Zwei Menschen begegnen sich. Sie sind Maler, Gemälde und Kunstkritiker gleichzeitig. Die Bilder, die sie zeigen sind vage skizziert. Je mehr man sich kennenlernt, um so detailreicher und ausgefüllter werden die Bilder. Entweder einem gefällt, was man sieht oder eben nicht. Entscheidend ist ja nicht nur das Bild an sich, sondern auch die Interpretation, welche sich im Laufe der Zeit auch wandeln kann. In jedem dieser Prozesse - des Malens, der Zeigens, des Betrachtens und des Interpretierens - sind wir beeinflusst durch unsere Sozialisation.
Die Frage, die du gestellt hast, war, ob und wie der Kapitalismus diese Prozesse beeinflusst.
Wie bereits gesagt, ich glaube, dass unsere Mediengesellschaft und die damit einhergehende Glorifizierung der romantischen Liebe grundsätzlich zu unrealistischen Erwartungen an die Liebe, bzw. an den Partner geführt hat.
Wir wollen Sicherheit und Aufregung zugleich. Verliebt bleiben. Wenn nicht konstant, dann doch periodisch immer wiederkehrend. Mit jedem "Ich liebe dich", das wir dem anderen entgegnen, erwarten wir eine Bestätigung unserer Liebe und mehr noch; das Versprechen, dass diese Liebe "ewig" hält. Wir erwarten keine Perfektion vom anderen, jedoch, dass er perfekt zu uns passt. Wir sind kritisch und wollen zugleich unkritisch geliebt werden. Wir erwarten, dass eine Beziehung nicht nur funktioniert, sondern, dass wir unser Glück darin finden. Wir suchen unser Seelenheil in ihr. Wir glauben, dass unsere Ansprüche realistisch sind, doch eigentlich weiß niemand, was er will. Wir wissen nicht einmal, was Liebe ist, wir meinen nur zu wissen, was sie nicht ist und somit was wir nicht wollen. Unser Fokus liegt auf dem Negativen, dem Versagen.
Wenn der Kapitalismus und die moderne Gesellschaft etwas geändert hat, dann, dass wir die Dinge, die wir nicht wollen, nicht mehr als gegeben nehmen, sondern nach Besserem streben. Die Illusion unserer Gesellschaft ist es, dass, wenn wir unglücklich sind, es unsere eigene Schuld ist. Wenn die idealisierte Vorstellung einer Beziehung nicht zutrifft, wechseln wir nicht unsere Vorstellung von einer Partnerschaft, sondern den Partner.
Wir obliegen dem Glauben, unser Partner müsse uns glücklich machen. Beziehungen sind keine Zweckgemeinschaften mehr, sondern ein Luxus, den wir uns gönnen, um glücklich zu sein. Die Crux ist nur, dass wir inzwischen glauben, dass wir ohne nicht mehr glücklich sein können.