S
Solveig
Gast
Hallo zusammen,
nachdem ich vorhin bereits über meine aktuellen Sorgen im Arbeitsleben gejammert habe möchte ich hier einmal meinen viel größeren (und andauernden) Kummer im privaten Bereich los werden und einmal eure Ansichten hierzu hören.
Vor acht Jahren bin ich aus meiner damaligen Wohnung in die Einliegerwohnung meiner Eltern gezogen, nachdem meine ältere Schwester mit Familie aus beruflichen Gründen nach NRW gezogen ist. Aus welchem Grund ich das genau getan habe kann ich heute nur noch teilweise nachvollziehen. Da ich alleine gewohnt habe, seinerzeit Single war, meine jüngere Schwester hier am Ort wohnt und ich ohnehin sehr oft am WE hier übernachtet hatte schien es mir wohl die logische Konsequenz. Außerdem war die Wohnung größer, hatte ein Zimmer mehr, Terrasse, Garten, und, na klar, die Miete blieb in der Familie, ist ja schon ne schöne Sache.
Nach etwa einem Jahr lernte ich meinen jetzigen Mann kennen. Wir waren uns ziemlich schnell sicher mit uns , waren schnell verlobt und innerhalb eines Jahres verheiratet. In dieser Zeit ist er zu mir gezogen und seitdem leben wir zu zweit hier.
"Eigentlich" ist alles prima. Wir haben eine friedliche Hausgemeinschaft, meine Eltern würden NIE ungefragt in unsere Wohnung gehen (separater Hauseingang), lassen uns alle Freiheiten bzgl. (Um-)Gestaltung der Wohnung und Außenbereiche. Und so haben wir uns hier auch schon in großen Teilen verwirklicht und Geld in die Wohnung gesteckt.
Auch mögen meine Eltern meinen Mann und umgekehrt, es gibt da wirklich keine tiefgründigen Konflikte.
Nun ist es so, dass mein Mann berufsbedingt 50 -60 % des Jahres auf Montage ist. Manchmal 4-6 Wochen am Stück, manchmal in Übersee mit großer Zeitverschiebung, so dass wir uns gerade mal am WE kurz über Skype sehen und ansonsten eben getrennt sind. Das ist eben so, die Entscheidung für diesen Job haben wir damals beide getroffen und es bringt uns auf der anderen Seite natürlich auch ein Mehr an finanziellem Polster. Wenn er dann mal daheim ist, hauen wir dann auch entsprechend auf die Kacke, fahren über's WE spontan weg, buttern ordentlich Geld in unsere Jahresurlaube und genießen dann auch ganz bewusst jeden Tag, den wir zusammen sind.
Und genau hier setzt das Problem an: meine Mutter, Stubenhocker vor dem Herrn, ist es, auch von Ihrem Elternhaus, gewohnt, dass mindestens jeden zweiten Tag Besuch von ihren Kindern und / oder Enkeln da ist. Sie hat keine Hobbies, keine Freunde, geht nur nach draußen um zum Arzt oder Einkaufen zu fahren und letzteres auch nur direkt zur Ladenöffnung, da ja später "das ganze Gesocks" da ist. Mit meinem Vater teilt sie praktisch keine Interessen.
Für sie ist ALLES Stress, was außerhalb der eigenen vier Wände stattfindet bzw. außerhalb der für sie genormten Zeiten. Wenn man im Lexikon das Wort "Komfortzone" nachschlägt würde es mich nicht wundern, wenn da ein Foto von meiner Mama abgebildet wäre. Es ist für mich erschreckend, wie wenig Stressresilienz sie in ihrem Leben aufgebaut hat, man sollte doch meinen, dass man manche Dinge mit fast 70 etwas gelassener sieht - aber gut, anderes Thema.
Wenn mein Mann auf Montage ist, geht meine Mutter davon aus, dass ich dann quasi für sie abrufbereit bin. Es sind ja auch nur 10 Stufen die Treppe hoch, also kann ich mich doch jeden Tag blicken lassen?
Es ist nicht so, dass sie täglich Sturm klingelt, i.d.R. lässt sie mich in Ruhe. Wenn ich mal kurz oben bin, um bspw. irgendwas Geliehenes zurückzugeben und ich antworte auf die Frage "Willste nicht noch auf nen Kaffee bleiben?" mit "nein" bekomm ich schon wieder Bauchkrämpfe, denn dann geht's los: "Du hast ja nie Zeit. Was machst du denn die ganze Zeit? Ich hatte früher immer Zeit für meine Mutter..." Das ganze sagt sie in einem Tonfall, der NOCH nicht allzu vorwurfsvoll ist, aber es reicht, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen, und ich glaube, dessen ist sie sich auch bewusst.
Neulich, als mein Mann auf einwöchiger Montagepause daheim war (und gleichzeitig in Quarantäne), habe ich mir dann erlaubt, diese Tage ausschließlich mit ihm in unserer Wohnung zu verbringen. Als ich nach den fünf Tagen Quarantäne mal oben war, kam direkt "Sieht man dich auch nochmal?" und auf meine Entgegnung, dass ich schließlich auch noch ein eigenes Privatleben hätte ein gemurmeltes: "Tja...nur n bisschen viel davon." Da ist mir dann der Kragen geplatzt und ich hab sie zur Rede gestellt. Daraufhin hat sie erstmal so getan, als "hätte sie doch gar nichts gesagt", was mich noch rasender gemacht hat. Schließlich hab ich zum ersten Mal zwischen den Zeilen verlauten lassen, dass unsere Wohnsituation dann vielleicht doch nicht so ideal sei.
Später am Abend kam eine halbherzige Entschuldigungs-WhatsApp und aus Mangel an Interesse, den Streit weiterzuführen, hab ich es dabei beruhen lassen. Mein Mann sieht das alles relativ gelassen, meint, ich würde mich zu schnell zu sehr aufregen. Mag sein. Durch Corona und die Tatsache, dass wir gefühlt ewig nicht mehr "raus aus dem Haus" und im Urlaub waren, bin ich sicher auch etwas sensibler. Auch die Tatsache, dass ich 50 % Home Office habe macht die Sache nicht besser.
Es stört mich einfach zunehmend, dass sie quasi immer mitbekommt, was bei uns abgeht (auch, wenn sie es nicht ständig kommentiert oder am Fenster steht, aber sie registriert es). Wenn wir am WE morgens früh irgendwo hin fahren und um fünf Uhr schon die Rollläden hochgehen, bekommt sie das mit. Wenn wir zum dritten Mal in Folge den Pizzadienst bestellen, bekommt sie das mit. Wenn unser Auto nicht auf dem Stellplatz steht, bekommt sie das mit. Dann kommt dann auch mal eine WhatsApp, wo wir denn sind, und schon fühle ich mich wieder unter Druck gesetzt, zu antworten, weil ich nicht weiß, was dann zurückkommt. Es kann eine normale Antwort sein, aber auch wieder ein schnippischer Kommentar.
Meine Mutter würde es am Liebsten sehen, wenn wir ein Kind bekommen würden, das steht bei uns aber nicht auf dem Plan und wir sind auch langsam zu alt dafür. Aber dann hätte sie ja wieder eine neue Aufgabe, einen Baby-Enkel zum betutteln - und das alles in den eigenen vier Wänden!
Stattdessen sind wir die merkwürdigen Exoten der ganzen Verwandschaft, da als einzige kinderlos und ständig auf Reisen. Sie kann diesen Lebensstil nicht verstehen. Manchmal fragt sie ganz interessiert, wie es denn an den einzelnen Orten so war, manchmal kommen aber auch nur anmaßende Kommentare und dass "Urlaub ja ohnehin der reinste Blödsinn wäre, nach den zwei Wochen würde ja alles wieder so sein wie vorher."
Selbstreflexion ist für sie ein Fremdwort. Sie fühlt sich ständig angegriffen, glaubt sich immer im Recht und ihre Neugier bezeichnet sie als "Interesse am Leben ihrer Kinder."
Ich verzweifle langsam. Manchmal würde ich am Liebsten von heute auf Morgen ausziehen. Aber es gibt so viele "Bremsen": unser riesiges Aquarium von über 600 l, was man nicht mal eben so von A nach B trasportiert bekommt, der Gedanke, dass meinen Eltern dann das Mietgeld fehlt, und das Wissen, dass sie nicht mehr fremdvermieten möchten...die klassische emotionale Falle eben.
Meine Schwester meint, ich solle einfach über den Kommentaren meiner Mutter stehen. Ich empfinde aber mittlerweile die bloße Tatsache, dass wir in einem Haus wohnen schon als toxisch....ich weiß es nicht. Soll ich einfach noch etwas Zeit ins Land gehen lassen, bis sich die allgemeine Situation hinsichtlich der Pandemie etwas entspannt? Reagiere ich über?
nachdem ich vorhin bereits über meine aktuellen Sorgen im Arbeitsleben gejammert habe möchte ich hier einmal meinen viel größeren (und andauernden) Kummer im privaten Bereich los werden und einmal eure Ansichten hierzu hören.
Vor acht Jahren bin ich aus meiner damaligen Wohnung in die Einliegerwohnung meiner Eltern gezogen, nachdem meine ältere Schwester mit Familie aus beruflichen Gründen nach NRW gezogen ist. Aus welchem Grund ich das genau getan habe kann ich heute nur noch teilweise nachvollziehen. Da ich alleine gewohnt habe, seinerzeit Single war, meine jüngere Schwester hier am Ort wohnt und ich ohnehin sehr oft am WE hier übernachtet hatte schien es mir wohl die logische Konsequenz. Außerdem war die Wohnung größer, hatte ein Zimmer mehr, Terrasse, Garten, und, na klar, die Miete blieb in der Familie, ist ja schon ne schöne Sache.
Nach etwa einem Jahr lernte ich meinen jetzigen Mann kennen. Wir waren uns ziemlich schnell sicher mit uns , waren schnell verlobt und innerhalb eines Jahres verheiratet. In dieser Zeit ist er zu mir gezogen und seitdem leben wir zu zweit hier.
"Eigentlich" ist alles prima. Wir haben eine friedliche Hausgemeinschaft, meine Eltern würden NIE ungefragt in unsere Wohnung gehen (separater Hauseingang), lassen uns alle Freiheiten bzgl. (Um-)Gestaltung der Wohnung und Außenbereiche. Und so haben wir uns hier auch schon in großen Teilen verwirklicht und Geld in die Wohnung gesteckt.
Auch mögen meine Eltern meinen Mann und umgekehrt, es gibt da wirklich keine tiefgründigen Konflikte.
Nun ist es so, dass mein Mann berufsbedingt 50 -60 % des Jahres auf Montage ist. Manchmal 4-6 Wochen am Stück, manchmal in Übersee mit großer Zeitverschiebung, so dass wir uns gerade mal am WE kurz über Skype sehen und ansonsten eben getrennt sind. Das ist eben so, die Entscheidung für diesen Job haben wir damals beide getroffen und es bringt uns auf der anderen Seite natürlich auch ein Mehr an finanziellem Polster. Wenn er dann mal daheim ist, hauen wir dann auch entsprechend auf die Kacke, fahren über's WE spontan weg, buttern ordentlich Geld in unsere Jahresurlaube und genießen dann auch ganz bewusst jeden Tag, den wir zusammen sind.
Und genau hier setzt das Problem an: meine Mutter, Stubenhocker vor dem Herrn, ist es, auch von Ihrem Elternhaus, gewohnt, dass mindestens jeden zweiten Tag Besuch von ihren Kindern und / oder Enkeln da ist. Sie hat keine Hobbies, keine Freunde, geht nur nach draußen um zum Arzt oder Einkaufen zu fahren und letzteres auch nur direkt zur Ladenöffnung, da ja später "das ganze Gesocks" da ist. Mit meinem Vater teilt sie praktisch keine Interessen.
Für sie ist ALLES Stress, was außerhalb der eigenen vier Wände stattfindet bzw. außerhalb der für sie genormten Zeiten. Wenn man im Lexikon das Wort "Komfortzone" nachschlägt würde es mich nicht wundern, wenn da ein Foto von meiner Mama abgebildet wäre. Es ist für mich erschreckend, wie wenig Stressresilienz sie in ihrem Leben aufgebaut hat, man sollte doch meinen, dass man manche Dinge mit fast 70 etwas gelassener sieht - aber gut, anderes Thema.
Wenn mein Mann auf Montage ist, geht meine Mutter davon aus, dass ich dann quasi für sie abrufbereit bin. Es sind ja auch nur 10 Stufen die Treppe hoch, also kann ich mich doch jeden Tag blicken lassen?
Es ist nicht so, dass sie täglich Sturm klingelt, i.d.R. lässt sie mich in Ruhe. Wenn ich mal kurz oben bin, um bspw. irgendwas Geliehenes zurückzugeben und ich antworte auf die Frage "Willste nicht noch auf nen Kaffee bleiben?" mit "nein" bekomm ich schon wieder Bauchkrämpfe, denn dann geht's los: "Du hast ja nie Zeit. Was machst du denn die ganze Zeit? Ich hatte früher immer Zeit für meine Mutter..." Das ganze sagt sie in einem Tonfall, der NOCH nicht allzu vorwurfsvoll ist, aber es reicht, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen, und ich glaube, dessen ist sie sich auch bewusst.
Neulich, als mein Mann auf einwöchiger Montagepause daheim war (und gleichzeitig in Quarantäne), habe ich mir dann erlaubt, diese Tage ausschließlich mit ihm in unserer Wohnung zu verbringen. Als ich nach den fünf Tagen Quarantäne mal oben war, kam direkt "Sieht man dich auch nochmal?" und auf meine Entgegnung, dass ich schließlich auch noch ein eigenes Privatleben hätte ein gemurmeltes: "Tja...nur n bisschen viel davon." Da ist mir dann der Kragen geplatzt und ich hab sie zur Rede gestellt. Daraufhin hat sie erstmal so getan, als "hätte sie doch gar nichts gesagt", was mich noch rasender gemacht hat. Schließlich hab ich zum ersten Mal zwischen den Zeilen verlauten lassen, dass unsere Wohnsituation dann vielleicht doch nicht so ideal sei.
Später am Abend kam eine halbherzige Entschuldigungs-WhatsApp und aus Mangel an Interesse, den Streit weiterzuführen, hab ich es dabei beruhen lassen. Mein Mann sieht das alles relativ gelassen, meint, ich würde mich zu schnell zu sehr aufregen. Mag sein. Durch Corona und die Tatsache, dass wir gefühlt ewig nicht mehr "raus aus dem Haus" und im Urlaub waren, bin ich sicher auch etwas sensibler. Auch die Tatsache, dass ich 50 % Home Office habe macht die Sache nicht besser.
Es stört mich einfach zunehmend, dass sie quasi immer mitbekommt, was bei uns abgeht (auch, wenn sie es nicht ständig kommentiert oder am Fenster steht, aber sie registriert es). Wenn wir am WE morgens früh irgendwo hin fahren und um fünf Uhr schon die Rollläden hochgehen, bekommt sie das mit. Wenn wir zum dritten Mal in Folge den Pizzadienst bestellen, bekommt sie das mit. Wenn unser Auto nicht auf dem Stellplatz steht, bekommt sie das mit. Dann kommt dann auch mal eine WhatsApp, wo wir denn sind, und schon fühle ich mich wieder unter Druck gesetzt, zu antworten, weil ich nicht weiß, was dann zurückkommt. Es kann eine normale Antwort sein, aber auch wieder ein schnippischer Kommentar.
Meine Mutter würde es am Liebsten sehen, wenn wir ein Kind bekommen würden, das steht bei uns aber nicht auf dem Plan und wir sind auch langsam zu alt dafür. Aber dann hätte sie ja wieder eine neue Aufgabe, einen Baby-Enkel zum betutteln - und das alles in den eigenen vier Wänden!
Stattdessen sind wir die merkwürdigen Exoten der ganzen Verwandschaft, da als einzige kinderlos und ständig auf Reisen. Sie kann diesen Lebensstil nicht verstehen. Manchmal fragt sie ganz interessiert, wie es denn an den einzelnen Orten so war, manchmal kommen aber auch nur anmaßende Kommentare und dass "Urlaub ja ohnehin der reinste Blödsinn wäre, nach den zwei Wochen würde ja alles wieder so sein wie vorher."
Selbstreflexion ist für sie ein Fremdwort. Sie fühlt sich ständig angegriffen, glaubt sich immer im Recht und ihre Neugier bezeichnet sie als "Interesse am Leben ihrer Kinder."
Ich verzweifle langsam. Manchmal würde ich am Liebsten von heute auf Morgen ausziehen. Aber es gibt so viele "Bremsen": unser riesiges Aquarium von über 600 l, was man nicht mal eben so von A nach B trasportiert bekommt, der Gedanke, dass meinen Eltern dann das Mietgeld fehlt, und das Wissen, dass sie nicht mehr fremdvermieten möchten...die klassische emotionale Falle eben.
Meine Schwester meint, ich solle einfach über den Kommentaren meiner Mutter stehen. Ich empfinde aber mittlerweile die bloße Tatsache, dass wir in einem Haus wohnen schon als toxisch....ich weiß es nicht. Soll ich einfach noch etwas Zeit ins Land gehen lassen, bis sich die allgemeine Situation hinsichtlich der Pandemie etwas entspannt? Reagiere ich über?