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Erkenne mich selbst nicht mehr wieder

DrüberundDrunter

Neues Mitglied
Hallo miteinander,

nachdem ich schon tausende Forenbeiträge durchforstet und gelesen habe, ich jedoch immer wieder daraus anscheinend nichts mitnehme bzw. "lerne", habe ich beschlossen nun einfach mal einen eigenen Thread zu öffnen, in der Hoffnung, dass ich auf etwas Verständnis und Rat stoße.
Zu mir und meiner "Vorgeschichte", und wie es zu meiner aktuellen Situation gekommen ist: Nach meinem mittelmäßig abgeschlossenen Abitur habe ich mehr oder weniger "notgezwungen" beschlossen Biologie zu studieren, nachdem meine halbherzig formulierten Bewerbungen auf einen Ausbildungsplatz in derseleben Fachrichtung allesamt abgelehnt wurden. Rückblickend betrachtet, habe ich die Entscheidung zu studieren nicht zu 100 % aus eigenem Willen getroffen. Einige meiner Freunde fingen an zu studieren und ebenso meine Eltern (beide keine Akademiker) sagten mir ich "solle doch studieren, wenn ich die Möglichkeit habe". Zu erwähnen ist, dass ich nach dem Abitur in ein Loch extremer Unselbstständigkeit gefallen bin und keinerlei Eigenverantwortung für meine Zukunft übernehmen wollte bzw. einfach nicht wusste, was ich machen wollte. Ich sah wie jeder irgendetwas in Angriff nahm, sei es eine Ausbildung, Freiwilligendienst, Nebenjob, oder etwas Ähnliches, außer ich. Ich war einfach zu "faul" bzw. habe nie darin ein Sinn gesehen überhaupt etwas aus mir zu machen, wenn ich nicht weiß wofür und es mir ja eigentlich zu hause gut geht (dazu später mehr). Also schon damals war ich ziemlich plan- und ziellos. Wie auch immer, hatte ich das Glück nach einem Jahr "Faulenzen" (ok, hatte es dann zwischenzeitlich auch mal geschafft, arbeiten zu gehen) im Nachrückverfahren für das Biologiestudium angenommen zu werden.
Die ersten beiden Studienjahre liefen zu Beginn, aufgrund der ganzen nervenraubenden Grundlagenfächer, etwas holprig. Nichtsdestotrotz konnte ich alle Prüfungen erfolgreich mit durchweg guten Noten abschließen. Dennoch hatte ich nie das Gefühl "gut" zu sein, in dem was ich mache. Außerdem habe ich auch nicht, wie ich es mir vor dem Studium erhoffte, gute neue Freunde kennengelernt. Mich plagten dadurch während der gesamten Studienzeit extrem negative (irrationale, prefektionistische) Gedanken zu meiner eigenen Person, da ich relativ introvertiert, zurückhaltend und unsicher war bzw. immer noch bin. Dies äußerte sich dann auch oftmals in meiner Stimmung, die (für Außenstehende scheinbar "grundlos") sehr schlecht, launisch und gereizt war, wofür ich mich häufig im Nachhinein schämte. In mir entstand über die Zeit das Gefühl persönlich auf der Stelle zu treten und nicht weiter zu kommen bzw. keinen roten Fahrplan im Leben zu haben. Parallel plagte mich mein negatives Verhalten, dass ich teilweise an den Tag legte. Es fühlte sich an, als würde ich es nicht schaffen, etwas aus mir zu machen, mein Leben selbstbewusst in die Hand zu nehmen und meine eigenen Gedanken kontrollieren und leiten zu können.
So kam es dazu, dass ich auf der Zielgeraden meines Studiums fast gänzlich den Elan und die Motivation verloren habe. Ich habe zwar weiterhin sogar sehr gute Noten in den Abschlussprüfungen erbracht, aber meine Freude darüber war gänzlich verschwunden. Ich hatte das Gefühl nur noch zwischen Uni, Lernen, Sport und Essen zu rotieren und meine "emotionalen Bedürfnisse", wenn da überhaupt welche waren, hinten anzustellen. Auch fiel es mir schon immer schwer, meine "gefühlten Probleme" vernünftig zu verbalisieren oder mit anderen zu kommunizieren (würde mich als emotional sehr distanziert bzw. verschlossen bezeichen - evtl. in der Angst "lächerlich" zu sein) bzw. überhaupt über das Studieren zu reden und sich über das "Wichtige" auszutauschen, obwohl genau das mein Bedürfnis war - ich hatte den Eindruck mich selbst nicht erwachsen zu verhalten. Daraufhin isolierte ich mich auch immer stärker sozial und pflegte weniger bis letztendlich gar keinen Kontakt mehr zu Kommilitonen - auch weil mir die Kontakte immer mehr gleichgültig erschienen. In Anbetracht meiner Situation ging ich zu verschiedenen (Allgemein-)Ärzten, weil ich immer antriebsloser und müder wurde und ich mir das nicht erklären konnte, da ich augenscheinlich einen ziemlich gesunden Lebensstil (viel Sport, gute Ernährung) hegte, zumindest physisch gesehen. Diese bestätigten mir, dass sich eine physische Ursache für meine Lethargie ausschließen ließe, was mir nicht viel weitergeholfen hat.
Persönlich am Tiefpunkt angekommen, stand nur noch die Bachelorarbeit meines Studiums an und steht sie auch jetzt, ein Jahr später noch. Zeitgleich (2020) machte auch noch Corona ein unangenehmes Auge.
Mittlerweile extrem unsicher und auch planlos, wie so eine Bachelorarbeit handzuhaben ist (im Studienfach Biologie besteht die BA aus einem ca. 8-wöchigen praktischen "Projektteil", bei dem man forscht und der eigentlichen Abschlussarbeit, die auf den gewonnen Ergebnissen basiert und für die man ebenso 8 Wochen Zeit hat), fragte ich kurzfristig bei einem der Lehrstühle an, bei denen ich auch mein vorbereitendes Forschungspraktikum ablegte. Kurzfristig bekam ich noch ein Thema, das Corona-bedingt (leider kein Zutritt zu den Laboren) bioinformatischer Natur war und quasi vom "home-office" aus zu bewältigen war. Ich war zunächst sehr zufrieden und erfreut, dass ich noch ein Bachelorthema bekommen hatte, merkte jedoch schnell wie ich mich einfach immer hilfloser und handlungsunfähiger fühlte. Ich hatte das Gefühl, nicht in der Lage zu sein die Bachelorarbeit zu bewältigen, geschweige denn überhaupt später zu schreiben. Ich hatte nicht das Gefühl noch in irgendeiner Weise wissenschaftlich zu arbeiten. Ich war einfach überfordert von der Arbeit bzw. hatte nicht das Gefühl ein konkretes Ziel zu verfolgen. Da ich keine "Schwäche" oder "Unwissenheit" zeigen wollte, tat ich immer so als würde ich alles einwandfrei verstehen, jedoch war genau das Gegenteil der Fall. Ich fühlte mich wie ein Pseudo-Biologe und übernahm immer weniger Verantwortung für meine Situation. Kam nicht mal auf die Idee nach Hilfe zu fragen, weil man als "Student" eigentlich ja alles zu verstehen hat und eigenständig arbeiten sollte. So kam es wie es kommen musste ich brach meine Arbeit ab, mit der Begründung "das ich es aktuell persönlich und gesundheitlich" nicht schaffen würde - eine absolute Ausrede, in meinen Augen, da ich mich ja selbstständig um meine mittlerweile sehr groß geworden Problemchen hätte kümmern können. Da ich zusätzlich aufgrund der Corona-Situation zunehmends in meiner 1-Zimmer Wohnung einging und viele meiner guten, über die Studienzeit erarbeiteten Eigenschaften wie beispielsweise regelmäßiger Sport, ausgewogene Ernährung, geregelter Alltag, soziale Kontakte hab vollends fallen lassen, beschloss ich zurück in mein Elternhaus zu ziehen. Daraus erhoffte ich mir mehr "Sozialkontakt" zu haben und für das Studium produktiver zu sein. Genau das ist nicht eingetreten.
Nun zu meiner aktuellen Situation: Seitdem ich wieder nach hause gezogen bin, verhalte ich mich absolut regressiv. Ich "genieße" Hotel Mama und mache mir keinerlei Sorgen mehr um meine Zukunft und meine Abschlussarbeit. Ebenso fühle ich mich als wäre alles in Ordnung, aber das ist es absolut gar nicht, da ich keinen Abschluss habe und "alles was ich mir aufgebaut habe" zerstört habe. Ich verfolge keinerlei Ziele mehr, weder "beruflich" noch sportlich oder freundschaftlich. Alle anderen ziehen an mir vorbei und ich stagniere daheim in meinem jämmerlichen Dasein als Nichtsnutz.
Obwohl ich mir meiner fatalen Situation bewusst bin, wache einfach nicht mehr aus meinem Zustand auf und will nichts ändern. Ich fühle mich in dieser surrealen Lebenssituation "pudelwohl". Ich merke auch, umso länger ich zuhause bin desto schlimmer wird es. Schon während meiner "aktiven" Studienzeit, in den Semesterferien, habe ich immer wieder stark gemerkt habe, dass ich daheim in alte und unselbststädnige Verhaltensmuster gerate.
Ich fühle mich einfach wie der letzte, unselbstständige Versager und habe Angst davor wieder mich mit dem Leben und meinem Studium zu konfrontieren, wenn ich überhaupt noch ordnungsgemäß dieses ablegen kann. Ich fürchte einfach die Eigenständigkeit und Verantwortung und habe das Gefühl, dass ich dieser nicht mehr gewachsen bin. Das ist mir extrem peinlich.
Falls Ihr es bis hier hin geschafft habt, bin ich für Ratschläge und Hilfe sehr Ohr. Ich weis selbst, dass ich mir vermutlich professionelle Hilfe holen sollte, jedoch tue ich mir damit sehr schwer.
 

Youshri

Aktives Mitglied
Ich weis selbst, dass ich mir vermutlich professionelle Hilfe holen sollte, jedoch tue ich mir damit sehr schwer.
Och, so schwer sollte das doch eigentlich nicht sein. Ein, zwei oder sogar drei Stunden würden es doch schon verbessern können. Und warum sich selbst nicht auch mal was Gutes leisten?
Du schreibst so klar und einleuchtend über Deine Situation, da solltest Du es auch schaffen können, aus diesem Loch wieder herauszukommen. Allerdings würde ich an Deiner Stelle konsequent auf die Eigenbeurteilung verzichten.
Wenn man einmal von der Selbständigkeit gekostet hat, ist es fast unmöglich, wieder zurück nach Hause zu gehen, es sei denn, nur zu Besuch.

Sieh' zu, dass Du wieder an Dein Studium anschliesst und mach Deinen Bachelor, soweit das möglich ist. Gute Noten hast Du ja bisher, Schwankungen im Studium sind völlig normal. Orientiere Dich an Bachelor Arbeiten von ehemaligen Schülern, um daraus das Wie und Womit usw. zu lernen, wenn Du Deine Lehrer nicht um Unterstützung bitten magst. Warum solltest Du nicht können, was andere vor Dir gekonnt haben?
Coronazeit ist natürlich blöd. Aber da stehst Du nicht allein, wir sitzen alle in diesem Boot und warten inständigst, dass es bald mit der Unfreiheit vorüber ist. Einfach weitermachen und durchhalten, das geht ja auch vorüber.

Also, die Vernunft ist ja auf dem richtigen Weg, jetzt musst Du es nur noch in die Tat umsetzen. Geh wieder raus in die Welt und setze mehr auf Carpe Diem.;)
 

lujanta

Mitglied
Liebe(r) Drüberund Drunter,

leider kann ich dir keinen Rat geben, da ich momentan in einer ganz ähnlichen Situation stecke. Bei mir geht es um die Masterarbeit, der Rest ist sehr ähnlich wie bei dir. Es ist, wie du geschrieben hast, surreal: Der vernünftig denkende Kopf, der eigentlich ganz gut im Antreiben und Perfektionieren war, sagt, dass es so nicht weitergeht und dass ich ganz dringend etwas tun muss, damit ich mit meiner Masterarbeit weiterkomme. Und gleichzeitig kommt von irgendwo das Gefühl her "ist nicht so schlimm, relaxe einfach, genieße es, dir gehts doch im Moment gut". Dazu kommt auch bei mir eine starke Müdigkeit, die laut den bisher konsultierten Ärzten keine körperliche Ursache hat, Konzentrationsstörungen, Schwierigkeiten beim Formulieren etc.
Und auch ich habe mich im Studium als "Alien" wahrgenommen, als anders als die anderen, als nicht perfekt genug, nicht in Ordung, so wie ich bin. Und jetzt fühle ich mich immer mehr als Pseudo-Studentin, Pseudo-Wissenschaftlerin.

Tut mir leid, dass ich nichts Konstruktives dazu sagen kann, aber du bist auf jeden Fall schon einmal nicht allein mit deiner Situation.
 

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