M
Milda
Gast
Hallo liebe Forengemeinde,
ich bin 34 Jahre alt und weiblich. Bis heute habe ich es nicht geschafft, mich so anzunehmen wie ich bin!
Für meine Eltern war ich von Anfang an ein Sorgenkind. Meine Entwicklung verlief langsamer als bei den Kindern von Freunden und Verwandten. Genug Vergleichsmöglichkeiten hatten sie ja. Das heißt, ich war motorisch sehr ungeschickt, stolperte über alles möglich, stürzte immer wieder mit dem Fahrrad. Das Schlimmste aber war, dass ich in allem so langsam war und heute noch bin! Ich träumte viel vor mich hin und bekam oft sehr wenig von der Umgebung mit.
In der Grundschule war ich noch nicht so extreme Außenseiterin, denn in der Klasse waren auch viele Kinder aus sozial benachteiligten Familien und die waren manchmal auch nicht so helle. Trotzdem hatte ich nur eine Freundin und sie blieb auch die einzige in meiner ganzen Schulzeit. Ich merkte schon früh, dass sie viel cleverer und reifer war als ich. Ich bewunderte sie, und das nutzte sie aus. Es gab Zeiten, wo sich mich links liegen ließ, weil ein anderes Mädchen gerade interessanter war als ich.
In der Grundschule kam ich mit dem Unterrichtsstoff noch halbwegs mit, versemmelte aber den Eignungstest für eine weiterführende Schule. Ich wusste fast nichts mehr! Mein Klassenlehrer riet meinen Eltern zur Hauptschule, aber sie schickten mich aufs Gymnasium. Nach 2 Jahren hätte ich fast auf die Hauptschule gemusst, weil meine Noten so schlecht waren. Im darauffolgenden Schuljahr blieb ich fast sitzen, schaffte aber die Nachprüfung mit einer Vier.
Ich machte eine Ausbildung zur Floristin, weil mir nichts besseres einfiel und ich keine Begabungen habe. Ich stellte mich ziemlich ungeschickt an und war froh, dass man mich nicht rausschmiss. Doch nach der Ausbildung stand für mich fest, dass ich in dem Beruf nicht mehr arbeiten wollte. Ich machte eine Umschulung zur Bürokauffrau. Die Microsoft Office-Programme zu lernen fiel mir schwer. Ich war froh, dass ich eine nette Sitznachbarin hatte, die mich viel unterstützte. Da Mathe immer schon meine größte Schwäche war, fiel mir das auch schwer. Doch Hauptsache, ich bestand die Prüfung mit einer Drei.
Nach über einem Jahr fand ich auch eine Stelle als Bürokauffrau, aber das war ein Fiasko. Die Kollegen machten sich zuerst über meine Langsamkeit lustig und später ärgerten sie sich auch über meine Vergesslichkeit. Ständig hieß es: Das haben wir dir doch schon mal gezeigt! Irgendwie bestand ich die Probezeit, wurde aber 2 Monate später trotzdem rausgeschmissen. Ein Kollege war noch so nett und hat mit mir nach der Kündigung überlegt, was ich beruflich machen könnte. Heraus kam: Das kann ich mir für dich nicht vorstellen und dies und jenes auch nicht. :-(
Das ist jetzt 8 Jahre her. Seitdem war ich entweder arbeitslos, musste an Maßnahmen vom Jobcenter teilnehmen oder habe in Hilfsjobs gearbeitet.
Vor ein paar Jahren sagte mir eine Bekannte, sie glaubt, es wäre das beste, wenn mir ein Arzt eine Behinderung attestiert. Irgendwas müsste da ja sein, wenn ich nirgendwo zurecht komme. Auch hätte ich längst nicht die Reife einer 30-jährigen.
Ich dachte mir, vielleicht liegt was neurologisches vor, da ich ja nicht geistig behindert bin.
Ich war bei 3 Neurologen. Der erste nahm mich nicht ernst und meinte, es gebe nun mal Menschen, die verpeilt und langsam sind. Man müsse sich nur damit abfinden.
Ich ging zu einem zweiten. Der war entsetzt, dass bei mir noch nie ein EEG gemacht worden war. Nach dieser Untersuchung sagte er mir, dass es nicht ok wäre, aber nicht für eine bestimmte Erkrankung spreche. Ich hatte viele Thetawellen drin, die aber auch von meinen Antidepressiva kommen könnten. Er fragte noch, ob es Probleme bei meiner Geburt gegeben hat. Ich wusste nur, dass meine Mutter einen Notkaiserschnitt hatte. Daraus folgerte er dann "frühe Hirnschädigung".
Ich resignierte erst mal, ging dann im vorletzten Jahr zu einem dritten Neurologen. Er war viel gründlicher, stellte mir Fragen zu meiner Kindheit. Dann wurde ein EEG gemacht. Das ergab, dass bei mir eine erhöhte Anfallsbereitschaft vorliegt. Wegen meinen Schilderungen von Langsamkeit und Verträumtheit schloss er auf eine Form von Epilepsie. Er sagte mir, ich müsste nun Antiepileptika nehmen und dürfte längere Zeit nicht mehr Auto fahren. Wenn ich die Medikamente regelmäßig nehme, wäre die Prognose gut.
Ich war erst mal geschockt, als ich das Wort Epilepsie hörte! Seitdem bin ich noch unglücklicher als vorher. Ich nehme das Medikament, bin aber dadurch auch nicht leistungfähiger. Der Neurologe sagte mir, ich müsste Geduld haben und dann würde ich irgendwann anfallsfrei sein. Bis jetzt ist das EEG aber immer noch auffällig.
Sorry für mein Jammern. Vielen in diesem Forum geht es bestimmt schlechter als mir. Doch seit dieser Diagnose fühle ich mich behindert. Ich empfinde es so, dass meine Bekannte recht hatte, als sie von einer Behinderung bei mir sprach.
Wie soll es nur weitergehen?
Ich bin Mitte 30, habe beruflich nichts erreicht und lebe am Existenzminimum. Ich würde so gern aus meiner Wohnung raus, weil mein Umfeld hier asozial ist. Mein Nachbar spuckt und tritt mir gegen die Tür sobald er ein Geräusch aus meiner Wohnung hört. Doch wie soll ich etwas Neues finden mit einem Gehalt, das zum Leben zu wenig ist und zum Sterben zu viel?
Auch hatte ich nur einmal eine richtige Beziehung. Er verließ mich nach 4 Jahren, weil er seine Freiheit zurückwollte. Meine Defizite haben ihn nie gestört, weil sich bei ihm eh immer nur alles um sich selbst drehte und wir auch nicht zusammen wohnten.
Könnt ihr mich verstehen?
Könnt ihr mir einen Rat geben, wie ich mit all dem umgehen soll?
Viele Grüße,
Milda
ich bin 34 Jahre alt und weiblich. Bis heute habe ich es nicht geschafft, mich so anzunehmen wie ich bin!
Für meine Eltern war ich von Anfang an ein Sorgenkind. Meine Entwicklung verlief langsamer als bei den Kindern von Freunden und Verwandten. Genug Vergleichsmöglichkeiten hatten sie ja. Das heißt, ich war motorisch sehr ungeschickt, stolperte über alles möglich, stürzte immer wieder mit dem Fahrrad. Das Schlimmste aber war, dass ich in allem so langsam war und heute noch bin! Ich träumte viel vor mich hin und bekam oft sehr wenig von der Umgebung mit.
In der Grundschule war ich noch nicht so extreme Außenseiterin, denn in der Klasse waren auch viele Kinder aus sozial benachteiligten Familien und die waren manchmal auch nicht so helle. Trotzdem hatte ich nur eine Freundin und sie blieb auch die einzige in meiner ganzen Schulzeit. Ich merkte schon früh, dass sie viel cleverer und reifer war als ich. Ich bewunderte sie, und das nutzte sie aus. Es gab Zeiten, wo sich mich links liegen ließ, weil ein anderes Mädchen gerade interessanter war als ich.
In der Grundschule kam ich mit dem Unterrichtsstoff noch halbwegs mit, versemmelte aber den Eignungstest für eine weiterführende Schule. Ich wusste fast nichts mehr! Mein Klassenlehrer riet meinen Eltern zur Hauptschule, aber sie schickten mich aufs Gymnasium. Nach 2 Jahren hätte ich fast auf die Hauptschule gemusst, weil meine Noten so schlecht waren. Im darauffolgenden Schuljahr blieb ich fast sitzen, schaffte aber die Nachprüfung mit einer Vier.
Ich machte eine Ausbildung zur Floristin, weil mir nichts besseres einfiel und ich keine Begabungen habe. Ich stellte mich ziemlich ungeschickt an und war froh, dass man mich nicht rausschmiss. Doch nach der Ausbildung stand für mich fest, dass ich in dem Beruf nicht mehr arbeiten wollte. Ich machte eine Umschulung zur Bürokauffrau. Die Microsoft Office-Programme zu lernen fiel mir schwer. Ich war froh, dass ich eine nette Sitznachbarin hatte, die mich viel unterstützte. Da Mathe immer schon meine größte Schwäche war, fiel mir das auch schwer. Doch Hauptsache, ich bestand die Prüfung mit einer Drei.
Nach über einem Jahr fand ich auch eine Stelle als Bürokauffrau, aber das war ein Fiasko. Die Kollegen machten sich zuerst über meine Langsamkeit lustig und später ärgerten sie sich auch über meine Vergesslichkeit. Ständig hieß es: Das haben wir dir doch schon mal gezeigt! Irgendwie bestand ich die Probezeit, wurde aber 2 Monate später trotzdem rausgeschmissen. Ein Kollege war noch so nett und hat mit mir nach der Kündigung überlegt, was ich beruflich machen könnte. Heraus kam: Das kann ich mir für dich nicht vorstellen und dies und jenes auch nicht. :-(
Das ist jetzt 8 Jahre her. Seitdem war ich entweder arbeitslos, musste an Maßnahmen vom Jobcenter teilnehmen oder habe in Hilfsjobs gearbeitet.
Vor ein paar Jahren sagte mir eine Bekannte, sie glaubt, es wäre das beste, wenn mir ein Arzt eine Behinderung attestiert. Irgendwas müsste da ja sein, wenn ich nirgendwo zurecht komme. Auch hätte ich längst nicht die Reife einer 30-jährigen.
Ich dachte mir, vielleicht liegt was neurologisches vor, da ich ja nicht geistig behindert bin.
Ich war bei 3 Neurologen. Der erste nahm mich nicht ernst und meinte, es gebe nun mal Menschen, die verpeilt und langsam sind. Man müsse sich nur damit abfinden.
Ich ging zu einem zweiten. Der war entsetzt, dass bei mir noch nie ein EEG gemacht worden war. Nach dieser Untersuchung sagte er mir, dass es nicht ok wäre, aber nicht für eine bestimmte Erkrankung spreche. Ich hatte viele Thetawellen drin, die aber auch von meinen Antidepressiva kommen könnten. Er fragte noch, ob es Probleme bei meiner Geburt gegeben hat. Ich wusste nur, dass meine Mutter einen Notkaiserschnitt hatte. Daraus folgerte er dann "frühe Hirnschädigung".
Ich resignierte erst mal, ging dann im vorletzten Jahr zu einem dritten Neurologen. Er war viel gründlicher, stellte mir Fragen zu meiner Kindheit. Dann wurde ein EEG gemacht. Das ergab, dass bei mir eine erhöhte Anfallsbereitschaft vorliegt. Wegen meinen Schilderungen von Langsamkeit und Verträumtheit schloss er auf eine Form von Epilepsie. Er sagte mir, ich müsste nun Antiepileptika nehmen und dürfte längere Zeit nicht mehr Auto fahren. Wenn ich die Medikamente regelmäßig nehme, wäre die Prognose gut.
Ich war erst mal geschockt, als ich das Wort Epilepsie hörte! Seitdem bin ich noch unglücklicher als vorher. Ich nehme das Medikament, bin aber dadurch auch nicht leistungfähiger. Der Neurologe sagte mir, ich müsste Geduld haben und dann würde ich irgendwann anfallsfrei sein. Bis jetzt ist das EEG aber immer noch auffällig.
Sorry für mein Jammern. Vielen in diesem Forum geht es bestimmt schlechter als mir. Doch seit dieser Diagnose fühle ich mich behindert. Ich empfinde es so, dass meine Bekannte recht hatte, als sie von einer Behinderung bei mir sprach.
Wie soll es nur weitergehen?
Ich bin Mitte 30, habe beruflich nichts erreicht und lebe am Existenzminimum. Ich würde so gern aus meiner Wohnung raus, weil mein Umfeld hier asozial ist. Mein Nachbar spuckt und tritt mir gegen die Tür sobald er ein Geräusch aus meiner Wohnung hört. Doch wie soll ich etwas Neues finden mit einem Gehalt, das zum Leben zu wenig ist und zum Sterben zu viel?
Auch hatte ich nur einmal eine richtige Beziehung. Er verließ mich nach 4 Jahren, weil er seine Freiheit zurückwollte. Meine Defizite haben ihn nie gestört, weil sich bei ihm eh immer nur alles um sich selbst drehte und wir auch nicht zusammen wohnten.
Könnt ihr mich verstehen?
Könnt ihr mir einen Rat geben, wie ich mit all dem umgehen soll?
Viele Grüße,
Milda