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Auslandsstudium USA - Will eigentlich nur noch heim...

ShadowWalker

Mitglied
Liebes Forum,

Ich bin zur Zeit im windigen und regnerischen Oregon, da ich dort mein Jahr als Austauschstudent absolviere.
Ich bin schon seit über 6 Wochen im Lande und es kommt mir schon Jahre vor.

Ich muss fairerweise dazusagen:
Ich wollte diesen Schritt schon immer machen und habe mich wirklich reingekniet in die Vorbereitungen, es gab so vieles im Voraus zu erledigen und mir war nichts zu viel für etwas, was ich eigentlich als meinen Traum, als mein Sahnehäubchen meines Studiums angesehen habe und naja... jetzt bin ich endlich hier...

Wir (die anderen restlichen deutschen Austauschstudenten, die mit mir kamen) haben bereits schon Ausflüge gemacht, um die Gegend rund um uns herum etwas genauer kennen zu lernen (wir waren auch an der Westküste), was alles echt total schön war - nur hat sich bei mir irgendwie relativ schnell der etwas "grauere" Alltag hier eingestellt, insbesondere seit dann auch die Uni losgegangen ist. Mir war von Anfang an klar, dass wir alle nicht zum Urlaub machen hergekommen sind (und ich habe das Gefühl, ich bin derjenige, der das ständig jedem sagt, insbesondere meinen Eltern, und so langsam vermute ich, kommt mir dieser Satz als Aussage gerade recht, um zu rechtfertigen, dass ich mehr oder weniger jeden Tag nur vor mich hin vegetiere).

Ich weiß also, dass ich hier primär zum Studieren gekommen bin und nicht primär zum Herumreisen und Land und Leute anzuschauen und das will ich auch gar nicht, nein, was mich im eigentlichen Sinne umtreibt und womit ich immer noch sehr zu kämpfen habe seit dem Moment als ich in Frankfurt ins Flugzeug gestiegen bin, ist ziemlich starkes Heimweh und eine Art Unsicherheit bzw. Paranoia, die ich mir selber nicht richtig erklären kann.

Ich vermiss meine Familie und Freunde in Deutschland, fange sogar schon an, mich nach ganz banalen und alltäglichen Sachen in Deutschland zu sehnen, denen ich daheim immer gleichgültig gegenüber gestanden bin, z.b. mal wieder mit der Bahn fahren, gescheites Brot zu essen, oder Apfelschorle (Kohlensäuremineralwasser mit Apfelsaft) zu trinken. Je länger ich von zuhause weg bin, desto stärker merke ich, wie sehr ich Deutschland vermisse und wie stolz ich bin, Deutscher zu sein. Ich mag die USA wirklich, keine Frage, sonst hätte ich mich nicht dafür entschieden. Allerdings wird mir seit ich hier bin mehr und mehr klar, dass ich hier nicht dauerhaft leben könnte oder wollte - so schön es auch landschaftlich und kulturell sein mag.

Hinzu kommen wie gesagt Ängste, die ich mir selber nicht so richtig erklären kann. Ich bin von Natur her eh etwas ängstlich. Seit ich hier im Lande bin, lauert einfach eine gewisse Grundangst im Hintergrund. Angst, mir könnte was passieren (man weiß ja, dass hier die Waffengesetze viel lascher sind), Angst, dass mir jemand etwas will, oder ich in irgendwas reingerate, mit dem ich nichts zu tun haben will (ich höre und lese immer nur von dem viel strengeren und manchmal sogar unverhältnismäßig hohem Strafmaß, wo auch Unschuldige, denen etwas in die Schuhe geschoben wurde, ewig lang im Gefängnis versauern).

Zugegeben, eigentlich sind solche Gedanken unnötig, denn ich bin ja nicht kriminell, noch könnte ich durch meine ohnehin schon fast etwas krankhaft ausgebildete Überängstlichkeit eh sehr schwer vorstellbar an die falschen Leute geraten oder sonst in irgendwas reingeraten. Aber meine Ängste bleiben.
Die Enthüllungen, die in den letzten Monaten dann noch in den Medien waren bezüglich Abhör-Politik im Netz, etc tragen nicht gerade besänftigend dazu bei. Ich bin mittlerweile schon soweit, dass ich Angst habe, gewisse Meinungen oder Themen mit anderen im Chat oder ähnlichen zu erörtern, insebsondere seit ich hier bin.

Meine Eltern finden, dass ich sehr übertreibe und haben letztens sogar schon vorgeschlagen, wenn ich wieder in Deutschland bin, sollte man diesen Ängsten und paranoiden Zuständen mal mit professioneller Hilfe auf den Grund gehen.

Nun muss ich allerdings fairerweise dazu sagen, dass ich nicht jeden Tag hier aufwache und generell diese Angst und das Heimweh verspüre - so krass ist es jetzt auch wieder nicht. An manchen Tagen will ich einfach nur noch heim, sogar so sehr, dass ich fast sehnsüchtig auf die stündlich abfahrenden Shuttle Busse auf meinem Campus schaue, die Leute zum Flughafen bringen und ich manchmal kurz davor bin, selber ein Ticket zum Flughafen zu buchen.

Dann wiederum hasse ich mich für diese Gedanken und für das was ich fühle, denn es hat mich wirklich niemand gezwungen hier her zu kommen. ICH wollte das doch. Ich hasse mich dann in den Momenten selber, dass ich doch eigentlich jede Sekunde Stolz sein müsste dafür, dass ich das Glück bzw Privileg habe, dieses Auslandsstudium hier zu machen. Meine Eltern unterstützen mich finanziell (und das ist wirklich nicht billig), und das macht dann meine Gefühlslage noch schlimmer, denn meine Eltern spüren, wenn wir telefonieren oder schreiben, dass ich mich nicht wohl zu fühlen scheine. Das widerum macht dann meine Eltern traurig.

Es spielen also so viele Faktoren mit rein und ich weiß einfach gar nicht, wo mir der Kopf steht. Meine Mom sagt immer, dass ich es zutiefst bereuen würde, wenn ich das jetzt nach 6 Wochen hinschmeißen würde und ich bin mir sicher, dass sie Recht hat. Andererseits sagt mir irgendwas in mir drin, dass ich das nicht noch bis Juni nächsten Jahres aushalte.

Ich bin zu dritt in einem Schlafsaal auf dem Campus, unser Zimmer ist vielleicht so groß wie eine Gefängniszelle, meine Roommates sind zwar persönlich OK und nett, aber es sieht aus wie Sau. Die lassen ihre schmutzige (und auch frische) Wäsche einfach auf dem Boden rumfahren - ich muss über Wäsche, Taschen und was weiß ich hinüber steigen, wenn ich zur Tür möchte - dann spielen sie den lieben langen Tag (wenn sie nicht gerade in Vorlesungen sind) am Laptop irgendwelche Videospiele und ständig ist das Geklicke von ihren Computermäusen oder Geklacker der Tastaturen zu hören.

Ich bin mittlerweile jeden Tag fast nur noch von morgens bis abends in der Bibliothekt, weil es da leise ist und ich etwas lernen kann für die Kurse. Ein Zimmerwechsel ist nicht ganz so einfach und es gibt sehr lange Wartelisten.
Off-Campus, also ein Apartment irgendwo in der Stadt ist noch schwieriger.

Hinzu kommen dann noch die hohen Kosten, die jedes Semester anfallen. Meine Eltern sagen zwar, dass sie mich unterstützen und es ja von Anfang an klar war, was da auf uns zukommen würde, aber ich merke, dass das nicht so ohne ist, auch wenn sie es nicht direkt sagen. Wenn dann noch hinzu kommt, dass sie merken, dass ich mich hier quäle, dann ist der hohe Preis für jedes Semester wirklich besser in etwas anderes investiert und da stimme ich auch zu.

Mit den anderen Deutschen, die mit mir ankamen, stehe ich nicht in so einer guten Verbindung. Das hat aber Gründe, die vor dem eigentlichen Austauschjahr anfangen, denn wir sind alle über eine Organisation und haben uns daher schon im Juli kennen gelernt und waren seither auch immer in Facebook in einer Gruppe.

Ich bin also oft allein, jeden Tag eigentlich, in der Bibliothek. Ab und zu mache ich etwas mit den anderen Deutschen, aber wie gesagt, ich fühle mich da in der Gesellschaft nicht so richtig wohl und ich glaube mittlerweile merken sie es auch, da ich oft nicht bei jedem Treffen oder Aktion dabei bin, das sie zusammen besuchen.

Ich habe vor 2 Wochen einen Rückflug nach Deutschland im Dezember gebucht, da mein Semester Anfang Dezember hier aufhört und das neue erst nach Neujahr beginnt. Der Flug war verhältnismäßig billig und es ist das einzige, worauf ich mich hier momentan freue: Über Weihnachten und Silvester wieder daheim zu sein, während die anderen Deutschen über die Feiertage in den USA rumreisen und dies und jenes besichtigen...

Ich schaue fast täglich nach Flügen nach Deutschland (es gehen ja täglich welche), obwohl ich nie wirklich vorhabe, einen zu buchen. Eigentlich geht mein Programm bis Juni nächsten Jahres (3 Terms sind das), aber ich bin mittlerweile schon am Überlegen einfach nach dem ersten Term Anfang Dezember einfach in Deutschland zu bleiben und es dabei zu belassen.

Keine Ahnung ob dies so einfach möglich wäre, denn ich bin von meiner Heimatuni als Austausch mit der Gastuni hier vermittelt worden und die bieten nur 3 Terms (1 akademisches Jahr) an, da sich 1 Term, also von Ende September bis Anfang Dezember gar nicht lohnen würde.

Ich weiß momentan einfach nicht mehr weiter - hätte einfach nur gern wieder meinen normalen geregelten Alltag - andererseits bin ich mir sicher, dass ich einen Abbruch irgendwann doch noch bereuen würde. Aber so wie es jetzt ist, kann es auch nicht weiter gehen, dafür ist das ganze Ding tatsächlich viel zu teuer...

Was meint ihr denn so? Hat da jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
 
hallo,

ich bin in jungen jahren gleich nach der schule nach sued-afrika gegangen. habe dort in der bank gearbeitet. die erste zeit ging es mir wie dir auch. heimweh!!! gaaanz schlimmes! dann kam auch noch blad weihnachten und auch wenn wir hier den schnee nicht so schätzen, fehlte er mir fürchterlichst. habe viel geweint damals und an zu hause gedacht. gereade die erste wochen. mit der zeit lernte ich aber leute kennen und es entwickelten sich freundschaften -nicht zu viele - aber gerade so ,dass ich mich aufgefangen fühlte. bald hatte ich auch einen netten mann kennengelernt. damit war mein heimweh jedoch nicht besiegt. in stillen stunden überkam es mich um so schlimmer, als ich es sonst recht gut verdrängen konnte. insgesamt war ich 4 jahre dort , habe ein kind bekommen und geheiratet. nach vier jahren bin ich wieder zurück hierher, mein mann folgte ein jahr später.

bezüglich der banalen dinge: ich kann und konnte dieses weiße brot niemals ausstehen. es gab nur solches in s.a. endlich fand ich einen laden mit deutschen gütern. war natürlich sehr teuer, da alles importiert war. das war alles noch zu zeiten der apartheid und wir waren ja sozusagen "geächtet und isoliert". jedenfalls kaufte ich als erstes mal pumpernickel und war soooo stolz als ich diesen des abends meinem mann servieren konnte mit dt. wurst natürlich.
er verzog das gesicht und meinte, wenn alles in deutschland so schmeckt, dann bleib er doch lieber in s.a.

wie du siehst, was den einen freud ist des andern leid. und ich denke vieles ist gewohnheit. wobei ich mich bis heute nie ans weiße brot gewöhnen konnte und wenn ich in urlaub fliege, an orte von denen ich weiß, dass es nur diese dort gibt, packe ich mir immer vollkornbrot ein.

meinem mittlerweilen ex-mann ging es übrigens weihnachten genaus so. er vermisste das fest am pool in der sonne.


warte eine weile und lass die dinge auf dich wirken und du bist ja nicht ewig weg.

für mich war die rückkehr etwas ernüchternder. waren mir doch in den jahren alle musikalischen neuentdeckungen entgangen. das kam ja nie bis dahin durch. filme mit auch nur den geringsten sex.andeutungen wurden gekürzt und auch sonst wusste ich - ausser wenn mir meine mutter mal ne dt. zeitung schickte - nicht viel von der "aussenwelt".


wünsche dir viel glück und geduld.


gruß
 

°°°abendtau°°°

Sehr aktives Mitglied
Das erinnert mich an meine Anfangszeit in der Schweiz. Ist zwar nicht vergleichen, hatte auch ganz andere Gründe und auch kein Heimweh. Aber das was ich erlesen kann, dass Dir eine gewisse Routine gut tun würde. Ein kleines persönliches Ritual um mit den Leuten in Kontakt zu kommen.
Ich habe mir von Anbeginn gesagt: Junge geh unter Leute! Wenn man so will, war das meine persönliche Integrationsmaßnahme. Nach dem Job bin ich erst ins lieblings Café, dann erst nach Hause. Irgendwann kannte man mich. Dann ging es auch besser, so das sich mein Wirkungskreis step by step erweitert hat.

Für mich ist Dein größtes Problem, Deine nervigen Zimmerkollegen. Das ist alles andere als ein Wohlfühlklima + all die vielen neuen Eindrücke durch Land und Leute und und und. Das alles muß man doch auch erst mal gebacken bekommen. Das ist verdammt viel.

Ich bin mittlerweile jeden Tag fast nur noch von morgens bis abends in der Bibliothekt,[...]
Ich würde hier ansetzen. Schau Dich mal um wer dort ebenfalls den ganzen Tag verbringt. Ich denke damit bist Du nicht alleine. Mindesten aber würde ich mir einen anderen Ort als Ausgleich bzw. als Alternative suchen. Was und wo auch immer.
Die Kombi - Bibliothekt als Flucht und Lernzone, halte ich nicht für gut. Könnte mir gut vorstellen, dass man somit automatisch ins Heimweh verfällt.
Und... Heimweh ist auch etwas normales. Heißt, dass Du damit garantiert nicht alleine bist. Die Frage ist, wer gibt es zu.

Und besorg Dir vernüftiges Brot! :D Siehe @freudeamleben :)
Ist doch auch ein Stück Heimat. Immerhin.

Alles Gute...
abendtau
 

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