Hallo,
Ich habe es in einem Thread hier schon angedeutet, ich habe "Gott sei """""Dank""""" in den letzten 10 Jahren mein komplettes Leben und alle/alles was mir wichtig war, verloren.
Inklusive mir selber.
Und ich fand mich verglichen mit heute zumindest nicht unterste Schublade.
Alles fing ganz harmlos an.
Ich wurde mit 19 mit drogeninduzierter Psychose diagnostiziert, machte einen bis heute erfolgreichen Entzug (Polytox) und nahm fortan Medikamente, hatte ein Leben das nicht supererfolgreich, aber ok und normal war mit der Vorgeschichte und zumindest ein paar Leute zum telefonieren/Kaffee trinken/abends weggehen, Beziehungen und irgendwann sogar eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Leider ging die erste Anstellung in der Probezeit schon vorbei, aber es hatte auch auf beiden Seiten überhaupt nicht gepasst (meine Qualifikationen, das anstrengende Pendeln,...)
Das Problem war: ich bin zusätzlich saisonal depressiv, d.h. ich bekam im November 2011 pünktlich meine Sui*idgedanken (wie seit 1996 schon immer). Also ließ ich mich einweisen, beim ersten Aufenthalt seit Ewigkeiten ging allerdings leider viel schief. U.a. wurden die Antipsychotika abgesetzt, ich saß dann im Frühsommer darauf am gefühlt tiefsten Punkt seit Beginn der Psychose und stieß auf eine Jesuswerbungsseite im Netz.
Machen wirs kurz, es wurde "Heilung durch Jesus" versprochen, ich krempelte mein Leben total um, richtete es nach IHM aus und verlore alle und alles, fast im November 2019 sogar mein Leben bei einem sehr schweren Sui***versuch, so nur große Teile meiner physischen Gesundheit.
Ich habe mich in ein Monster verwandelt, das nichts mit der zumindest meistens liebenswerten Person zu tun hat, die ich vorher war, ich habe ungefähr 5000 Dinge getan, die ich mehr bereue als alles davor, mein Bild von Christen hat sich zu "ignorante verlogene (P*do)Monster" geändert, in meinem Herzen haben sich Hass und Trauer breitgemacht und die zerbrochenen Beziehungen sind nicht mehr zu kitten.
Am meisten leide ich unter der Einsamkeit, weswegen ich mich angemeldet habe, zu Therapeuten habe ich das Vertrauen verloren, mein Psychiater (selbst Katholik) nimmt alles achselzuckend hin, ich versuche mich emotional mit gespielter Misanthropie über Wasser zu halten, arbeiten werde ich nie wieder können und ob ich je wieder mehr zu echten Menschen sage als Hallo und Tschüß oder in der Psychiatrie zu Mitpatienten 5 Sätze mehr, ist fraglich...
Soviel erstmal in "knapp", danke fürs lesen.
Hi Katta82,
das ist sehr viel Schlimmes, das du durchgemacht hast. Wenn ich darf, würde ich dazu gerne einfach mal aufschreiben, was mir dazu einfällt.
Also zunächst einmal ist Psychose einfach eine wirklich üble Krankheit - dass du das bekommen hast, ist einfach grosses Pech.
An deiner Stelle würde ich nicht zu hart mit dir selbst ins Gericht gehen, wenn du im psychotischen Zustand Freundschaften von dir zerstört hast. Es ist sehr, sehr schwierig, Bekanntschaften oder sogar Freundschaften zu pflegen, wenn du keinen Bezug zur Realität hast und den hattest du damals eben offensichtlich nicht.
Dass du enttäuscht bist, dass dir deine Freunde dein Handeln in Psychose nicht verzeihen können, ist verständlich.
Ob es realistisch ist zu erwarten, dass dir deine Freunde wieder verzeihen und vertrauen können, lässt sich nur sehr schwer beurteilen, wenn nicht klar ist, was überhaupt passiert ist.
Dass du damals in deiner (beginnenden?) Psychose auf diese Sekten-Homepage gestoßen bist, ist wirklich großes Pech. Sekten sind gut darin, sogar völlig gesunde, stabile Menschen in einem schwachen Moment einzufangen. Dass du dem damals keinen großen Widerstand entgegen setzen konntest, ist nun wirklich nicht verwunderlich.
Immerhin bist du wieder in der Realität gelandet (auch, wenn es dich offenbar sehr, sehr viel gekostet hat).
Was nun deine Abneigung gegenüber dem Christentum betrifft, ist mir nicht ganz klar, was du eigentlich von Christen erwartest.
Christen (und überhaupt Gläubige) sind meiner bisherigen Erfahrung nach keine besseren Menschen als Ungläubige. Ich nehme an, dass es im statistischen Durchschnitt vermutlich keine Unterschiede in ethischem Verhalten zu Agnostikern oder Atheisten gibt (obwohl ich ehrlicherweise hinzufügen muss, dass meine persönlichen Erfahrungen bisher mit bekennend Gläubigen überdurchschnittlich negativ waren - warum auch immer). Aber ich durfte ab und zu auch mal Christen kennen lernen, die sich mir gegenüber 'normal anständig' verhalten haben - das gleicht die Bilanz wieder aus.
Es verblüfft mich bisschen, dass deine Erwartungen offenbar deutlich höher sind? Meiner Meinung nach ist es notwendig zu unterscheiden zwischen der Religion als abstraktem Gebilde (die teils einen sehr hohen moralischen Anspruch hat) auf der einen Seite und dem real existierenden Menschen auf der anderen. Und die sozialen Gebilde wie die Kirche mit ihrer Machthierarchie ist noch mal was drittes.
Und noch ein Gedanke: Wenn du immer im Herbst depressiv wirst, hat das vielleicht einen Bezug zum Tageslicht?
Hast du mal eine Tageslichtlampe probiert und/oder eine Substitution von Vitamin D?
Was das mit dem 'nie wieder arbeiten' betrifft - da ich nicht weiß, wie groß die krankheitsbedingten Einschränkungen sind, die du im Moment hast und denke, dass du deine Situation besser beurteilen kannst als ich, möchte ich mich sehr vorsichtig ausdrücken.
An dem Spruch 'sag niemals nie' ist aber etwas wahres, finde ich.
Du kannst offenbar denken, im Internet surfen, lesen und schreiben. Und Medizin und die Berufswelt entwickeln sich. Vielleicht findest Du langfristig eine Lösung, wie du beruflich arbeiten kannst, wenn du das willst.
Alles Gute!