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4 Wochen trocken, und mir geht's nicht gut!

L

LonelyCityCowboy

Gast
Hallo,

Ich muss mal ein bischen was loswerden und schreibe deshalb hier, vielleicht hilft es ja.

Ich bin Anfang diesen Jahres nach einer sehr kurzen und unglücklich gelaufenen Beziehung zu einer zuvor langjährigen Freundin in eine tiefe emotionale Krise gestürzt. Es handelte sich um die Exfrau meines ehemals besten Freundes. Ich bin seit je her ein eher introvertierter, kontaktscheuer Mensch und diese beiden Menschen waren meine wichtigsten Bezugspersonen und quasi die Säulen meines ganzen sozialen Netzwerks.

Nachdem diese Säulen weggebrochen waren bin ich komplett abgestürzt und habe angefangen stark zu trinken. Ich hatte überhaupt keine Selbstwertgefühl mehr, keinen Lebensmut und fühlte eine komplette innere Leere. Ich habe mich zwar schon früher öfter mal ähnlich gefühlt, aber nicht über einen so langen Zeitraum. Nach einem halben Jahr dahinvegetieren ging es mir körperlich so schlecht, dass ich auf der Arbeit fast kollabiert wäre. Da bin ich zum Arzt gegangen und habe ihm gesagt "Mir geht es nicht gut, Ich trinke zu viel." Er hat mich sofort in eine Psychiatrie zur Entgiftung eingewiesen.

Vor 4 Wochen wurde ich aus der Klinik entlassen und trinke seitdem keinen Tropfen. Ich habe mich danach sofort an eine Suchtberatungsstelle gewendet und werde wohl demnächst eine ambulante Entwöhnungstherapie beginnen. Ausserdem gehe ich einmal pro Woche in eine Selbsthilfegruppe.

Mein Problem, ich fühle mich psychisch kein Stück besser. Diese innere Leere und Antriebslosigkeit, das alles ist nach wie vor da, nur dass ich halt nichts mehr trinke. Ich versuche zwar mit viel Disziplin einige Dinge zu ändern, habe z.B. den Kontakt zu einem alten Freund wieder aufgenommen, wieder angefangen regelmäßig Sport zu treiben, aber es fällt mir alles wahnsinnig schwer und vor allem ich empfinde einfach keine Freude. Ich falle dann oft wieder in alte Verhaltensmuster, hänge nur dröge rum und verfalle in Trübsal blasen.

Ich habe in der Klinik einige Leute mit Depressionen kennengelernt und sehr viel mit diesen Menschen geredet, und musste feststellen, dass ich mich in diese Menschen unheimlich gut hineinversetzen konnte, teilweise noch besser, als in die "Suchties" aus der Selbsthilfegruppe. Eigentlich wollte ich gar nicht aus der Klinik entlassen werden, weil ich mich da zum ersten mal seit langem wieder wie ein Mensch gefühlt habe und seit ich draussen bin ist alles wieder trist und leer.

Ich bin mir jetzt unsicher, ob die Alkoholentwöhnungstherapie das Richtige für mich ist, denn das Trinken war denke ich nur ein Ventil, für alles andere. Ich würde eigentlich lieber eine Therapie machen, die den Fokus auf meine Depressionen legt (Ich behaupte jetzt einfach mal depressiv zu sein, auch wenn mir das nicht diagnostiziert wurde). Ich weiss aber nicht, wie ich da jetzt weiter vorgehe.

Bin für Ratschläge dankbar.

Grüße
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Hallo Cowboy,
es ist beeindruckend, dass du das geschafft hast, was viele nicht schaffen! Dazu erst einmal einen Glückwunsch!
Was du vielleicht nicht weißt und dir weiterhilft: Durch starken Stress und auch durch starken Alkoholkonsum verliert der Körper massiv Mineralstoffe und Vitamine (z.B. Vitamin C und Zink). Diese haben (was viele nicht wissen) einen starken Einfluss auf das psychische und mentale Befinden. Wenn man die nicht wieder auffüllt, bleiben die Beschwerden, genau so, wie du es beschrieben hast.
Mein Tipp also: Gönne dir mal eine Kur in dieser Richtung, das muss gar nicht viel kosten, schon ein Päckchen "A-Z-Multivitamine" aus dem Supermarkt (100 St./ca. 4 Euro) und eine Packung Zinktabletten aus der Apotheke (z.B. Zinkorot25 Wörwag oder ZinkBeta Brausetabletten) können einen großen Unterschied bewirken. Das Zink bitte eine Stunde vor dem Essen nehmen, das Multipräparat nicht spät abends, da ist Vitamin C drin und das macht manche Leute wach.
Wenn du noch Infos brauchst, melde dich einfach (auch per PN).
Gruß, Werner
 
G

Günter

Gast
Hallo LonelyCityCowboy

Ich habe gerade wenig Zeit, entsprechend antworte ich nur knapp.

Ich habe eine ähnliche Situation erlebt, wie Du, ist schon ein paar Jahre her. Es gibt wirklich einige Parallelen. ;)

Ich glaube, Du spürst schon selbst, wo es lang gehen sollte. Ich würde Dir raten, Dich danach zu richten.

Für mich klingt das urprünglich auch mehr nach Motivationslosigkeit, bzw Depression. So etwas kann ja sehr gut zu Alkoholismus führen. Alkohol, als so etwas wie ein Antidepressivum, zwar nicht stimmungsaufhellend, aber wenigstens betäubend.

Wo ist Dein Privatleben? Wo sind Deine Freunde und Bekannten? Was machst Du aus Deiner Freizeit? Wie könnte es dazu gekommen sein, wie es jetzt ist? Wie könnte man es ändern? Was willst Du überhaupt? Alles Fragen, die Du Dir jetzt stellen könntest.

Was den Alkohol betrifft, solltest Du zumindest ein Auge drauf haben. Ein halbes Jahr seine Gefühle im Alkohol ertränken ist ein großer Schritt auf Alkoholismus zu. Wie ernst es bei Dir ist, kann ich nicht einschätzen, das hängt auch davon ab, ob Du bereits vorher häufiger mal etwas getrunken hast, um das Leben erträglicher zu machen. Irgendwann verselbstständigt sich so etwas halt, und das kann man leicht unterschätzen. Wenn Du Entzugserscheinungen hattest, bist Du auf jeden Fall auch Alkoholiker.

Ich kann auch nachvollziehen, dass Du mit depressiven Menschen mehr anfangen konntest, als mit Menschen aus Alkoholikergruppen. Diese Gruppen arbeiten halt in erster Linie nicht an den Ursachen des Trinkens, sondern mehr am Erhalt des Nichttrinkens.

Ich finde, Du solltest das alles mal Deiner Beratungsstelle vortragen. Das sind erfahrene Menschen, mit denen kannst Du besprechen, welcher Weg für Dich besser sein könnte. Die wissen, dass nicht jeder Mensch viel mit Psychotherapie anfangen kann, genauso wie andere Menschen nicht soviel mit Alkoholikergruppen anfangen können, und sie wissen auch, dass die Kombination Alkoholismus und Depression recht häufig vorkommt.

Man kann übrigens auch beides gleichzeitig machen. Also den Alkohol sicher im Auge behalten, und eine ambulante Psychotherapie in Gang bringen. Vielleicht wäre das ein Weg für Dich?

Günter
 
L

LonelyCityCowboy

Gast
Hallo,

Ich war letzte Woche bei meiner Beraterin, und habe da meine Probleme angesprochen. Da ich sowieso noch im Vorfeld der Therapie zu einem Psychiater muss, meinte sie, ich soll meine Probleme dort auch ausführlich besprechen. Vielleicht muss man auch zumindest für eine gewisse Zeit über Antidepressiva nachdenken. Viele andere Betroffene hätten damit wohl positive Erfahrungen gemacht und so ihre Stabilität wieder gewonnen.

Das Gespräch hat mich auf jeden Fall erstmal dahingehend beruhigt, dass ich jetzt doch denke, dass ich da ganz gut aufgehoben bin. Trotzdem geht's mir immer noch nicht gut. Vor allem am Wochenende bin ich komplett down. Meistens komm ich nicht vor 12 aus dem Bett und danach fällt mir einfach nur die Bude auf den Kopf. Dann kommen wehmütige Gedanken an Früher und das zieht mich dann wie in einer Spirale immer weiter nach unten. Und ich kann dann gar nichts machen, selbst wenn ich versuche was zu unternehmen oder mich abzulenken, danach geht es mir oft noch schlechter, weil sich einfach keine Freude einstellen will.

Ich hoffe, dass das mit der Zeit besser wird und versuche geduldig zu bleiben, aber es ist wirklich sehr schwer und ich weiss nicht wie lange ich das noch mitmache.
 
L

LonelyCityCowboy

Gast
Hallo LCC,
Ich frage dich aber doch, was du denn TUST (außer geduldig zu sein und zu warten), damit es besser wird?
Naja wie gesagt,

Unter der Woche bin ich halt weitestgehend beschäftigt. Ich geh arbeiten, hab 2 Gruppen, die ich besuche, und einmal ein Einzelgespräch bei der Beratungsstelle. Ansonsten versuch ich mich körperlich fit zu halten, und mach kleinere Dinge, wie zu versuchen Bekannte, die ich aus den Augen verloren habe, zu kontaktieren und so wieder soziale Beziehungen zu etablieren. Das geht aber natürlich nicht von heute auf morgen und es gibt auch immer wieder Rückschläge.

Ich weiss das klingt alles nicht besonders aufregend, und worauf Du hinaus willst, sind wahrscheinlich radikalere Dinge (Job wechseln, Auswandern, Weltreise, nochmal studieren, o.ä.). Ich weiss auch, dass so etwas evtl. Sinn macht, aber im Moment fühle ich mich dem nicht gewachsen, und im Zustand emotionaler Instabilität, sollte man glaube ich auch keine wichtigen Lebensentscheidungen treffen. Das kann schnell nach hinten losgehen. Ich hoffe halt, dass ich durch die Therapie wieder zu mir finde und so nach und nach mehr Dinge in Angriff nehmen kann.

Gruß
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Ich geh arbeiten,
hab 2 Gruppen, die ich besuche,
und einmal ein Einzelgespräch bei der Beratungsstelle.
versuch ich mich körperlich fit zu halten,
versuchen Bekannte, die ich aus den Augen verloren habe, zu kontaktieren und so wieder soziale Beziehungen zu etablieren.
Das ist viel mehr als ich vermutet hatte! Klasse!
Würde dir auch raten, hier weiter zu machen und genau zu beobachten, was dir davon gut tut und dann wo es geht mehr davon. Radikale Dinge scheinen mir auch eher dann angeraten, wenn du emotional auf sicherem Boden stehst. Gute, vielseitige Ernährung würde ich dir noch raten wollen und vielleicht noch ein bisschen mehr Spaß und Spiel, wenn es Gelegenheit dazu gibt. Gelegenheiten zum Glücklichsein und so :)

Alles Gute,
Werner
 
G

Günter

Gast
Hallo LonelyCityCowboy

Ich war letzte Woche bei meiner Beraterin, und habe da meine Probleme angesprochen. Da ich sowieso noch im Vorfeld der Therapie zu einem Psychiater muss, meinte sie, ich soll meine Probleme dort auch ausführlich besprechen. Vielleicht muss man auch zumindest für eine gewisse Zeit über Antidepressiva nachdenken. Viele andere Betroffene hätten damit wohl positive Erfahrungen gemacht und so ihre Stabilität wieder gewonnen.
Immerhin hast Du die Erfahrung gemacht, dass Du Einfluß auf den zukünftigen Verlauf nehmen kannst. Jetzt spielt nicht nur der Alkohol eine Rolle, es wird auch eine Behandlung einer Depression in Betracht gezogen. Einfach nur, indem Du über Deine Eindrücke, Deine Vorstellungen sprichst. Du kannst mitbestimmen, wie es weiter gehen soll. Wenn Du nichts sagst, wird bei Dir evtl nur ein Standardprogramm durchgezogen.

Antidepressiva sind vielleicht gar nicht so verkehrt. Sie werden den Motivationsmangel nicht beseitigen, können aber Deine Stimmung aufhellen, so dass es leichter für Dich werden könnte, in Zukunft Dein Leben anders in die Hand zu nehmen. Du denkst bitte daran, dass es bei Antidepressiva verschiedene Wirkstoffe gibt, die ganz unterschiedlich auf jeden Menschen wirken. Wenn Du ein für Dich passendes Antidepressivum finden willst, mußt Du evtl mehrere Wirkstoffe für 1-2 Monate ausprobieren, und schauen, wie gut Du jeweils damit zurecht kommst.

Vielleicht solltest Du in der folgenden Zeit experimentieren. Dich z.B. auf die ambulante Entwöhnung für ein paar Monate ganz einlassen, und danach neu entscheiden, ob sie Dir wirklich etwas bringt, oder ob Du sie eher als verlorene Zeit empfindest.

Eigentlich wollte ich gar nicht aus der Klinik entlassen werden, weil ich mich da zum ersten mal seit langem wieder wie ein Mensch gefühlt habe und seit ich draussen bin ist alles wieder trist und leer.
Du berücksichtigst bitte auch, dass Dein Erleben der Klinikzeit zwei Ursachen haben kann. Einmal werden bei Kliniken Menschen aus ihrem Alltag herausgerissen, und können sich in einer geschützten Umgebung noch einmal ganz neu erleben. Erlebst Du Dich in einer Klinik ganz anders, könntest Du daraus Hinweise entnehmen, wie Dein Leben verlaufen könnte, und was Dir in Deinem Alltag fehlen könnte.

Andererseits können Dir auch die Therapiemethoden gefallen haben, so dass Du jetzt etwas genauer weißt, wie Du in Zukunft vorgehen könntest.

Ich hoffe, dass das mit der Zeit besser wird und versuche geduldig zu bleiben, aber es ist wirklich sehr schwer und ich weiss nicht wie lange ich das noch mitmache.
Du solltest jetzt langfristiger denken. Ich vermute, dass Dein ganzes Leben etwas seicht verlaufen ist. Vielleicht mit einer Neigung zu Depression, evtl gelegentlich mit Alkohol, um es erträglicher zu machen. Dass diese kurze Beziehung und der Wegfall dieser zwei Menschen aufgedeckt haben, wie wackelig Dein Leben aufgebaut war.

Die Struktur Deines Lebens zu verändern wird Monate und Jahre in Anspruch nehmen. Im Grunde ist das eigene Leben doch eine Lebensaufgabe, nicht? Es gibt Phasen, wo alles läuft, aber es kommen auch immer wieder Situationen, wo man alles überprüfen, und neu entscheiden muss, wie es weiter gehen soll. Was wären jetzt schon 1 oder 2 Jahre Durststrecke, in denen Du an neuen Grundmauern arbeitest, wenn Du danach in Deinem Haus zufriedener leben kannst, als jemals zuvor?

Günter
 

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