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Der tägliche Darwinismus und was mit denjenigen passiert, die nicht mehr können

G

Gast

Gast
Hallo Miteinander,




In einer Leistungsgesellschaft wird es besonders auffällig, welchen „Rang“ der Mensch an sich einnimmt. Es geht um Leistung. Wenn es um Leistung geht, ist der Mensch automatisch gefordert, den Ansprüchen gerecht zu werden. Zum einen, weil man es vielleicht für sich selbst so will, wobei die Freiwilligkeit nicht auf freiwilliger Basis erfolgt, sondern anerzogen wurde. Zum anderen die Leistung gefordert wird. Und schon erscheint das eigentliche, freiwillige Handeln in Bezug auf Leistung erbringen in einem anderen Licht. Es ist nicht freiwillig, es steht ein meist unausgesprochenes „Muss“ dahinter.


Wer Leistung bringt, kann sich auch mehr leisten. Sollte man meinen, in Hinblick auf einen gerechten Lohn für seine Leistung driften wir jedoch kontinuierlich vom eigentlichen (Leben) ab. Kaum jemand wird heute noch so bezahlt, wie es seiner Leistung entspricht. Also warum wundern wir uns dann alle, dass unser soziales Gebilde langsam aber sicher zusammenbricht? Weil es eben nicht in erster Linie um Leistung geht.



Das Leben ist kein Leistungssport. Das Leben ist das Leben, und arbeiten geht man, um davon leben zu können. So sollte es zumindest menschlich betrachtet sein. So ist es aber schon lange nicht mehr, wenn es überhaupt schon einmal so war, abgesehen von den Naturvölkern, die so viel leisten, wie sie zum Leben brauchen.



Der Mensch tritt mehr und mehr in den Hintergrund, das macht unser Gesundheitswesen ganz deutlich. Die Berufe, die dem Menschen helfen oder dienlich sein sollten, die werden am schlechtesten bezahlt. Einen kranken Menschen zu versorgen, ihn zu pflegen, gegebenenfalls an seinem Lebensende zum Übertreten in das „andere“ Leben zu begleiten, wird unterbezahlt oder auf der sogenannten ehrenamtlichen Ebene getätigt.



Warum? Weil ein kranker Mensch, weil ein Sterbender der Gesellschaft nichts mehr bringt, keine Leistung mehr erschafft. Ehrenamtlich wird es geleistet, denn es ist eine menschliche Angelegenheit… hat etwas mit Wärme und Gefühl zu tun, das wird nicht bezahlt, das soll selbstverständlich sein.



Das war es vielleicht früher einmal, als die Menschen noch näher zusammenlebten, heute wird alles auseinander gerissen, angefangen in den Kindergrippen, über die Kindergärten, (Schule- wollen wir hier einmal ausklammern, denn lernen ist wichtig) und dann in Pflegeheimen und im Hospiz. Und die Lücke dazwischen ist die Leistungsgesellschaft.



Wer keine Leistung mehr bringt, arbeitslos, krank oder alt wird, der ist nicht mehr leistungsfähig, also auch nicht mehr brauchbar, wird eben aussortiert, an den Rand der Gesellschaft gedrückt. So werden in unserer Gesellschaft generell Menschen behandelt, die es „nicht mehr bringen“.



Und die Gesellschaft drückt fleißig mit. Das kann man daran erkennen, wie sich Menschen gegenüber anderen Menschen empören oder aber sich von ihnen abwenden, wenn diese arbeitslos, krank und/oder alt werden.



Ein kranker Mensch zieht sich automatisch zurück, denn ein kranker Mensch benötigt meist Ruhe zur Erholung, das ist völlig natürlich. Aber heute kann man sich kaum noch Krankheit „leisten“, hier greift man schnell zu Mitteln, die einen ganz flott wieder leistungsfähig machen (sollen). Ist ein kranker Mensch durch seine Diagnose schon fast dem Tode geweiht, ziehen sich die nicht unmittelbar Betroffenen (meist auch diese) von dem Kranken zurück. Wir sind aber alle dem Tod geweiht, irgendwann einmal.



Werden Menschen arbeitslos, was in unserer heutigen, unsicheren Zeit ohne weiteres jedem passieren kann, dann werden mit zunehmender, länger anhaltender Arbeitslosigkeit die (Geld-)Mittel, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, schmäler. Die Menschen ziehen sich zurück, werden so ausgegrenzt, weil sie nicht mehr „mithalten“ können oder grenzen sich eben genau aus diesem Grund selbst aus.



Erzieher/innen, die für die Kleinsten da sind, werden ebenfalls sehr schlecht bezahlt, es sei denn, sie steigen in den Beamtenstatus auf, der jedoch den Leiter/innen vorbehalten bleibt. Kinder sind noch nicht leistungsfähig, sie benötigen noch „Erziehung“, außerdem kosten sie erst einmal Geld. Und auch für diese Menschengruppe ist kaum Geld da.



Mittlerweile bekommen es auch schon unsere Ärzte zu spüren, die kalte Atmosphäre erreicht bereits die Arztpraxen. Nicht erst seit der Einführung der 10 Euro Praxisgebühr, aber hier begann der schleichende Weg, und er ist längst noch nicht zu Ende gegangen. Die Menschen werden immer ärmer, viele sparen sich bereits die 10 Euro Praxisgebühr, weil diese 10 Euro sonst an anderen, dringender benötigten Mitteln fehlt. Denn sie wissen, die Medikamente, die sie brauchen, auch wieder Geld kosten, Geld, das nicht da ist. Was ist kostbarer als die eigene Gesundheit? Sie meinen das sei übertrieben? Dann kennen Sie keine Armut.



Viele Menschen sind verzweifelt, man sieht es ihnen nicht an, sie schämen sich. Sie schämen sich, weil sie arbeitslos sind, weil sie krank sind und diejenigen, welche es nicht mehr schaffen, sieht man sowieso nicht mehr. Sie trifft man höchstens noch in Pflegeheimen oder in einem Hospiz.



Liebe Leserinnen, liebe Leser, in was für einer Welt leben wir…? Und wie kann es sein, dass eine Eurozone mehr Gewicht, mehr Achtung durch unsere Politiker erfährt als die Menschen in den Eurozonenländern? Diese nämlich empfindlich beschnitten werden durch Arbeitslosigkeit, durch den unsagbaren Druck, der auf so Vielen lastet, die da noch in Arbeit sind, die Kranken, die Alten, die Kinder so unter diesem selbsterzeugten Druck ihr Leben in Armut und Krankheit leben müssen?



Verstehen sie das noch? Ich verstehe es nicht mehr. Ich verstehe es auch nicht, warum sich die Menschen hier nicht empören, schließlich geht es uns alle an. Aber die Menschen klammern sich lieber an etwas, was sie kennen, dabei kennen sie nichts oder wollen es nicht er-kennen. Stattdessen beginnt der Kampf untereinander, ums Überleben, anstatt zusammen zu stehen, gemeinsam und das europaweit.



Sie können morgen schon der Nächste sein, anstatt wild um sich zu schlagen, um ihr Hab und Gut fest zu klammern -, der Mensch wird erst panisch, oft auch gewalttätig, wenn er etwas zu verlieren oder zu verteidigen hat, ist Ihnen das schon einmal aufgefallen? -sollte man vielleicht einmal darüber nachdenken, dass es im Miteinander leichter ist, man etwas erreichen kann, anstatt sich gegenseitig zu zerfleischen beginnen und andere, die Hilfe benötigen noch weiter in den Schmutz zu treten, um sich selbst daran zu erhöhen, mehr ist es doch nicht.



„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, das kann doch nicht so schwer sein….
 
G

gast

Gast
Es ist ja mittlerweile nicht nur der ausschluss der kranken und alten, sondern es beginnt mit der kommerzialisierung von spielwaren (marken sind 3 jährigen wichtig..cars etc...ich bin erzieher), zieht sich über trendprodukte für grundschüler (schuhe mit rollen, snakeboards) und kommt im endeffekt beim erwachsenen Menschen an (Marken, Autos, Luxusgüter, Politik). Es ist wohl einfach so, dass man sich heutzutage wirkliche Freiheit nicht leisten kann, wenn man "eingebürgert" sein möchte ;) Wer anders denkt, auch wenn er anderen damit nicht schadet, hat nunmal verloren. Die Medien propagieren meistens nur 2 Seiten. Der typische Bürger denkt daraufhin, dass es nur diese beiden gibt. Achja aber es bringt eh nichts sich darüber aufzuregen. Man kann nur für sich selber ausbrechen, denn die Gedanken sind frei.
 

Selah

Aktives Mitglied
Vom Grundsatz her war das noch nie anders. Es ist m.E. kein Wesensmerkmal der modernen (Leistungs)Gesellschaft. Schon immer strebt der Mensch nach Besserem. Schon immer hat der bessere Chancen, der leistungsfähig ist. Schon immer waren Alte, Kinder und Kranke die "Schwachen" in der Gesellschaft. Mit dem Unterschied, dass wir heute immerhin Dinge wie Pflegeheime, Krankenversicherungen, Kitaplatzgarantie und Ähnliches haben.

Dass Pfleger, Erzieher ect. schlecht bezahlt werden, ist tatsächlich kritikwürdig - vor allem mit Blick auf die demografische Entwicklung, nach der der Anteil der Alten und Pflegebedürftigen weiter steigen wird.
 

PadraigOfGlencoe

Aktives Mitglied
Vom Grundsatz her war das noch nie anders. Es ist m.E. kein Wesensmerkmal der modernen (Leistungs)Gesellschaft. Schon immer strebt der Mensch nach Besserem. Schon immer hat der bessere Chancen, der leistungsfähig ist. Schon immer waren Alte, Kinder und Kranke die "Schwachen" in der Gesellschaft. Mit dem Unterschied, dass wir heute immerhin Dinge wie Pflegeheime, Krankenversicherungen, Kitaplatzgarantie und Ähnliches haben.

Dass Pfleger, Erzieher ect. schlecht bezahlt werden, ist tatsächlich kritikwürdig - vor allem mit Blick auf die demografische Entwicklung, nach der der Anteil der Alten und Pflegebedürftigen weiter steigen wird.
Hallo Selah,

auch wenn vieles schon stimmt, was Du schreibst, so kann ich doch nicht ganz konform damit gehen, weil . . . "Schon immer hat der bessere Chancen, der leistungsfähig ist. Schon immer waren Alte, Kinder und Kranke die "Schwachen" in der Gesellschaft." . . . stimmt zwar, aber was eben noch nicht immer so war, ist, dass den "Gesellschaftsrahmabschöpfern" gigantische Meinungsmachemaschinen zur Verfügung standen, in denen Menschen, je nach Grad ihrer mentalen Beschränkungen mehr oder weniger, rund um die Uhr dahingehend manipuliert werden, dass es vollkommen OKAY ist, ein kleiner, gieriger Sozialdarwinist zu sein, der sich an diesem ekelerregenden "Rat Race" mit Fug und Recht bereichern darf, da "die allmächtige Genkette" ihn nun mal eben zum "evolutionären Sieger" bestimmt hat . . . kann er/sie also gar nix dafür, unser armer Gierschlund / unsre arme Gierschlundine. Was änderts, wenn da ab und an zwischen all dem Verdumpfungs-TV mal n Spot von Aktion Mensch läuft . . . das is ja fast schon kontraproduktiv, weil solche Elemente sich dann schon wieder gewissenstechnisch im grünen Bereich wähnen, da "so ein komischer Beitrag" hierzulande ja auch gesendet werden darf . . .

. . . "Mit dem Unterschied, dass wir heute immerhin Dinge wie Pflegeheime, Krankenversicherungen, Kitaplatzgarantie und Ähnliches haben" . . . jo . . . haben wir . . . und? Seit ich in den 80ern die ersten Berührungen mit der "Subkultur der geistig und körperlich Behinderten" hatte, ist mir EINES ganz klar geworden: was wir VOR ALLEM ANDEREN tun, ist, die Gesellschaft "clean" zu halten . . . Kranke und Behinderte werden "wegsortiert", Alte, die früher einmal anstelle von Kitas sich um Kinder zwischen Krabbelalter und KiGa gekümmert haben (nicht immer optimal, aber sind denn alle KiTas optimal??), damit die Eltern entlastet waren um ihren Dingen nachgehen zu können, sind heute auch bereits "sozial verträglich entsorgt", die KV kannste in die Tonne treten, hat mir bei meinem Leiden jedenfalls in etwa so viel genutzt wie ne Warze am Hintern (und ich habe etliche Menschen kennenlernen dürfen - ehemals geachtete Leistungsträger! - die exakt dasselbe berichten können) . . . ganz ehrlich? Ich sehe da KEINEN nennenswerten Fortschritt (in den Medien? Ja. Auf´m Papier? Ja. In "real"? Nö, absolut nicht.)

. . . "Dass Pfleger, Erzieher ect. schlecht bezahlt werden, ist tatsächlich kritikwürdig - vor allem mit Blick auf die demografische Entwicklung, nach der der Anteil der Alten und Pflegebedürftigen weiter steigen wird." . . . da bin ich jetzt wieder ganz bei Dir, wenn ich es auch anders benennen würde (klänge bei mir eher nach "himmelschreiendem Mißstand, für den wir noch die ZEche werden zahlen müssen" oder so, meint wohl aber im Grunde dasselbe.

Dies sei nur mal ergänzend angemerkt . . .

LG, P.O.G.
 

pink_karibik

Neues Mitglied
Ich finde den Text auch sehr gut formuliert.
Wenn man sich doch mal das Lohn- / Leistungsverhältnis anschaut, was verdienen Pfleger, Einzelhändler, Erzieher, Bauarbeiter, Handwerker im Vergleich dazu was sie leisten?
Und wenn man sich dann die großen Schauspieler, Fußballer, Models oder Manager anschaut, was die leisten und wie viel Kohle sie in den A**** geblasen bekommen...
Wo ist da heutzutage die Fairness???
 

Natascha74

Aktives Mitglied
ein großer Unterschied zu früher ist die Medizin.
Drücken wir es einmal komplett gefühllos, rein nach Fakten aus:

der Mensch wird immer älter durch die moderne Medizin. So weit, so gut.
ABER: das kostet Geld.
Je älter der Mensch wird, umso länger muß man sich um ihn kümmern.
Und umso länger liegt er der Allgemeinheit auf der Tasche (Rente, mediz. Versorgung)

In früheren Zeiten starb man früher, oft auch in jungen Jahren an Erkrankungen.
Wenn man es hart ausdrücken will kann man sagen, die Natur hat das "Problem" gelöst.

Es hat also nichts mit der Leistungsgesellschaft zu tun.
 

Selah

Aktives Mitglied
Das sind am Ende ja auch die zwei Seiten einer Entwicklung. Die Menschen leben länger. Im letzten Lebensdrittel steigt das Krankheitsrisiko. Immer mehr alte Menschen bedeuten, dass es immer mehr Menschen gibt, die nicht mehr selbst arbeiten können, aber dennoch finanziert werden müssen. Immer mehr alte Menschen bedeuten aber auch, dass der "Pflege-Markt" wächst. Nicht umsonst ist eine Ausbildung zum Altenpfleger fast überall zu kriegen. Weil man hier Leute braucht und noch mehr brauchen wird. Eigentlich arbeitsmarkttechnisch positiv, allerdings will eben nicht jeder als Pfleger arbeiten, u.a. weil der Job schlecht bezahlt ist. Womit sich der Kreis wieder schließt.
 

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