat. Das haben viele. Aber da muss man drüber stehen. Diese Vorurteile gelten nicht der eigenen Person, sondern dem was der Verurteilende kennt, gehört hat, anerzogen bekommen hat oder selbst entwickelt hat durch bestimmte Freundeskreise etc.

Sicherlich fühlst du dich nicht gut deswegen, das heißt aber nicht, dass du nicht darüber stehen kannst. Du hast dir diese Situation nicht zwangsläufig ausgesucht. Es ist nunmal wie es ist. Und es haftet nunmal ein Stigma an deiner Situationsbeschreibung. Aber oft muss man Menschen nur vom Gegenteil überzeugen um ihre Vorurteile von der betreffenden Person abzulenken (das heißt nicht, dass sie ihre Vorurteile verlieren. Das ist nicht ganz so einfach. Aber sie werden neue Ansichten auf eine Person bekommen.)

Im Grunde hast du schon was gutes gesagt, eine ehrliche Antwort. Ich musste auch öfter schon meine Arbeitslosigkeit erklären. Oft aber weiß ich wie Menschen darauf reagieren. Und zwar mit Interesse, welche nicht grundlegend positiv sein muss, aber oft eine Ebene für ehrliche und kommunikative Gespräche bieten. Ich erkläre meine Situation dann, aber so, dass ich nicht gleich meine ganze Vergangenheit auf den Tisch knallen muss sondern einfach wie es IST.
Bewerbungsgespräche sind oft sehr förmlich, was, wie ich finde, auch oft keinen großen "Unterhaltungswert" hat. Und das ist was im Endeffekt wirklich punktet. Menschen möchten entertaint werden und Leichtigkeit im gemeinsamen Umgang empfinden. Also ist es eigentlich vollkommen egal ob du Hartz4 beziehst oder nicht, du musst es nur richtig verkaufen, bzw rüberbringen. Oft muss man einfach nur die Person in die Geschichte einbeziehen, sie Teil von der eigenen Situation werden lassen. Darauf stehen Menschen halt, sobald sie Teil einer Geschichte werden, haben sie das Gefühl, auch etwas bewirken zu können.

Im Grunde sind solche Fragen also eigentlich für dich immer positiv, wenn du weißt wie du sie nutzen kannst. Falls du den Job nicht bekommst, dann kannst du das vielleicht für dein nächstes Gespräch mal üben.

Einfach locker sein, entspannt und über den Dingen stehen. Wie gesagt, ist auch nur ein Mensch, der vor dir sitzt. Er hat vielleicht einen höheren Machtstatus, aber kann genauso Angst vor kleinen Spinnen haben. Und Arbeitslosigkeit, na ja, kann man halt sehen wie man will. Das kann man halt nicht ändern und sich deswegen entmutigen zu lassen wäre sehr feige.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Hallo, Gast,

ich denke nicht, dass der Personalchef Dir übelnahm, dass Du Dich aus der Arbeitslosigkeit heraus beworben hast. Es ist doch gerade sehr sinnvoll, sich zu bewerben, wenn Arbeitslosigkeit droht oder man bereits ohne Arbeit ist.

Deine Bewerbung war schon gut und sehr sinnvoll.

Die Fragen nach Deinen Tätigkeiten - jetzt in der Arbeitslosigkeit - zielen auf Deine Motivation und Deine Fähigkeiten ab, etwas für Dich Sinnvolles zu tun. Der Mann wollte sicher wissen, ob Du Deine Zeit planlos verplemperst oder nicht. Bist Du jemand, der aktiv alles tut, was für die Zukunft wichtig sein könnte?

Wenn jemand das Reiten liebt und die Pferde, dann - selbst wenn er noch nie ein Pferd bewegt hat - wird alles über Pferde und Reiten in Erfahrung bringen. An dem was er tut und wie sein Zimmer aussieht, erkennt man, wie wichtig ihm Pferde und das Reiten sind.

Es gibt Menschen, die sagen von sich "Pferde sind mein Leben". Kannst Du etwas ähnlich Leidenschaftliches von Dir und Deinem Beruf sagen?

Du musst nicht die ganze Zeit Marketingbücher und Zeitschriften lesen. Aber irgendwie sollte durch Deine Antworten erkennbar werden,
- dass Dein Beruf nicht nur irgendein Job ist
- dass man Dir nicht erst sagen muß, was Du Sinnvolles tun kannst (Eigeninitiative = Selbstständigkeit)
- dass Du dich bei dem Unternehmen X bewirbst, weil Deine Fähigkeiten und Kenntnisse sowie Erfahrungen zu dem gesuchten Profil bestens passen.

Ob Deine Antworten ausgereicht haben? Ich wünsche es Dir.

Solltest Du den Arbeitsplatz nicht erhalten, dann hast Du jetzt einen Lerneffekt und kannst Dich um so qualifizierter weiter bewerben.

Alles Gute,
Nordrheiner
 
G

Gast

Gast
Der Personalchef war nicht übermäßig freundlich. Er wirkte etwas zynisch auf mich. (...)
Dann fragte er so ironisch, wie man sich das denn vorzustellen habe wenn jemand den ganzen Tag zu Hause sitzt. Was man denn den ganzen Tag so macht.
Das finde ich grenzüberschreitend und anmaßend.

Ich finde es verständlich, dass man hinterfragt, warum der Bewerber arbeitslos ist, aber DASS er es ist, geht aus dem Lebenslauf hervor. Es gibt auch einen Unterschied zwischen: "Wie gestalten Sie Ihren Alltag ohne Arbeit, wie verbringen Sie Ihre Zeit?" und einer Frage, die gleich impliziert, dass der Bewerber sich nur den ganzen Tag zu Hause den Hintern plattsitzt.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Diese Art zu fragen ist eine Provokation, keine Frage.
Die Provokation kann man als "spontanen" Test verstehen: Wie geht der Bewerber mit Provokationen um?
Lässt er sich aus der Ruhe bringen? Wie souverän ist der Bewerber?

Je bewusster ein Mensch lebt, je mehr er über die Frage nachdenkt "warum tue ich was ich tue?" um so souveräner kann er auch mit solchen durchaus grenzwertig empfundenen Provokationen umgehen.
 

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