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Gast
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Vorab: ich bin 20 und männlich (falls sich jemand mit meiner Geschichte identifiziert).
Ich bitte um Verzeihung, falls manche Textpassagen nicht ganz ernst oder vor allem etwas obszön herüberkommen; das ist wohl meine einzige Art, die ich mit der Zeit entwickelt habe, mit dem Thema umzugehen.
Ebenso entschuldige ich mich für manche, an mich selbst gerichtete, Beleidigungen, die nur merkwürdigerweise genau das darstellen, was jeder von mir gedacht hat oder immer noch denkt.
Falls Manches etwas wirr rüberkommt, so entschuldigt das doch bitte auch. Unklares kann gerne erfragt werden.
Ebenso warne ich schon mal vor, dass der Text überdurchschnittlich lang wird. Wer ihn nur überfliegt, soll bitte den Thread verlassen, denn das sind zu viele Infos, um sie zu überfliegen.
____________________________
Ich habe schon mehrere Threads hier verfasst, bisher hat es leider nichts gebracht, daher versuche ich es nochmal, alles in einem Thread zu erzählen - mein beschissenes Leben.
Wobei, so beschissen fing es garnicht an. Eine liebende Mutter und einen liebenden Vater (okay, zumindest dachte ich das eine ganze Weile), eine eigentlich wunderbare Kindheit, mit vielen "Freunden" (naja, viele haben mich wohl nur dank meiner tollen Unterhaltungselektronik ausgenutzt, was ich damals aber natürlich nicht wusste und es im Prinzip für meine Kindheit irrelevant gewesen ist), aber ansonsten war meine Kindheit eine der Besten, die man sich nur wünschen kann.
Das einzige Manko: Sie ging viel zu schnell vorbei. Viel zu schnell wurde ich ins kalte Leben hineingeworfen, in dem man als gut Erzogener nichts verloren hat.
Als jemand, der eigentlich schon immer etwas anders war als die Anderen, der vernünftiger war und stets pflichtbewusst, zu dem die Erwachsenen immer festhalten mussten, wie wohlerzogen ich doch bin, bekam ich natürlich irgendwann Probleme.
Kinder sind da anders, sie nehmen einen wie man ist und akzeptieren ihn.
Ich war eigentlich schon immer etwas, sagen wir mal, energischer, konnte schon immer schnell auf die Palme gebracht werden.
Ich wurde nicht bösartig oder verletzend, aber schon etwas lauter. War wohl das Temperament, das ich von meinem Erzeuger geerbt habe. Kontrollieren konnte ich es auch nicht. War wohl meine Art.
Ich weiß nicht, ob ich die Wutausbrüche meines Erzeugers meiner Mutter gegenüber mitbekam und das auf diese Persönlichkeit Auswirkungen hatte oder ob es an meiner Krankheit liegt.
Ach, wo wir schon bei meiner Krankheit sind: Diese Scheiße hat mir immer nur genau das eingebracht: Scheiße. Meine Mutter und ich durften sich stets in jeder Schule, die ich auch nur besucht habe, um mich dafür zu rechtfertigen, dass ich mir halt nicht vor meiner Geburt mein Tourette Syndrom weggewünscht habe. Oder nein, noch besser: Dass ich mir nicht vor meiner Geburt schon die Pulsadern aufgeschnitten habe.
Kann man ja scheinbar von mir erwarten.
Einen Großteil der Schuld an dieser Situation dürfen sich auch die Medien zusprechen, diese Medien, die statt wirklicher Aufklärung nur den fluchenden Spasti von nebenan darstellen.
Dass am Tourette Syndrom noch viel mer dran ist, als nur das Ausstoßen irgendwelcher Obszönitäten, das war jedem egal.
War ja nicht zu spektakulär genug.
Und genau dieses Halbwissen hat mir meine schlimmste Zeit des Lebens eingehandelt.
Meiner Mutter und ich haben den einen Fehler gemacht, bei einem mobbingbedingten Schulwechsel diese Krankheit zu verschweigen.
Hätten wir das getan, wäre uns vermutlich einiges erspart geblieben.
Vor allem wohl der """wütende""" Anruf des Direktors, der so nach dem Motto "Ja, hören Sie mal, wussten Sie eigentlich, was für einen Spasti Sie aufgenommen haben?" von meiner zu diesem Zeitpunkt noch aktuellen Klassenlehrerin angerufen und vor allem aufgeklärt wurde, wer oder vor allem was ich ihrer Meinung nach war.
Das ist so eine Sorte Anruf, bei der man, sofern man jemandem mal davon erzählt, gleich danach ausfürhrlich reflektieren darf, ob man nicht aus Versehen vor einer bevorstehenden Alieninvasion gewarnt habe.
Solche Blicke erhält man dann, gefolgt von Sätzen, in denen immer die Schlüsselworte "Ach", "Quatsch", "das", "habt", "ihr", "nur" und "missverstanden" vorhanden sind.
Sind die Worte "Hören Sie mal, Sie verlogenes Miststück, warum haben Sie uns verschwiegen, dass Ihr Sohn (anm. von mir: Eigentlich meinte er wohl "Alien") am Tourette Syndrom leidet?" denn so missverständlich?
Und ja, das meine ich vollkommen ernst. Das sind Worte, die 1 so gesagt wurden.
Warum meine Mutter dann nicht sofort geschaltet hat und die Anmeldung rückgängig gemacht hat... ich kann es nur vermuten.
Vermutlich, weil sie nicht wusste, wie sie damit umzugehen hat. Sie sah die aktuelle Situation in der Schule und wollte wohl nur mein Bestes. Sie dachte wohl, dass es schlimmer nicht kommen kann. Aber weit gefehlt. Aber wer rechnet auch mit dem, was noch folgte?
Ich kam also in die Schule.
Tag 1: Verschüchtert durch die vorangegangenen Ereignisse auf der anderen Schule und dem daraus resultierenden Missvertrauen, den Anderen Gegenüber, war ich etwas apathischer und distanzierter. Hat man mir wohl angesehen, denn kaum jemand, hat mich mal angesprochen.
Ich war wohl zu uninteressant.
Meine Klassenlehrin hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sie etwas gegen mich hat.
Punkte in Klassenarbeiten wurden merkwürdigerweise nicht dazugerechnet, eine schlechtere Note wurde verteilt, obwohl ich die exakt gleiche Punktzahl wie ein anderer hatte, der merkwürdigerweise eine Note besser bekam, ich wurde aus dem Mathematik E-Kurs entfernt, weil sich bei mir herausgestellt hat, dass ich eine Brille brauche (mal abgesehen davon, dass dieser Grund förmlich nur nach "ich hasse dich" zu schreien schien, war es auch merkwürdig, dass sich meine Sehschwäche von jetzt auf gleich entwickelt hat).
Ich war immer ein guter Schüler, außer vielleicht teilweise in Mathe, aber das hielt sich im Rahmen.
In der Grundschule wurde mir im Zeugnis immer bescheinigt, wie wunderbar meine sprachlichen Kompetenzen doch seien und dass ich mich schon mit 6 vom Rest der Klasse deutlich abgehoben habe (soll keine Angeberei sein, sondern lediglich den Umstand verdeutlichen, dass ich auf garkeinen Fall der Schüler war, den sie mir immer ins Gehirn pressen wollten).
Ich war aber immer so, Schule war bereits in der Grundschule wichtig für mich, wenngleich Hausaufgaben wohl nicht zu meinen Lieblingsbetätigungen gehörten. Ich habe in der Schule stets mitgemacht, in Diktaten meistens immer eine 2 bekommen (wobei es abzüglich der Flüchtigkeitsfehler sicherlich zu einer 1 gekommen wäre).
Warum also wurde mir ab dem Wechsel immer eingeredet, ich sei schlecht? Besonders in Geometrie, in dem Bereich, wo ich von der 5. bis einschließlich zur 6. Klasse immer eine 1 oder 2 hatte.
Naja gut, mein Verhalten war wohl Grund genug, ein sogenanntes AO-SF Verfahren einzuleiten. Ein gelungener Geniestreich, wie man bald daraufhin feststellen durfte, denn genau dieses Verfahren hat mir eine Flucht aus diesem Internierungslager namens "Schule" verweigert. Keine Schule durfte mich mehr annehmen, ich war gefangen.
Die Lehrer konnten mich weiterhin fertig machen.
Gut, "die Lehrer" sollte man vielleicht präzisieren. Das war lediglich das "Dreigestirn" der Schule.
Anfänglich Englischlehrer, Klassenlehrerin, Sonderpädagoge, der mir zugeteilt wurde, später dann nach dem Rückzug des Englischlehrers (er hat wohl eingesehen, dass diese ganze Aktion schwachsinnig war) kam die Deutschlehrerin hinzu.
So, wie ging es dann weiter?
Meine Schulzeit war besetzt von Gewalt (psychich und physisch) mir gegenüber. An der Bushaltestelle wurde mir von hinten in die Kniekehle getreten, bevor ich auf dem Boden liegend bespuckt wurde.
Spucke, auch so ein Schlüsselwort, war es doch fast das Einzige, womit man mit mir kommunzierte.
In der Sporthalle, auf dem Übertragungsweg über meine Schuhe in der Umkleidekabine, in der Pause, indem man mir auf den Rucksack spuckte, etc.
In der Sporthalle bekam ich dann lustigerweise in jeder Stunde mindestens 10 Mal den Ball in die Fresse.
Damit lag ich so ca. 100% über dem Schnitt der anderen Schüler.
Wenn ich dann mit Lehrern darüber redete, war ich immer der, der übertrieb. Ich würde mir das doch alles einbilden, ich stelle mich immer als Opfer da, bla, bla, bla. Wieso auch nicht? Ich wurde doch in der Schule immer als "Opfer" bezeichnet. Dieses Argument war aber wohl wenig hilfreich, wenngleich es wohl eher eine Art subtiler Hilferuf war, den nur niemand geschnallt hat oder nicht schnallen wollte.
Endlose Gänge zum Anwalt und zum Schulamt (letztere sind übrigens die Ja-Sager der Nation), verzweifelte eigenständige Gänge zur Polizei, die natürlich mit den Worten "Wir haben für so einen Kindergarten keine Zeit" abgelehnt wurde und einen erfolglosen, auf dem Schulgelände durchgeführten Selbstmordversuch später, wurde ich dann endgültig in die Psychokiste abgeschoben.
Meine Persönlichkeit war im Grunde damals schon nicht mehr zu retten.
Ich war unveränderlich eingesperrt, in dem Käfig der Trauer, der seelischen Einsamkeit, allgemein der Person, zu der ich gemacht wurde.
Als es dann vor Gericht ging, hat das Schulamt eingelenkt und das AO-SF Verfahren eingestellt und ich durfte die Schule wechseln. Man wollte wohl verhindern, dass das Ganze publik würde und die Schule den schlechten Ruf bekäme, den sie ohne der von der Schule organisierten, öffentlichen Karnevalsveranstaltung, die allein dazu da ist, die Reputation der Schule zu wahren, wohl schon seit Jahren hätte.
Früher "Spast", heute darf noch ein "seelisch zerstörter" vorgehängt werden.
Eine Person, die mit keinem wirklich zurecht kommt, außer mit sich selbst.
Mein Vater hat sich pünktlich zu meinem 16. Geburtstag, übrigens mit den Worten "Du brauchst mich jetzt nicht mehr." und einem abschließenden Kinobesuch, von mir verabschiedet und seither nur noch vor Gericht gesehen.
Was mich aber aktuell am Meisten fertig macht, ist die Tatsache, dass ich aus bestimmten Gründen niemals Kinder haben werde.
Es macht mich fertig, dass ich irgendwann einsam sterben werde, in dem Gedanken niemanden hinterlassen zu haben, bei dem ich in den Gedanken weiterleben würde, da alle meine Verwandten dann schon längst tot sein werden, ich Einzelkind bin und vermutlich immer noch keine Freunde gefunden habe.
Ist es generell in meinem Alter merkwürdig, den innigen Wunsch zu besitzen, irgendwann mal Vater zu sein?
Liegt es vielleicht daran, dass ich das besser machen möchte, wozu mein Erzeuger niemals im Stande gewesen ist oder ist es einfach dieser Egoismus, nicht irgendwann einsam sterben zu müssen und nach meinem Tod vermisst werden zu wollen?
Kann sich das überhaupt jemand vorstellen, wie der Gedanke ist, irgendwann im Sterbebett zu liegen und zu wissen, dass außer dem Arzt, der 0,5 Mal am Tag vorbeischaut, niemand da ist, um sich zu verabschieden?
Wenn ich doch bloß einen wahren Freund hätte... Aber wie soll man den finden? Er muss doch zumindest das Selbe durchgemaht haben, wie ich. Und wie findet man so jemanden, außer über das Internet, was ich aber niemals in Betracht ziehen werde? Er würde niemals darüber sprechen, ich tu es genauso wenig. Die Verbindung würde sich ja niemals zeigen.
Ich war bereits bei einem Psychologen, da sich in 3 Jahren nur ein einziger mal zurückgemeldet hat. Zu dem gehe ich aber seit einigen Monaten nicht mehr, weil ich, aus welchen Gründen auch immer, nicht mit ihm so sprechen kann, wie ich mich fühle, da diese Phasen immer nur Schubweise kommen.
Wenn ich gerade nicht in dieser depressiven Phase bin, bin ich nicht in der Lage, darüber zu sprechen, was die gesamte Therapie unnütz macht. Außerdem gibt es eine Sache, über die ich nichtmal mit meiner Mutter sprechen würde, und ich mit meinem Psychologen sicherlich nicht einwandfrei über meine Persönlichkeit reden kann, im Gedanken, sowieso Geheimnisse zu haben, die ich eigentlich mit ihm besprechen müsste, ich es aber niemals können werde. Beim besten Willen nicht.
Ich bin nicht mehr das lebensfrohe und glückliche Kind von damals. Ich bin verbittert und in meinem Gesicht sieht man höchstens noch Glück, wenn ich so tue, als wäre da etwas.
Es macht mich einfach fertig. Ich hoffe, hier ist jemand, der das Gleiche durchmachen musste und es geschafft hat, diesem Gefängnis zu entfliehen. Wenn es dich geben sollte, bitte, ich flehe dich an, melde dich bitte hier und sag mir, was ich noch dagegen tun kann oder ob ich für den Rest meines verkackten Lebens vor dem PC hängen muss, um auch ja nichts mit Menschen zu tun zu haben, den Gedanken habend, ich werde einsam sterben.
Ich bitte um Verzeihung, falls manche Textpassagen nicht ganz ernst oder vor allem etwas obszön herüberkommen; das ist wohl meine einzige Art, die ich mit der Zeit entwickelt habe, mit dem Thema umzugehen.
Ebenso entschuldige ich mich für manche, an mich selbst gerichtete, Beleidigungen, die nur merkwürdigerweise genau das darstellen, was jeder von mir gedacht hat oder immer noch denkt.
Falls Manches etwas wirr rüberkommt, so entschuldigt das doch bitte auch. Unklares kann gerne erfragt werden.
Ebenso warne ich schon mal vor, dass der Text überdurchschnittlich lang wird. Wer ihn nur überfliegt, soll bitte den Thread verlassen, denn das sind zu viele Infos, um sie zu überfliegen.
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Ich habe schon mehrere Threads hier verfasst, bisher hat es leider nichts gebracht, daher versuche ich es nochmal, alles in einem Thread zu erzählen - mein beschissenes Leben.
Wobei, so beschissen fing es garnicht an. Eine liebende Mutter und einen liebenden Vater (okay, zumindest dachte ich das eine ganze Weile), eine eigentlich wunderbare Kindheit, mit vielen "Freunden" (naja, viele haben mich wohl nur dank meiner tollen Unterhaltungselektronik ausgenutzt, was ich damals aber natürlich nicht wusste und es im Prinzip für meine Kindheit irrelevant gewesen ist), aber ansonsten war meine Kindheit eine der Besten, die man sich nur wünschen kann.
Das einzige Manko: Sie ging viel zu schnell vorbei. Viel zu schnell wurde ich ins kalte Leben hineingeworfen, in dem man als gut Erzogener nichts verloren hat.
Als jemand, der eigentlich schon immer etwas anders war als die Anderen, der vernünftiger war und stets pflichtbewusst, zu dem die Erwachsenen immer festhalten mussten, wie wohlerzogen ich doch bin, bekam ich natürlich irgendwann Probleme.
Kinder sind da anders, sie nehmen einen wie man ist und akzeptieren ihn.
Ich war eigentlich schon immer etwas, sagen wir mal, energischer, konnte schon immer schnell auf die Palme gebracht werden.
Ich wurde nicht bösartig oder verletzend, aber schon etwas lauter. War wohl das Temperament, das ich von meinem Erzeuger geerbt habe. Kontrollieren konnte ich es auch nicht. War wohl meine Art.
Ich weiß nicht, ob ich die Wutausbrüche meines Erzeugers meiner Mutter gegenüber mitbekam und das auf diese Persönlichkeit Auswirkungen hatte oder ob es an meiner Krankheit liegt.
Ach, wo wir schon bei meiner Krankheit sind: Diese Scheiße hat mir immer nur genau das eingebracht: Scheiße. Meine Mutter und ich durften sich stets in jeder Schule, die ich auch nur besucht habe, um mich dafür zu rechtfertigen, dass ich mir halt nicht vor meiner Geburt mein Tourette Syndrom weggewünscht habe. Oder nein, noch besser: Dass ich mir nicht vor meiner Geburt schon die Pulsadern aufgeschnitten habe.
Kann man ja scheinbar von mir erwarten.
Einen Großteil der Schuld an dieser Situation dürfen sich auch die Medien zusprechen, diese Medien, die statt wirklicher Aufklärung nur den fluchenden Spasti von nebenan darstellen.
Dass am Tourette Syndrom noch viel mer dran ist, als nur das Ausstoßen irgendwelcher Obszönitäten, das war jedem egal.
War ja nicht zu spektakulär genug.
Und genau dieses Halbwissen hat mir meine schlimmste Zeit des Lebens eingehandelt.
Meiner Mutter und ich haben den einen Fehler gemacht, bei einem mobbingbedingten Schulwechsel diese Krankheit zu verschweigen.
Hätten wir das getan, wäre uns vermutlich einiges erspart geblieben.
Vor allem wohl der """wütende""" Anruf des Direktors, der so nach dem Motto "Ja, hören Sie mal, wussten Sie eigentlich, was für einen Spasti Sie aufgenommen haben?" von meiner zu diesem Zeitpunkt noch aktuellen Klassenlehrerin angerufen und vor allem aufgeklärt wurde, wer oder vor allem was ich ihrer Meinung nach war.
Das ist so eine Sorte Anruf, bei der man, sofern man jemandem mal davon erzählt, gleich danach ausfürhrlich reflektieren darf, ob man nicht aus Versehen vor einer bevorstehenden Alieninvasion gewarnt habe.
Solche Blicke erhält man dann, gefolgt von Sätzen, in denen immer die Schlüsselworte "Ach", "Quatsch", "das", "habt", "ihr", "nur" und "missverstanden" vorhanden sind.
Sind die Worte "Hören Sie mal, Sie verlogenes Miststück, warum haben Sie uns verschwiegen, dass Ihr Sohn (anm. von mir: Eigentlich meinte er wohl "Alien") am Tourette Syndrom leidet?" denn so missverständlich?
Und ja, das meine ich vollkommen ernst. Das sind Worte, die 1 so gesagt wurden.
Warum meine Mutter dann nicht sofort geschaltet hat und die Anmeldung rückgängig gemacht hat... ich kann es nur vermuten.
Vermutlich, weil sie nicht wusste, wie sie damit umzugehen hat. Sie sah die aktuelle Situation in der Schule und wollte wohl nur mein Bestes. Sie dachte wohl, dass es schlimmer nicht kommen kann. Aber weit gefehlt. Aber wer rechnet auch mit dem, was noch folgte?
Ich kam also in die Schule.
Tag 1: Verschüchtert durch die vorangegangenen Ereignisse auf der anderen Schule und dem daraus resultierenden Missvertrauen, den Anderen Gegenüber, war ich etwas apathischer und distanzierter. Hat man mir wohl angesehen, denn kaum jemand, hat mich mal angesprochen.
Ich war wohl zu uninteressant.
Meine Klassenlehrin hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sie etwas gegen mich hat.
Punkte in Klassenarbeiten wurden merkwürdigerweise nicht dazugerechnet, eine schlechtere Note wurde verteilt, obwohl ich die exakt gleiche Punktzahl wie ein anderer hatte, der merkwürdigerweise eine Note besser bekam, ich wurde aus dem Mathematik E-Kurs entfernt, weil sich bei mir herausgestellt hat, dass ich eine Brille brauche (mal abgesehen davon, dass dieser Grund förmlich nur nach "ich hasse dich" zu schreien schien, war es auch merkwürdig, dass sich meine Sehschwäche von jetzt auf gleich entwickelt hat).
Ich war immer ein guter Schüler, außer vielleicht teilweise in Mathe, aber das hielt sich im Rahmen.
In der Grundschule wurde mir im Zeugnis immer bescheinigt, wie wunderbar meine sprachlichen Kompetenzen doch seien und dass ich mich schon mit 6 vom Rest der Klasse deutlich abgehoben habe (soll keine Angeberei sein, sondern lediglich den Umstand verdeutlichen, dass ich auf garkeinen Fall der Schüler war, den sie mir immer ins Gehirn pressen wollten).
Ich war aber immer so, Schule war bereits in der Grundschule wichtig für mich, wenngleich Hausaufgaben wohl nicht zu meinen Lieblingsbetätigungen gehörten. Ich habe in der Schule stets mitgemacht, in Diktaten meistens immer eine 2 bekommen (wobei es abzüglich der Flüchtigkeitsfehler sicherlich zu einer 1 gekommen wäre).
Warum also wurde mir ab dem Wechsel immer eingeredet, ich sei schlecht? Besonders in Geometrie, in dem Bereich, wo ich von der 5. bis einschließlich zur 6. Klasse immer eine 1 oder 2 hatte.
Naja gut, mein Verhalten war wohl Grund genug, ein sogenanntes AO-SF Verfahren einzuleiten. Ein gelungener Geniestreich, wie man bald daraufhin feststellen durfte, denn genau dieses Verfahren hat mir eine Flucht aus diesem Internierungslager namens "Schule" verweigert. Keine Schule durfte mich mehr annehmen, ich war gefangen.
Die Lehrer konnten mich weiterhin fertig machen.
Gut, "die Lehrer" sollte man vielleicht präzisieren. Das war lediglich das "Dreigestirn" der Schule.
Anfänglich Englischlehrer, Klassenlehrerin, Sonderpädagoge, der mir zugeteilt wurde, später dann nach dem Rückzug des Englischlehrers (er hat wohl eingesehen, dass diese ganze Aktion schwachsinnig war) kam die Deutschlehrerin hinzu.
So, wie ging es dann weiter?
Meine Schulzeit war besetzt von Gewalt (psychich und physisch) mir gegenüber. An der Bushaltestelle wurde mir von hinten in die Kniekehle getreten, bevor ich auf dem Boden liegend bespuckt wurde.
Spucke, auch so ein Schlüsselwort, war es doch fast das Einzige, womit man mit mir kommunzierte.
In der Sporthalle, auf dem Übertragungsweg über meine Schuhe in der Umkleidekabine, in der Pause, indem man mir auf den Rucksack spuckte, etc.
In der Sporthalle bekam ich dann lustigerweise in jeder Stunde mindestens 10 Mal den Ball in die Fresse.
Damit lag ich so ca. 100% über dem Schnitt der anderen Schüler.
Wenn ich dann mit Lehrern darüber redete, war ich immer der, der übertrieb. Ich würde mir das doch alles einbilden, ich stelle mich immer als Opfer da, bla, bla, bla. Wieso auch nicht? Ich wurde doch in der Schule immer als "Opfer" bezeichnet. Dieses Argument war aber wohl wenig hilfreich, wenngleich es wohl eher eine Art subtiler Hilferuf war, den nur niemand geschnallt hat oder nicht schnallen wollte.
Endlose Gänge zum Anwalt und zum Schulamt (letztere sind übrigens die Ja-Sager der Nation), verzweifelte eigenständige Gänge zur Polizei, die natürlich mit den Worten "Wir haben für so einen Kindergarten keine Zeit" abgelehnt wurde und einen erfolglosen, auf dem Schulgelände durchgeführten Selbstmordversuch später, wurde ich dann endgültig in die Psychokiste abgeschoben.
Meine Persönlichkeit war im Grunde damals schon nicht mehr zu retten.
Ich war unveränderlich eingesperrt, in dem Käfig der Trauer, der seelischen Einsamkeit, allgemein der Person, zu der ich gemacht wurde.
Als es dann vor Gericht ging, hat das Schulamt eingelenkt und das AO-SF Verfahren eingestellt und ich durfte die Schule wechseln. Man wollte wohl verhindern, dass das Ganze publik würde und die Schule den schlechten Ruf bekäme, den sie ohne der von der Schule organisierten, öffentlichen Karnevalsveranstaltung, die allein dazu da ist, die Reputation der Schule zu wahren, wohl schon seit Jahren hätte.
Früher "Spast", heute darf noch ein "seelisch zerstörter" vorgehängt werden.
Eine Person, die mit keinem wirklich zurecht kommt, außer mit sich selbst.
Mein Vater hat sich pünktlich zu meinem 16. Geburtstag, übrigens mit den Worten "Du brauchst mich jetzt nicht mehr." und einem abschließenden Kinobesuch, von mir verabschiedet und seither nur noch vor Gericht gesehen.
Was mich aber aktuell am Meisten fertig macht, ist die Tatsache, dass ich aus bestimmten Gründen niemals Kinder haben werde.
Es macht mich fertig, dass ich irgendwann einsam sterben werde, in dem Gedanken niemanden hinterlassen zu haben, bei dem ich in den Gedanken weiterleben würde, da alle meine Verwandten dann schon längst tot sein werden, ich Einzelkind bin und vermutlich immer noch keine Freunde gefunden habe.
Ist es generell in meinem Alter merkwürdig, den innigen Wunsch zu besitzen, irgendwann mal Vater zu sein?
Liegt es vielleicht daran, dass ich das besser machen möchte, wozu mein Erzeuger niemals im Stande gewesen ist oder ist es einfach dieser Egoismus, nicht irgendwann einsam sterben zu müssen und nach meinem Tod vermisst werden zu wollen?
Kann sich das überhaupt jemand vorstellen, wie der Gedanke ist, irgendwann im Sterbebett zu liegen und zu wissen, dass außer dem Arzt, der 0,5 Mal am Tag vorbeischaut, niemand da ist, um sich zu verabschieden?
Wenn ich doch bloß einen wahren Freund hätte... Aber wie soll man den finden? Er muss doch zumindest das Selbe durchgemaht haben, wie ich. Und wie findet man so jemanden, außer über das Internet, was ich aber niemals in Betracht ziehen werde? Er würde niemals darüber sprechen, ich tu es genauso wenig. Die Verbindung würde sich ja niemals zeigen.
Ich war bereits bei einem Psychologen, da sich in 3 Jahren nur ein einziger mal zurückgemeldet hat. Zu dem gehe ich aber seit einigen Monaten nicht mehr, weil ich, aus welchen Gründen auch immer, nicht mit ihm so sprechen kann, wie ich mich fühle, da diese Phasen immer nur Schubweise kommen.
Wenn ich gerade nicht in dieser depressiven Phase bin, bin ich nicht in der Lage, darüber zu sprechen, was die gesamte Therapie unnütz macht. Außerdem gibt es eine Sache, über die ich nichtmal mit meiner Mutter sprechen würde, und ich mit meinem Psychologen sicherlich nicht einwandfrei über meine Persönlichkeit reden kann, im Gedanken, sowieso Geheimnisse zu haben, die ich eigentlich mit ihm besprechen müsste, ich es aber niemals können werde. Beim besten Willen nicht.
Ich bin nicht mehr das lebensfrohe und glückliche Kind von damals. Ich bin verbittert und in meinem Gesicht sieht man höchstens noch Glück, wenn ich so tue, als wäre da etwas.
Es macht mich einfach fertig. Ich hoffe, hier ist jemand, der das Gleiche durchmachen musste und es geschafft hat, diesem Gefängnis zu entfliehen. Wenn es dich geben sollte, bitte, ich flehe dich an, melde dich bitte hier und sag mir, was ich noch dagegen tun kann oder ob ich für den Rest meines verkackten Lebens vor dem PC hängen muss, um auch ja nichts mit Menschen zu tun zu haben, den Gedanken habend, ich werde einsam sterben.