Anzeige(1)

  • Liebe Forenteilnehmer,

    Im Sinne einer respektvollen Forenkultur, werden die Moderatoren künftig noch stärker darauf achten, dass ein freundlicher Umgangston untereinander eingehalten wird. Unpassende Off-Topic Beiträge, Verunglimpfungen oder subtile bzw. direkte Provokationen und Unterstellungen oder abwertende Aussagen gegenüber Nutzern haben hier keinen Platz und werden nicht toleriert.

Doppelmoral der Medien und Politik

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
D

Dr. House

Gast
Ich bin grad so genervt! :rolleyes:

Wie einige sicherlich mitbekommen haben, hat die türkische Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen die regierende AKP um Ministerpräsident Erdogan eingeleitet.

Der Vorwurf: Die AKP und Erdogan wollen die laizistische Grundordnung außer Kraft setzen. Das Verfahren wurde beim Verfassungsgericht angenommen und wenn es durch kommt, wird die AKP verboten und die Führungsschicht der Partei, darunter Erdogan, bekommt ein fünf jähriges Berufsverbot.

Ich finde das großartig. Die AKP ist meiner Meinungs nach das Zentrum einer schleichenden Islamisierung der Türkei. Aber darum geht es mir jetzt nicht.

Mir geht es um die Doppelmoral, mit der dieses Verfahren in der Politik, aber vor allem in den Medien kommentiert, wird.

Bei beinahe jeder Gelegenheit, liest man von einer "kemalistischen Elite", die das Volk um seinen Willen bringt, weil die AKP die Parlamentswahlen deutlich gewonnen hat. Diese Elite, so liest man, kümmere sich nicht um den Willen des Volkes. Es geht ihr angeblich einzig und allein um ihren Machterhalt und die Durchsetzung veralteter "kemalistischer" Regeln. Sie glaubt, nur sie wisse, was gut für die Türkei sei.

Damit sei die Türkei nicht reif für die EU.

Nun lassen wir mal außer Acht, dass die AKP ideologisch sehr nah an der Milli Görüş-Bewegung ist, sie im Jahr 2004 Ehebruch unter Strafe stellen wollte und ihr Vorsitzender, Erdogan, wörtlich folgendes sagte:

Erdogan:
"Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Minarette sind unsere Bajonette … die Moscheen sind unsere Kasernen."
All das lassen wir außer Acht und geben der AKP und Erdogan den "benefit of the doubt". Entschuldigung, mir fällt grad keine deutsche Entsprechung ein.

Denn wie ich ja Anfangs erwähnt habe, geht es mir hier um die Doppelmoral.
Aha, die "kemalistische Elite" kümmert sich nicht um den Willen des Volkes, sie hält sich für intelligenter und weiß ihrer Meinung nach, in welche Richtung die Türkei gehen muss......

Damit sei die Türkei nicht bereit für die EU.

Interessant! Läuft es denn z.B. in Deutschland anders?

Ganz und gar nicht. Denn so gut wie jedes wichtige Gesetz, jede wichtige Regelung der letzten Jahrzehnte, wurde gegen den Willen des Volkes durchgesetzt. Weil unsere Politiker ja besser wissen, was für uns "gut" ist. :rolleyes:

Ist das kein elitäres denken? Herrscht bei uns keine Elite?

Schauen wir uns mal die Gesetze und Regelungen an, die gegen den Willen des Volkes durchgesetzt wurden:

* Einführung des Euro
* Hartz IV
* Afghanistan Krieg
* Einsatz der Bundeswehr überall auf der Welt
* Schengen
* Die Verabschiedung mehrerer verfassungswidriger Gesetze
* Die Gesundheitsreform
* Die Rentenreform
* Die Steuerreform

Ich könnte hier sehr lange weiter machen, aber spare es mir......


Also, mit welchem Recht behaupten Politiker und die Medien, dass die Türkei von einer Elite regiert wird, setzen es als Ausschlusskriterium für einen EU Beitritt ein, wenn es hier nicht anders läuft?

Übrigens ist das ein Phänomen, dass es in ganz Europa gibt und vor allem auch von der EU getragen wird. Der Vertrag von Lissabon, vormals EU-Verfassung, zeigt es:

Die Franzosen und Niederländer haben eindeutig gegen diese EU-Verfassung gestimmt. Und was macht die EU? Sie nimmt den Text, formuliert ihn etwas um, macht ein paar Zugeständnisse an einzelne Länder und nennt es nun einen einfachen "Europäischen Vertrag".....:rolleyes:

Das tolle: Jetzt braucht es keine Referenden mehr und die europäischen Bürger kann man schön unbeachtet lassen. Tolle, "demokratische" EU!
Wo Eurokraten mittlerweile so arrogant sind, dass sie meinen, mit ein paar Änderungen in der Formulierung, könnten sie die EU-Verfassung gegen den Willen der europäischen Völker implementieren.

Und hier passt die Türkei nicht rein? Ich denke, sie passt ganz gut rein. :rolleyes:

Ein paar Anmerkungen: Meine Kritik bezieht sich auf die Doppelmoral und nicht auf den Inhalt. Beispielsweise halte ich nach wie vor den Afghanistan Krieg für richtig, ebenso wie die Einführung des Euro u.v.m.

Nur finde ich eben das kritisieren genau der Elemente, die es in der deutschen und europäischen Politik ebenfalls gibt, mehr als scheinheilig. Das ist kein Grund die EU-Fähigkeit der Türkei in Frage zu stellen. Da gibt es weitaus bessere Gründe und nebenbei: Ich bin gegen einen EU Beitritt der Türkei.
 

pete

Sehr aktives Mitglied
[...]

Nebenbei - Kemal Atatürk halte ich für einen Segen für die Türkei. Verboten bin ich eher allgemein kritisch gegenüber, weil sie nichts mit Einsicht zu tun haben.

Und aus dem Thema Kemalisten/AKP-Verbot eine Nichtaufnahme der Türkei in die EU abzuleiten, für journalistischen Schwachfug.

So einen Journalisten hab ich mal im Stern - wo er gegen Mindestlöhne als wirtschaftlich schädlich war - als "Schreiberling" in einem Leserkommentar bezeichnet, und hab damit ne regelrechte Lawine losgetreten gehabt. :) Damals stand noch nicht so ganz fest, das über 70% der Deutschen pro Mindestlohn sind - also wars journalistische Meinungsmache.

Peter
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

mikenull

Urgestein
Man weiß jetzt aber auch nicht so recht, um was es eigentlich geht, oder? Um die Türkei oder um die Lügereien in der deutschen Politik?
Ich gebe House schon recht: Vieles von dem was er anführt, wird nicht von der deutschen Bevölkerung mitgetragen. Aber: Einige Dinge hat man von vorneherein unterstützt ( Euro, Afghanistan ) - und erst später, als einem die Folgen bekannt waren, ist man umgeschwenkt. Bliebe also nur die Frage, ob Politiker jede Strömung in der Bevölkerung sofort umsetzen sollten?
 

Sori

Sehr aktives Mitglied
Ich bitte um eine sachliche Diskussion, die sich am Ursprungsthema orientiert.

 
D

Dr. House

Gast
Geht um die Doppelmoral. Bevor man die Türkei oder andere Länder aufgrund einer angeblichen Elite kritisiert, sollte man sich selbst an die Nase fassen. Hier läuft es ja nicht anders. Im Gegenteil: In den letzten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, konnte man das Motto der Politik einfach umfassen:

"Wenn das Volk dagegen ist, dann muss es richtig sein"

Und Peter hat einen ganz neuen Aspekt mit eingebracht: Die Journalisten, die Kommentatoren, die alles irgendwie nachplappern, ohne darüber nachzudenken.

Wenn dann wirklich jemand kommt, der dem Volk zumindest auf den Mund schaut, dann wird er als "Populist" bezeichnet. Oskar Lafontaine.
 

Troi

Aktives Mitglied
Fällt Doppelmoral in den Medien nicht unter die Pressefreiheit? :rolleyes:
(Und in der Politik unter die Narrenfreiheit... :D;):rolleyes:)

Für eine ernsthafte Antwort muss ich mir erst noch ein paar Gedanken machen... :eek:

troi
 

pete

Sehr aktives Mitglied
Was mich aktuell aufregt, ist die Diskussion um den Bio-Sprit E10 - den Gabriel ja jetzt gottseidank gekippt hat.

Im Leitartikel der neuesten ADAC-Zeitung heisst die Überschrift: "Warum der Biosprit erst 2012 kommen darf". Jeder einigermassen informierte Bürger weiss, dass mehr Biosprit überhaupt nicht kommen darf, weil dazu weitere Regenwaldflächen gerodet werden müssten, die Lebensmittel weltweit schon jetzt so teuer geworden sind, dass sich die Allerärmsten nicht mehr satt essen können - ein aktueller Bericht des Spiegel ist hier nachzulesen.

Die Diskussion zeigt wahrlich eine Doppelmoral auf - will der ADAC etwa diese Fakten bis dato nicht wahrgenommen haben, oder was soll eine Verschiebung um drei Jahre ? Haben sich dann die Anbauflächen auf wundersame Weise so vergrössert, dass man sie bedenkenlos für nachwachsende Rohstoffe statt für Lebensmittel verwenden könnte ?
Und warum machte Gabriel seinen Rückzieher von einer Million Fahrzeuge, die den höheren Anteil nicht vertragen hätten, abhängig ? Was ist das denn für eine Art, einen niedrigeren CO² - Ausstoss auf Kosten der Lebensmittelpreise und der Allerärmsten anstatt technischer Innovationen erreichen zu wollen ?

Peter
 
Zuletzt bearbeitet:
Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Anzeige (6)

Ähnliche Themen

Anzeige (6)

Anzeige(8)

Regeln Hilfe Benutzer

Du bist keinem Raum beigetreten.

    Anzeige (2)

    Oben