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Ich kann so irgendwie gar nichts :(

Nachtmond

Mitglied
Ich schreibe, weil ich mich wieder einmal in einem Tief befinde. Vorweg eine kurze Vorstellung: Ich bin 23, männlich und leide seit etwa 10 Jahren an schweren Depressionen. Kombiniert mit der Sozialphobie bin ich gefühlt der Standard unter depressiven Menschen.

Seit einiger Zeit mache ich mir viele Gedanken um die Welt an sich und welche Rolle ich in dieser einnehme. Egal wo ich hinschaue, fast alles ist vom Menschen geschaffen. Selbst beim Blick in den Himmel sieht man ab und an mächtige Maschinen fliegen. Die Straßen, auf denen ich gehe, die sind von Menschen geschaffen. Die riesigen Gebäude, die ich betrete, sind vom Menschen geschaffen. Das Haus in dem ich lebe, haben Menschen geschaffen. Alles da drin, der Heizkörper, die Wasserleitungen, Stromleitungen, alles ist von Menschen geschaffen. Ich bin fasziniert, zu was der Mensch alles in der Lage ist. Ich meine, wie genial sind doch so alltägliche Dinge wie der Wasserhahn, aus dem auf magische Weise Wasser fließt? Wir haben Geräte wie die Mikrowelle, einen Kühlschrank, mehrere Uhren, Computer, Smartphones, einen Herd, eine Waschmaschine. Alles alltägliche Dinge.

Das Problem, das ich mit diesen alltäglichen Dingen habe, ist: Ich habe nichts davon geschaffen. Zu nichts davon habe ich beigetragen, ich weiß nicht einmal ansatzweise wie das Zeug gebaut wird. Alles was ich zum Leben brauche, erscheint auf magische Weise in Geschäften. Wir waren mehrmals auf dem Mond und fliegen regelmäßig ins All. Erstaunlich, was der Mensch alles kann... außer ich. Ich kann nichts. Ich kann nicht einmal den wertlosen Müll herstellen, den wir täglich wegschmeißen. Aber es gibt Menschen, die das tun können. Im Vergleich zu diesen Menschen fühle ich mich heftig wertlos.

Ich würde gerne etwas erschaffen können. Etwas bauen, irgendetwas wovon die Menschheit irgendwie profitiert. Beruflich bin ich Fachinformatiker, genauer gesagt Webentwickler. Und bevor jemand sagt, damit ich könne ich etwas Besonderes, dem will ich aufzeigen, dass ich nichts komplexes programmieren kann. Ich entwickle keine aufwendigen Anwendungen, keine umfangreichen Schnittstellen, keine tollen Spiele. Was ich tue ist, Rechtecke mit Bildern auf dem Bildschirm zu positionieren und beim Anklicken ein paar andere Rechtecke anzuzeigen. Kein Hexenwerk. Selbst wenn es etwas Besonderes wäre: Mein Endprodukt hilft niemandem essentiell weiter. Es hat keinen Wert. Es ist nichts im Vergleich zu denen, die Raketen bauen. Es ist auch nichts im Vergleich zu denen, die Häuser bauen.

Im Grunde bin ich so primitiv wie ein Affe im Dschungel. Ich kann Werkzeuge benutzen, um eine Nuss zu knacken, aber ich kann meine Umwelt nicht verändern. Ich weiß ja nicht einmal, wie man einen Stein herstellt. Ich würde gerne etwas erschaffen, weiß aber nicht wie. Handwerklich bin ich ohnehin extrem unbegabt, in der Schule verzweifelte ein Lehrer an mir, weil ich auf Teufel komm raus kein Holz sägen konnte. Es muss doch irgendetwas geben, das ich zu dieser Welt beitragen kann?
 

Herr Flug

Aktives Mitglied
Du hast einen Text "geschaffen" bzw. geschrieben, der mich zum nachdenken gebracht hat, mein Alltag war mir wohl etwas zu selbstverständlich, nun denke ich grade darüber nach, das es nicht so ist, ich danke dir.:blume:

Damit liegst du ja schon einmal mit deiner Aussage falsch, das du gar nichts kannst. Du reflektierst deine Umgebung sehr genau, verstehst ihre Komplexität und beziehst dies auf dein eigenes Leben, ich finde das ist allerhand, aber auch etwas blockierend.

Nicht jeder von uns kann Raketenwissenschaftler sein, und sich ständig mit so welchen Leuten zu vergleichen, das macht nicht Glücklicher.

Du scheinst unzufrieden mit deinen Beruf zu sein. Deswegen frage ich dich; "Wenn du alles ändern könntest, was würdest du machen?"

Egal was deine Antwort ist, die Überraschung die ich führ dich habe, du kannst es ändern, alles.

Depression ist ein verdammt großer Schweinehund, auf mir lag der auch mal. Alles ist nutzlos, und man selbst an nutzlosesten, und all das Elend ist Gott gegeben...Falsch!
Depression lässt einen das glauben, die Depression möchte, das du genau so denkst, das du warten musst, bis das Glück von außen kommt, das du damit leben musst, das dein Alltag trist und grau ist.

Aber das ist nicht so. Im verlauf deiner Behandlung wirst du feststellen, das Glück aus dir heraus kommt, es ist eine Entscheidung die man treffen kann, aber Depression macht das Unglücklich sein, das Grübeln und das "Schwarz-Weiß" Denken zu einer Sucht, und diese musst du erst besiegen, das klappt gut, indem du dir das Glück in kleinen Dosen, Tag für Tag "einimpfst". Ein kleines Lachen, an dich selbst in den Spiegel. Ein Herbstspaziergang, oder ein Kaffee den du dir einfach mal so mit einen Stück Kuchen gönnst, ohne besonderen Anlass, einfach so, weil du dir das verdient hast.

Irgendwann ist deine Depression dann sehr klein, und bald darauf ganz verschwunden, und dann steht dir nichts mehr im Weg.

Weißt du was ich gemacht habe, als ich merkte, das dieser Schweinhund verschwunden ist? Ich habe meinen Job gekündigt den ich sehr gehasst habe, bin nochmal zurück zur Schule gegangen und bin nun Studierender und jeden Tag richtig Glücklich. Ich werde keine Computer bauen, und erst recht keine Straßen, aber ich fühle mich sehr gebraucht und akzeptiert, ich finde das ist das wichtigste im Leben.

Dir viel Glück, und lass deinen Schweinhund nicht so schlecht von dir denken, du bist bestimmt ein toller Mensch, vergesse das nie.

Ps: Ich bin nicht dazu fähig Quadrate mit Bildern rum zu schieben, wollte erst kürzlich eine Geburtstagskarte erstellen....

Herr Flug
 

Nachtmond

Mitglied
Danke für eure Antworten. :)

Nicht jeder von uns kann Raketenwissenschaftler sein, und sich ständig mit so welchen Leuten zu vergleichen, das macht nicht Glücklicher.
Zugegeben, es fällt mir ziemlich schwer das nicht zu tun. So vieles auf der Welt ist für mich eine Raketenwissenschaft, von der ich gerne eine Ahnung hätte. Daher der andauernde Vergleich wie "die Straßen sind voller Pflastersteine, ich kann keinen einzigen herstellen".

Du scheinst unzufrieden mit deinen Beruf zu sein. Deswegen frage ich dich; "Wenn du alles ändern könntest, was würdest du machen?"
Tatsächlich befinde ich mich in meinem früheren Wunschberuf und in einem guten Arbeitsumfeld. Ich wollte immer programmieren. Aber im Vergleich dazu was es gibt, fühlt sich meine Arbeit irrelevant und mein Können sich gering an. In App Stores gibt es zahlreiche sinnlose Spiele, aber von der Programmierung her sind diese alle viel komplexer als das was ich kann. Wenn ich also alles ändern könnte, würde ich mich allgemein in Richtung Software- oder Spielentwicklung weiterentwickeln. Ortsbedingt ist ein Wechsel aber schwierig, und depressionsbedingt muss ich meinen derzeitigen Alltag erst einmal regelmäßig hinbekommen - mein Arbeitgeber ist sehr tolerant was meine unzuverlässigen Fehlzeiten angeht, das finde ich so schnell kein zweites Mal. :)

Du vergleichst dich mit dem Werk der gesamten Menschheit. Bei diesem Gleichnis kannst du nur verlieren. Du musst lernen deine Ziele realistischer zu setzen.
Ich war schon immer introvertiert und habe alles alleine gemacht. Das funktionierte, bis ich gemerkt habe, aus wie viel mehr die Welt eigentlich besteht - und davon eigentlich nichts alleine schaffbar ist. Die Abhängigkeit zu anderen Menschen stört mich, vor allem zu solchen die intelligenter und begabter sind und sozusagen die Welt voranbringen. Ich bin nur der langweilige Durchschnitt, der von deren Leistungen lebt, ohne mitwirken zu können.


 

Daoga

Urgestein


Ich war schon immer introvertiert und habe alles alleine gemacht. Das funktionierte, bis ich gemerkt habe, aus wie viel mehr die Welt eigentlich besteht - und davon eigentlich nichts alleine schaffbar ist. Die Abhängigkeit zu anderen Menschen stört mich, vor allem zu solchen die intelligenter und begabter sind und sozusagen die Welt voranbringen. Ich bin nur der langweilige Durchschnitt, der von deren Leistungen lebt, ohne mitwirken zu können.


Der langweilige Durchschnitt ist aber auch nötig. Ohne Durchschnittsmasse keine "Überflieger". Auch Deine Leistung, auch wenn es nur normal und Durchschnitt ist, auch Deine Steuern die Du zahlst, auch wenn es nicht so viel sind wie bei einem Reichen (oder zahlen die sogar weniger? :rolleyes: ) finanzieren die Leistungen derer, die die Welt voranbringen.
Egal wie klein Dein Anteil am Getriebe der Welt ist: es ist trotzdem ein Anteil. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist, wenn es in Mengen kommt, und die meisten von uns rangieren unter "Kleinvieh".
Wer von uns, die hier mitschreiben, haben denn schon mal was beachtliches geleistet? Fehlanzeige bei den meisten, schätze ich mal, unsereins darf sich schon glücklich schätzen, wenn wir es schaffen, unser eigenes Haus in Ordnung zu halten. Ganz ohne daß wir noch Häuser für andere bauen.
Überlaß die "großen Leistungen" gerne denen, die dafür besser geeignet sind. Kümmer Dich ruhig um Deine eigenen, kleinen Dinge, Dein kleines Leben, versuch so viel Glück für Dich persönlich dabei herauszuholen wie geht ...
aber sei allzeit bereit.

Hin und wieder schneien nämlich auch große Dinge in die Häuser des Kleinviehs, und dann solltest Du bereit sein, den angreifenden Stier bei den Hörnern zu packen und Deine "5 Minuten Ruhm" zu ernten. Wann es passiert, ob es überhaupt jemals passiert .... weißt Du nicht, das weiß niemand vorher.
Aber sei allzeit bereit, für alles offen. Damit es nicht an Dir vorbeigeht, wenn es mal passieren sollte.
 

Daoga

Urgestein
Ich würde gerne etwas erschaffen können. Etwas bauen, irgendetwas wovon die Menschheit irgendwie profitiert. Beruflich bin ich Fachinformatiker, genauer gesagt Webentwickler. Und bevor jemand sagt, damit ich könne ich etwas Besonderes, dem will ich aufzeigen, dass ich nichts komplexes programmieren kann. Ich entwickle keine aufwendigen Anwendungen, keine umfangreichen Schnittstellen, keine tollen Spiele. Was ich tue ist, Rechtecke mit Bildern auf dem Bildschirm zu positionieren und beim Anklicken ein paar andere Rechtecke anzuzeigen. Kein Hexenwerk.
Selbst das könnte ich wahrscheinlich nicht. Ich klopfe dagegen von Berufs wegen Zahlen in den Composter. Rechne sie aus, nach Schema F, ermittel die Daten die ich dazu brauche, spiele manchmal Sherlock Holmes, wenn die Daten nur mit List und Tücke und Recherchen zu kriegen sind (irgendeine Hintertür findet man mit viel Überlegen immer), und wenn ich an zu schwierige Fälle gerate, schiebe ich die gerne an die besser bezahlten und speziell dafür ausgebildeten Kollegen weiter.
Auch das ist Durchschnitt. Kleinvieh-Mist. Und trotzdem wichtig, weil andere Stellen wieder von meinen Zahlen abhängen.
So wie Dein Arbeitgeber von Dir, sonst würde er Dich nämlich nicht beschäftigen.
Also mach ihn glücklich, indem Du so gut wie möglich arbeitest, und vergiß nicht, nebenbei selber so viel Spaß zu haben wie geht. In der Freizeit oder auch im Job, wenn sich das so ergibt.
 

Daoga

Urgestein
Die alleskönnenden Allround-Genies a la Leonardo da Vinci gab es früher mal, heute sind die meisten Berufe viel zu spezialisiert, als daß man noch in einer Vielzahl von Bereichen gleichermaßen zu den Besten gehören könnte. Selbst wenn man ein Überflieger ist, aber dann ist man (zwangsläufig) meistens ein Fachidiot, der für andere Themen, egal wie interessant, schlicht keine Zeit hat. Da ist man als reiner Konsument schwer im Vorteil, man kann überall hineinschnuppern, was einen interessiert.
 

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