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  • Liebe Forenteilnehmer,

    Im Sinne einer respektvollen Forenkultur, werden die Moderatoren künftig noch stärker darauf achten, dass ein freundlicher Umgangston untereinander eingehalten wird. Unpassende Off-Topic Beiträge, Verunglimpfungen oder subtile bzw. direkte Provokationen und Unterstellungen oder abwertende Aussagen gegenüber Nutzern haben hier keinen Platz und werden nicht toleriert.

Der Mohr hat ausgedient. Der Mohr kann gehn.

L

Lebenszeichen

Gast
Ja liebes Forum, so fühle ich mich.

Ausgenutzt. Nicht mehr gewollt, gebraucht oder wie auch immer.
Nach und nach brechen alle meine Freundschaften weg. Geblieben ist mir noch eine Freundin, die schwer psychisch krank ist und sehr anstrengend sein kann.
Niemand, der mal mit auf nen Kaffee geht, Lust hat auf ne Runde Laufen oder Schwimmen, Kino oder Stadtbummel. Mein Partner wird irgendwie auch immer mehr mein einziger Freund. Ok, wenigstens oder Gott sei Dank habe ich ihn!

Telefoniere ich mal mit jemandem, dann reden wir darüber wie teuer die Lebensmittel werden oder übers Wetter. Früher redeten wir über tiefgreifende Dinge. Einer meiner ehemals besten Kumpels hat mich früher bis zu dreimal täglich mit seinen Sorgen beglückt, heute muss ich froh sein, wenn er alle zwei Monate mal anruft. Eine andere Freundin verlor ihren Bruder, den ich nicht mal kannte. Sie hat mir die Freundschaft gekündigt, weil ich mir erlaubte nach mehreren Monaten, um ein Lebenszeichen zu bitten. Wir kannten uns 25 Jahre.

Ich höre immer nur ich, ich und nochmal ich und nur Thema Probleme, Finanzen, Unzufriedenheit. Was ist denn nur los? Ich bin sicher nicht blauäugig und sehe die Schrecken der Welt, aber um mich herum ist nur noch Neid, Missgunst, Egoismus, Depression, finanzielles Leid und letzten Endes Einsamkeit. Ich war in verschiedenen Vereinen oder Gruppierungen, aber da hat sich nichts Dauerhaftes ergeben. Ich lebe in einer kleinen Kurstadt, wo ich in 8 Jahren zwei oberflächliche Kontakte zustande gebracht habe. In der Schul-und Ausbildungszeit hatte ich immer Freunde, war oft Klassensprecherin.

Ich arbeite allein, auf selbstständiger Basis, so dass ich da auch kaum neue Leute kennenlerne. Ich bin jetzt 40, habe keine Kinder und die Meisten in meinem Alter sind da längst verheiratet mit Nachwuchs. Mich macht das irgendwie alles fertig, denn ich will nicht ausschließlich nur auf meinen Freund fixiert sein. Er meint übrigens, dass das die heutige Zeit ist, die verändert und kaputtmacht. Früher sprach man von "Freunden fürs Leben". Gibt's das noch?
In sogenannten "Freundesnetzwerken" kriegt man auch nur eindeutig zweideutige Angebote, das suche ich nicht.

Gruß Lebenszeichen
 

_cloudy_

Urgestein
Eine andere Freundin verlor ihren Bruder, den ich nicht mal kannte. Sie hat mir die Freundschaft gekündigt, weil ich mir erlaubte nach mehreren Monaten, um ein Lebenszeichen zu bitten. Wir kannten uns 25 Jahre.

Gruß Lebenszeichen
Verstehe ich das richtig, du hast dich erst mehrere Monate nach dessen Tod gemeldet?
Dann brauchst du dich allerdings nicht wundern.
 
L

Lebenszeichen

Gast
Nein cloudy.....

kurz nach seinem Tod hatten wir noch kontakt. Dann hat sie sich monatelang nicht mehr gemeldet. Ich fragte per SMS und Anruf nach, was denn los sei...wollte ihr doch beistehen, aber sie ließ mich nicht an sich ran, behauptete sogar später, ich wäre "abgesprungen". Verstehe das bis heute nicht. Das ist es ja, Wenn mir mal jemand einen Grund nennen würde, könnte ich besser damit umgehen.

Gruß Lebenszeichen
 

_cloudy_

Urgestein
Nein cloudy.....

kurz nach seinem Tod hatten wir noch kontakt. Dann hat sie sich monatelang nicht mehr gemeldet. Ich fragte per SMS und Anruf nach, was denn los sei...wollte ihr doch beistehen, aber sie ließ mich nicht an sich ran, behauptete sogar später, ich wäre "abgesprungen". Verstehe das bis heute nicht. Das ist es ja, Wenn mir mal jemand einen Grund nennen würde, könnte ich besser damit umgehen.

Gruß Lebenszeichen
Irgendwie viele Missverständnisse.
Ich bin da jetzt auch nur draufgekommen, weil in einem anderen Thread klagt eben die TE, dass nach dem Tod ihrer Mutter sich keiner mehr gerührt hat von den Freunden.

Vielleicht hat auch deine Freundin darauf gewartet, dass von dir da mehr kommt.
Als alte Freundin, auch ohne den Bruder zu kennen, hast du sie schon irgendwo im Stich gelassen, als es ihr sehr schlecht ging.
Verständlich, dass sie nach Monaten auf deine Nachfrage, wies geht, auch pfeift.
 
G

Gast

Gast
Hallo, Lebenszeichen, ich denke mal dass die Probleme, wie du sie hast, sehr stark an unserer heutigen Zeit liegen, denn mir selber und zahlreichen anderen Forenteilnehmern hier geht es ja genauso. Unsere Zeit ist schnellebig und stressig, man lernt sehr viele Leute kennen und die meisten davon nur flüchtig. Der einzelne ist mit Reizen überfordert und vergißt schnell. Ich habe den Kontakt zu Freunden von früher auch völlig verloren, und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch gar kein Interesse mehr an den Leuten, da ist einfach jede Beziehung voll und ganz weg. Auch mir bleibt nur der Partner, auch ich bin froh, dass ich ihn habe, aber ein einzelner Mensch kann natürlich nie alle Bedürfnisse befriedigen.

Ich halte es für wichtig, Dinge, die wirklich vorbei sind, gehen zu lassen. Wenn da keine Beziehung mehr ist, dann bringt das Ganze nichts mehr, dann muß man loslassen. Such dir am besten Dinge, die dir wirklich Freude machen, vielleicht Sportverein oder Fortbildung oder eine ehrenamtliche Tätigkeit, wie Hilfe im Tierheim oder ähnliches. Wichtig ist vor allen Dingen, dass die Sache dir Spaß macht, du mußt niemanden beeindrucken. Und wenn du mit jemandem ins Gespräch kommst, freu dich einfach darüber, gib auf Nettes Nettes zurück, aber habe keine Erwartungen. Niemals mehr wird irgendwas so sein, wie es früher einmal war. Das Heute ist anders als das Gestern, wir können nichts zurückholen, wohl aber aufmerksam schauen, was das Hier und Jetzt uns bietet. Ich wünsche dir Glück!
 

ithink

Aktives Mitglied
Hallo,

ja, diese Entwicklung finde ich auch sehr bedenklich. Bekannte, die sich plötzlich nicht mehr oder nur noch sehr sporadisch melden, wenn sie Eltern geworden sind, ist ja nichts Neues, auch wenn man wegzieht, schlafen die meisten der Freundschaften ein, aber mittlerweile reicht ja schon ein einziges Mißverständnis auf fernkommunikativer Ebene (SMS, soziale Netzwerke etc.) und eine Freundschaft, teilweise auch langjährige Freundschaften werden einfach ausgeblendet.

So langsam habe ich den Verdacht, dass es Auswirkungen der Kommunikation im und um das Internet herum sind, die zu diesen Effekten führen. Die Klick-und-weg-Mentalität im Umgang mit Internetkontakten überträgt sich quasi ins reale Leben, nur mit dem Unterschied, dass es im Anschluß daran erheblich schwieriger zu sein scheint, jemanden den man der neuen Gewohnheit entsprechend ausgeblendet hat, auch wieder einzublenden, da man nicht, wie im Netz, automatisch daran erinnert wird, dass es diese Person noch gibt.

Des Weiteren führt die Vielzahl an Internetkontakten bei vielen Menschen scheinbar zu der Illusion, noch jede Menge reale Kontakte zu haben, die aber in Wirklichkeit des öfteren nur von kurzer Dauer sind, da ein Wechsel eben so einfach ist. Da wird Qualität durch Quantiät ersetzt.

Problematisch dabei ist, dass die Vertrautheit einer Freundschaft durch häufige und oftmals grundlose Phasen der Nichtkommunikation, dauerhaft verloren geht und dann ist da plötzlich nichts mehr, auf dem man aufbauen kann.

Selbst Portale, wie z.B. dieses Forum fördern paradoxerweise diese Entwicklung. Anstatt sich, wie vormals, bei Freunden oder Bekannten auszulassen, zieht man es vor, dieses vor einem anonymen Publikum zu tun, da man - und das ist ein weiterer Punkt - dieses sofort zur Verfügung hat.

Auch in diesem Bereich verändert die Internetkultur die gesamte Gesellschaft. Ständige sofortige Verfügbarkeit versus Terminabsprachen. Eine permante, unterschwellige Ungeduld hat von vielen Menschen Besitz ergriffen, ein Nicht-warten-Können, ein Sofort-bedient-werden-Wollen. Das kann aber eine Freundschaft nicht immer und überall leisten, ihre Schwerpunkte liegen mehr in der Nachhaltigkeit und der Tiefe der Gespräche. Die Menschen tauschen also Geduld und Gründlichkeit gegen Schnelligkeit und Verfügbarkeit. Wir haben es also mit einem grundlegenden Paradigmenwechsel in der zwischenmenschlichen Kommunikation zu tun, mit der sich gerade diejenigen, die nicht schon von vornherein so aufgewachsen sind, also mit dem Internet in ständiger Verbindung mittels Smartphone stehen, eher schwer tun.

Um dieser dadurch produzierten Einsamkeit zu entgehen, muß man selbst, glaube ich zumindest, andere Maßstäbe an die eigenen Kommunikationsweisen anlegen. Ein plötzlicher Kontaktabbruch muß keine wirklich tiefgreifende Gründe haben, es könnte vielmehr ein erworbener Reflex sein, dem man, wenn man sich denn selbst davon überzeugen kann (und da liegt das Problem), mit erhöhter Kontaktbereitschaft entgegentreten kann. Kann funktionieren, muß natürlich nicht, aber einen Versuch ist es allemal wert. Auch die Frustrationstoleranz sollte in diesem Zusammenhang deutlich vergrößert werden. Man bedenke, dass man es sozusagen mit Düsenjägern statt mit schwerfälligen Doppeldeckern zu tun hat. Die Piloten sehen das Ziel erst, wenn es auf ihrem Radarschirm auftaucht und nicht schon bei einem einfachen Blick aus dem Cockpit, da sie einfach viel zu schnell und zu hoch fliegen. Für die Menschen unten, die zu ihnen aufblicken, mag das im ersten Moment ignorant wirken, ist es aber nicht. Um bei diesem Analogon zu bleiben, müßten sie z.B. große Feuer entzünden oder Raketen in den Himmel schiessen, um sofort bemerkt zu werden.

Mein Tipp wäre also, sich nicht frustrieren zu lassen, sondern einfach mal am Ball zu bleiben, auch wenn sich von der anderen Seite erst einmal nicht so viel tut und des weiteren, bei dem Versuch neue Bekanntschaften aufzubauen mehr investieren als man es vielleicht bisher getan hat und die Ruhe bewahren, wenn es lange dauert bis das Feuer sich entzündet.
 
Zuletzt bearbeitet:

spenst

Mitglied
Ich denke auch, dass die Sache mit der Freundin auf Missverständnissen auf ihrer Seite beruht. Vielleicht lässt sich da noch eine Erklärung finden.

Ansonsten kommt mir deine Biographie ziemlich bekannt vor und ich würde sagen, dass du eben auch ein relativ ungewöhnlicher, individueller Mensch bist. Solche Charaktere gibts anscheinend nicht so häufig und darum treffen sie auch nur selten aufeinander. Oder hast du den Eindruck, dass sich Menschen generell heutzutage kaum noch miteinander befassen? Also dass es nicht bloß am "verdreckten zwischenmenschlichen Niveau" liegt?

Die Gesellschaft handelt bevorzugt nach dem Konkurrenzprinzip. Sie produziert Gewinner und Verlierer. Du willst aber Win-Win-Prinzip, darum fühlst du dich ausgenutzt. Halte etwas mehr Distanz, bevor du noch ganz resignierst.

Es ist eine Konsumgesellschaft. Viele sind längst vollgefressen und unaufmerksam. Bald werden sie wieder hungrig sein. Sei misstrauischer, oder verlange Vertrauen von der Gegenseite. Wirf dich nicht zum Fraß vor. Vertrauen wird verliehen, nicht verschenkt.
 

ithink

Aktives Mitglied
@ spenst

Du schriebst
Es ist eine Konsumgesellschaft. Viele sind längst vollgefressen und unaufmerksam.
.
Ich würde es eher so betrachten: Viele verhungern am vollen Freßkorb, da sie sich mit Unverdaubarem vollgestopft haben. Sie gieren nach Nahrhaftem, sie wollen wieder gesund leben, aber sie wissen nicht wie. Deswegen meine ich ja, mehr initiative Kommunikation, mehr Einfühlungsvermögen, mehr Toleranz, mehr Geduld im Umgang mit Anderen. Nur so kann man gegensteuern.
 

spenst

Mitglied
Ja stimmt ithink, ich präzisiere: Materielles gibts meistens im Überfluss und alle streben danach. Es herrscht aber eine ideelle, auf Moral und Werte bezogene Hungersnot.
 
G

Gast

Gast
Das mit der auf Moral und Werte bezogenen Hungersnot, was spenst hier anführt, das kann ich nur voll und ganz bestätigen. Wichtig ist, zu erkennen, dass jemand, dem die Freunde abdriften und der in die Isolation gerät, kein Schuldiger, Böser und Schlechter ist, wie einem das oft gerne vermittelt wird, sondern dass dies ein Phänomen unserer Zeit ist, welches zunehmend mehr und mehr Leute erfaßt. Zu vergleichen vielleicht mit Seuchen, welche einst eine Folge materieller und physischer Hungersnöte waren.
Denkt daran, es ist in den seltensten Fällen eure Schuld, wenn ihr einsamer werdet. Ich bin Ende vierzig, bei mir trat das Problem schon lange vor dem Auftreten des Internets ein. Wenn jemand umzog, dann sind die Freundschaften bei mir immer zerbrochen. Man hat geschrieben, angerufen, aber irgendwann kam da nichts mehr. Dass eine Freundschaft einen Umzug überlebt, das ist meiner Erfahrung nach extrem selten.
Die Gleichgültigkeit entsteht meiner Erfahrung nach auch durch das starke Abdriften in die Medienscheinwelt. Kam ich wo zu Besuch, kam immer die eine oder andere Fernsehsendung, und ich störte. Man verlor die Lust an den Besuchen. Seifenopern waren für die Leute interessanter als die Anwesenheit des Besuchs, ohne dass jenen Gastgebern das bewußt geworden wäre. Und hier rede ich von den achziger und neunziger Jahren.
Wenn ich mich heute umschaue, sehe ich die Leute mit ihren Smartphones in Bussen, auf der Straße und überall. Die sind noch weniger ansprechbar als damals, die Situation, schon damals schwierig, hat sich um Zehnerpotenzen verschärft. Das reale Leben wird immer mehr ausgeklammert. Ich glaube, die meisten Menschen merken gar nicht, was da abgeht, sie werden einfach hineingezogen. Ich kann nur raten, das beste aus dem zu machen, was einem geblieben ist. Wenn eine Partnerschaft da ist, genieße sie. Wenn ihr nette Nachbarn habt, unterhaltet euch sobald es sich ergibt. Wenn sich im Bus ein Gespräch ergibt, genießt es und bewahrt es in eurer Erinnerung. Lebt nicht in der Illusion, orientiert euch an der Realität, lernt, diese anzunehmen, auch wenn es wehtut. Und wenn es einmal schön war, erwartet nicht, dass es wieder schön werden wird. Es wird anders werden. Immer wieder.
 

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